Süddeutsche Zeitung

Volleyball:Das verflixte dritte Jahr

Vier Wochen vor Saisonstart schleppt sich der ausgedünnte Kader der Alpenvolleys durch die Vorbereitung. Manager Kronthaler glaubt dennoch ans Finale. Die Zukunft des Projekts sei völlig offen.

Von Sebastian Winter, Unterhaching/Innsbruck

Trainer verabscheuen kaum etwas mehr als Personal in der Saisonvorbereitung, mit dem sie nicht planen können. Stefan Chrtiansky, der Coach des Bundesligisten Hypo Tirol Alpenvolleys Haching, konnte einem in dieser Hinsicht schon fast leid tun. Seit dem Trainingsstart Ende August fehlt dem Slowaken die halbe Mannschaft.

Machen konnte er nicht viel dagegen, da insgesamt sechs Spieler aus dem aktuellen Kader der Alpenvolleys triftige Gründe für ihre Absenzen hatten - und teilweise noch haben: Die Österreicher Florian Ringseis und Niklas Kronthaler waren bei der Europameisterschaft im Einsatz, kehrten aber am Freitag nach dem Ausscheiden zurück nach Innsbruck. Die beiden Blocker Saso Stalekar (Slowenien) und Tommi Siirilä (Finnland) sind noch bei der EM, die bis Ende September läuft. Die Außenangreifer Jordan Richards und Max Staples schaffen es wegen ihrer Verpflichtungen fürs Heimatland wohl nicht einmal zum Saisonstart der Alpenvolleys gegen Rottenburg Mitte Oktober nach Innsbruck - mit ihrer Ankunft rechnet der Playoff-Halbfinalist der vergangenen Saison erst zum zweiten Spiel in Herrsching.

Ideal ist das natürlich nicht. Zumal Mitte Oktober ja das dritte Jahr des auf drei Jahre angelegten deutsch-österreichischen Volleyball-Experiments aus Innsbruck und Unterhaching anbricht. Der Plan war von Anfang an, das Projekt ins Playoff-Finale münden zu lassen - und dort am besten den Meistertitel zu gewinnen. Wie es danach für die im Sommer 2017 per Wildcard in die Liga aufgestiegene bayerisch-tiroler Kooperation weitergeht, ist weiterhin "völlig offen", wie General Manager Hannes Kronthaler sagt. Die Liga würde es dem Vernehmen nach sehr gerne sehen, wenn die Alpenvolleys blieben. Eh klar, wer will schon den neuen großen Herausforderer von Meister Berlin und Pokalsieger Friedrichshafen in der endlich etwas spannenderen Liga wieder ziehen lassen?

Kronthaler betont zugleich, dass nach wie vor kaum Sponsoren aus Bayern Interesse hätten, was nicht gerade förderlich ist für eine weitere Zusammenarbeit. "Ich freue mich auf die Saison", sagt der Bauunternehmer trotzdem und gibt ein zweites Ziel aus: "Ins Pokalfinale möchte ich auch, bisher haben wir dort ja immer in der ersten Runde einen Vertschüsser gemacht."

Das Playoff-Finale sichert die Champions-League-Qualifikation, das Pokalfinale in der Mannheimer Arena lockt jährlich mehr als 10 000 Zuschauer an und wird live im Fernsehen übertragen - das sind die Kategorien, in denen Kronthaler gerne denkt. Aktuell tauchen diese Ziele allerdings noch nicht einmal verschwommen am Horizont auf. Zu dünn ist derzeit noch die Personaldecke, um überhaupt schon einmal eine Idee zu haben, wie gut der Kader tatsächlich ist. Immerhin sagt Kronthaler, er habe "ein gutes Gefühl. Wir sind in der Breite sicher stärker als vergangene Saison und in der Spitze gleich".

Vor allem Außenangreifer Jérôme Clère zeigt in den bisherigen Trainings und Testspielen starke Frühform, der Diagonalspieler Paulo Victor Costa da Silva ist nach einer Verletzung wieder im Training. Das Karla-Laznicky-Gedächtnisturnier in Brünn schlossen die Alpenvolleys am vergangenen Wochenende mit ihrem Minikader als Zweitplatzierter ab, ein Testspiel gegen den österreichischen Meister AK Zadruga Aich/Dob endete nach vier Sätzen ausgeglichen mit 2:2 (21:25, 30:28, 25:19, 21:25). Clère und Douglas da Silva waren bei diesem Test die besten Punktesammler der Alpenvolleys. Der bald 36-jährige Blocker da Silva steht übrigens nicht mehr als Kapitän auf dem Feld, diese Rolle haben nun Zuspieler Daniel Koncal und - wenn Koncal nicht spielt - Co-Kapitän Danilo Gelinski inne.

Am Samstag reist die Mannschaft zum Profiklub Amriswil in die Schweiz, um die neue Halle der Gastgeber mit einem weiteren Testspiel zu eröffnen. "Dann gehts los mit dem Feinschliff", sagt Kronthaler im Hinblick auf den sich dann langsam füllenden Kader. Höhepunkt dieser Reihe an Vorbereitungsspielen ist dann das Turnier in Nancy am letzten September-Wochenende, wo die Alpenvolleys auf ihren Ligakonkurrenten Bisons Bühl, den gastgebenden französischen Erstligisten Grand Nancy und den neunmaligen französischen Meister Paris Volley treffen. Gut möglich, dass die Mannschaft dann auch die Blocker Stalekar und Siirilä erstmals begrüßen kann.

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Quelle:
SZ vom 21.09.2019
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