Süddeutsche Zeitung

Volleyball:Durchgebissen gegen Grozer

Die Alpenvolleys mühen sich zu einem 3:1-Sieg gegen Rottenburg - und schmieden Pläne.

Von Sebastian Winter

Auswärts gegen Rottenburg zu spielen, das kommt für viele Volleyball-Bundesligisten ziemlich nahe an eine Strafmaßnahme heran. Zumal in dieser Saison. Ob es die rosafarbene Inneneinrichtung der Paul-Horn-Arena in Tübingen ist, wo der TV seine Heimspiele austrägt, die stimmungsvollen Fans - oder einfach nur der Umstand, dass der aktuelle Kader besser ist als in der Vergangenheit: Die Heimbilanz der Rottenburger ist jedenfalls außerordentlich gut. Gepunktet haben sie bis Mittwoch nur gegen Düren nicht, dafür drei Ligaspiele gewonnen (unter anderem gegen Spitzenklub Frankfurt) und zwei nur knapp mit 2:3 verloren. Den Hypo Tirol Alpenvolleys Haching war vor der Partie in der Studentenstadt also klar, dass sie höllisch aufpassen müssen. Zumal sie von Rottenburg im Herbst ja zu Hause aus dem DVV-Pokal befördert worden waren, was noch immer Phantomschmerzen beim bayerisch-tiroler Projekt verursacht.

Diese Schmerzen sind nun ein wenig verblasst, denn die Alpenvolleys haben ihr erstes Spiel des neuen Kalenderjahres gegen Rottenburg mit 3:1 (25:20, 20:25, 25:21, 27:25) gewonnen. Allerdings waren die vorherigen Warnungen ihres Trainers Stefan Chrtiansky völlig berechtigt gewesen, denn es war vor 1300 Zuschauern ein mit größter Mühe erarbeiteter Erfolg. "Rottenburg hat uns sehr geärgert, die Annahme hat gewackelt, wir waren nicht so stabil", sagte Chrtiansky.

Nachdem die Alpenvolleys im ersten Satz durchaus konzentriertgespielt hatten, offenbarten sich diese Probleme vor allem im zweiten Satz, den sie klar verloren. Danach stellte sie vor allem Tim Grozer, der Bruder des gerade wegen der verpassten Olympia-Qualifikation untröstlichen Georg Grozer, mit seinen Aufschlägen vor Probleme. Chrtianskys Team konterte mit starken Blocks von Saso Stalekar und einer Aufschlagsserie des späteren MVPs Paulo da Silva. Der vierte Satz ging dann in die Verlängerung, und hätte der langarmige Stalekar nicht Rottenburgs Angriff zum 27:25 geblockt, hätte das Spiel womöglich eine weitere Wendung genommen. "Hauptsache drei Punkte. Es war ein Pflichtsieg, wir haben uns durchgebissen", sagte Alpenvolleys-Manager Hannes Kronthaler.

Die Alpenvolleys haben nun eine sehr gute Ausgangslage für die Playoffs, in denen sie ja bis ins Meisterschaftsfinale dringen wollen. Durch den Erfolg in Rottenburg sind sie auf Platz zwei vorgerückt, sieben Punkte hinter dem enteilten Meister Berlin, aber einen Zähler vor Friedrichshafen - und fünf Punkte vor Verfolger Lüneburg. "Den dritten Platz dürfen wir nicht mehr hergeben", sagte Kronthaler, aus einem bestimmten Grund: Sollten die Alpenvolleys vor den Playoffs auf Rang zwei oder drei stehen, würden sie im Halbfinale wahrscheinlich auf Friedrichshafen treffen; und erst in einem möglichen Playoff-Finale auf den stärksten Gegner Berlin.

All das sind natürlich noch sehr vage Rechenspiele, das wissen sie auch in Innsbruck, wo sie ohnehin noch mit einigen Problemen kämpfen. Bei ihrem Rekordspiel kurz vor Weihnachten gegen Lüneburg mit dem 50:48 im dritten Satz litt die halbe Mannschaft ja an Fieber und Übelkeit, es brauchte einige Zeit, bis sie sich davon erholte. Außerdem fehlten Chrtiansky in der ohnehin kurzen Vorbereitung die beiden Australier Max Staples und Jordan Richards sowie der Slowene Stalekar, die alle bei der Olympiaqualifikation weilten - und Tokio 2020 verpassten.

Staples und Richards stießen erst Anfang dieser Woche zum Team, über Staples' Leistung bei seinem Kurzeinsatz gegen Rottenburg urteilte Kronthaler später wenig charmant: "Den Australier konntest du wieder vergessen vorne im Angriff, der war müd'." Längst haben die Alpenvolleys ihre Fühler nach einem neuen Außenangreifer ausgestreckt, den sie bis Ende Januar verpflichten müssen - dann schließt das Transferfenster. Staples würden sie im Falle einer Neuverpflichtung an einen anderen Klub weitergeben. "Heuer ist aber wenig los auf dem Markt", sagt Kronthaler.

Der Innsbrucker Bauunternehmer war auch nicht sehr begeistert vom nächsten Gegner im CEV-Cup, Lviv. Jedenfalls von der komplizierten Reise Ende Januar dorthin. 13 000 Euro koste alleine der Flug in die Ukraine, für die Australier müsse er Visa besorgen. Sollten die Alpenvolleys Lviv bezwingen und ins Viertelfinale gelangen, erhalten sie 15 000 Euro - erstmals wird Preisgeld ausgeschüttet. Damit hätten sie die Reisekosten wieder drin. An einen Halbfinal-Einzug glaubt Kronthaler ohnehin nicht. Denn im Viertelfinale wartet wohl St. Petersburg auf die Alpenvolleys. Und dessen Hauptangreifer, der Bruder von Tim Grozer.

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Quelle:
SZ vom 17.01.2020
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