Volleyball:Junior-Chef

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„Er ist klare Nummer eins auf der Annahme“: Niklas Kronthaler ist für die Alpenvolleys „zurzeit unverzichtbar“. (Foto: Amir Beganovic/imago)

Trotz Doppelbelastung durch Sport und Studium hat Niklas Kronthaler sich bei den Alpenvolleys etabliert. Auch beim 3:1 in Bühl gibt er dem Team Stabilität. Die Konkurrenz findet er "sehr positiv".

Von Katrin Freiburghaus, Bühl/München

Die österreichische Floskel "Dös geht si aos!" entspricht in etwa dem bairischen "Passt scho!". Neben der beruhigenden Hauptnote schwingt darin immer mit, dass die Ausgangssituation eigentlich weder wirklich passt noch sich irgendwie positiv ausgehen könnte. Für Niklas Kronthaler zum Beispiel: Der Außen-Annahmespieler der Hypo Tirol Alpenvolleys Haching ist 25 Jahre alt. Das ist grundsätzlich ein gutes Alter, um die Nächte durchzumachen - allerdings nicht für Profisportler. Es sei denn, sie studieren. Dann sieht ein freier Tag schon mal so aus wie dieser Donnerstag, an dem Kronthaler seine 1,92 Meter nach nächtlicher Heimreise aus Bühl um sechs Uhr morgens aus dem Bus faltete, um pünktlich um acht zum Wirtschaftsstudium an der Uni zu erscheinen. Er lege sich die Veranstaltungen auf freie Tage und individuelle Trainingseinheiten. Meist geht sich das aus.

Andererseits fördern Erfolgserlebnisse ja die Belastbarkeit, und von denen hatte der Filius von Alpenvolleys-Generalmanager Hannes Kronthaler am Donnerstag mindestens zwei im Gepäck: drei Punkte vom 3:1 (25:21, 22:25, 25:20, 25:18) in Bühl und - persönlich - die Gewissheit, dass es für ihn so gut läuft wie noch nie, seit er mit Innsbruck vor zweieinhalb Jahren in die deutsche Volleyball-Bundesliga auswanderte und aus Tirolern die Alpenvolleys Haching wurden. Anders als in den ersten beiden Spielzeiten, in denen Kronthaler von Blessuren und ernsten Verletzungen geplagt mit wenigen Ausnahmen nicht über die Rolle des Einwechselspielers hinausgekommen war, ist er in dieser Spielzeit gesetzt. "Er ist klare Nummer eins auf der Annahme", sagt Kronthaler senior. Im Angriff ist mitunter noch Luft nach oben, aber in puncto Annahmestabilität und Organisation sei er "zurzeit unverzichtbar".

Und das, obwohl die Konkurrenz auf der Außenposition groß ist. Mit den beiden australischen Nationalspielern Max Staples und Jordan Richards, Jérôme Clère und Kronthaler sind die Alpenvolleys auf der Außenposition wesentlich ausgeglichener besetzt als in ihren ersten beiden Bundesliga-Jahren. In der vergangenen Spielzeit sei die dünne Personaldecke im Angriff der entscheidende Grund gewesen, "warum uns gegen Berlin im Halbfinale die letzten Reserven gefehlt haben", sagt Niklas Kronthaler. Aktuell gebe es "nicht mehr zwei, die automatisch spielen", sondern "echten Konkurrenzkampf", den er "sehr positiv fürs Training" beurteilt.

Im Spiel legt Kronthaler derzeit die Messlatte auf. In Bühl trug er entscheidend dazu bei, dass die Alpenvolleys nach dem missglückten zweiten Satz nicht den Faden verloren. "Wir wussten, dass wir gute Chancen auf drei Punkte haben, wenn wir unsere Leistung wieder konstant bringen", sagt er - und lieferte selbige mit der Quote von 68 Prozent geglückten Annahmen gleich mit.

Dass er überhaupt noch für das transalpine Projekt aus Innsbruck und Unterhaching spielt, war indes keine Selbstverständlichkeit. Er habe sich im Sommer mit der Option eines Vereinswechsels befasst, sagt Kronthaler. Sich in einem mit Hochkarätern aus aller Welt bestückten Kader in die Stammformation zu spielen, ist nach Rückschlägen wie seinem Bandscheibenvorfall im vergangenen Oktober keine leichte Aufgabe - und für eine Profi-Karriere folglich ein Risiko. "Sehr konstruktive Gespräche" und sein Studienplatz in Innsbruck hätten schließlich den Ausschlag zum Bleiben gegeben.

Bislang ist das positiv für alle Beteiligten. Vater Hannes Kronthaler sagt nicht ohne Genugtuung: "Er hat sich hier jahrelang durchgebissen, und dafür wird er jetzt belohnt." Sein Sohn ist seit Januar verletzungsfrei. Im Sommer spielte er gemeinsam mit Libero Florian Ringseis bei der österreichischen Nationalmannschaft und holte auf, was ihm im Jahr zuvor an Spielpraxis entgangen war. Für die Alpenvolleys ist das auch hinsichtlich ihrer Verankerung in der Region ein Gewinn. Ursprünglich war das Projekt ja mit der Idee angetreten, junge Nationalspieler aus Österreich und Deutschland auf hohem sportlichen Niveau voranbringen zu wollen. Bisher scheiterte das mit Ausnahme von Ringseis und Kronthaler aber an den Vorstellungen der umworbenen Spieler oder daran, dass sie sich wie Jonas Sagstetter nicht durchsetzten.

Kronthaler muss seine Doppelbelastung auch am kommenden Montag organisieren. Auf diesen eher unüblichen Termin wurde das Heimspiel in Unterhaching gegen den VfB Friedrichshafen wegen der Live-Übertragung verschoben. Immerhin könnte Kronthaler den Grund für etwaiges Fehlen an der Uni lückenlos nachweisen: Die Partie läuft im Free-TV. Dann ginge sich das womöglich sogar passend aus.

© SZ vom 15.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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