Volleyball:Aufsteiger aus gutem Hause

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"Der Urlaub ist gestrichen bis April": Dominic von Känel, hier noch als Spieler im Trikot des ASV Dachau, freut sich auf Frankfurt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Dachauer Dominic von Känel ist neuer Nachwuchs-Bundestrainer der Volleyballer - mit nur 25 Jahren.

Von Sebastian Winter, Dachau

Dominic von Känel war am Wochenende in Kiel, bei strammem Wind schaute er sich die deutsche U-19-Meisterschaft der Beachvolleyballer am Strand des Stadtteils Schilksee auf der Halbinsel Dänischer Wohld an. Aus beruflichen Gründen. Denn von Känel, 25, ist seit dem 1. August Hallen-Bundestrainer der U17- und U19-Volleyballer. Damit ist er auch Sportlicher Leiter des Internats in Frankfurt, wo der männliche Nachwuchs in Süddeutschland ausgebildet wird. Und weil die U17-Talente noch nicht auf Sand oder Halle spezialisiert werden, sondern eine möglichst breite Ausbildung genießen sollen, schaut von Känel eben auch bei der Beach-DM vorbei.

Von Känel, der frühere bayerische Landestrainer, Jugendtrainer und Drittligatrainer des ASV Dachau, sieht seinen neuen Job als "Mega-Chance", wie er sagt: "Mit 25 Bundestrainer zu werden, das kann nicht jeder von sich behaupten." Am vergangenen Dienstag hat er sich in Frankfurt zum ersten Mal mit den Internatstalenten und deren Eltern getroffen, von Montag an steht er mit den Junioren regelmäßig in der Halle. "Der Urlaub ist gestrichen bis April", sagt von Känel, "und Silvester und Neujahr verbringe ich von jetzt an bei EM-Qualifikationsturnieren." Seine Heimat fehlt ihm schon, es sei ihm schwergefallen, wegzuziehen, gibt er zu. Vor zwei Wochen ist er "mit Sack und Pack" nach Frankfurt gezogen, südlich des Mains nach Niederrad, nicht weit von der Spielhalle.

Von Känel hat einen eindrucksvollen Aufstieg hinter sich. Mit 17 kam er als FSJler zum ASV Dachau, mit 19 war er schon Trainer der Drittliga-Mannschaft - bei den Männern. Und zog mit ihr gleich in der ersten Saison ins Achtelfinale des DVV-Pokals ein. Mit 23 wurde er bayerischer Landestrainer. Nebenbei war er Jugendleiter und überhaupt Mädchen für alles im Klub. Unter Sepp Wolf betreute er die fast schon legendären Jahrgänge der Dachauer, die 2013, 2015 und 2017 deutscher Meister der U14, U16 und U18 wurde. Die Brüder Simon und Lukas Pfretzscher spielen inzwischen höchst erfolgreich im Berliner Internat in der Halle und auf Sand, Lukas wurde im vergangenen Jahr im Sand bei der U19-WM Zweiter, Simon holte in der Halle mit der U18 den Europameister-Titel. Die Pfretzschners gelten für von Känel ohnehin als perfekte Beispiele für gelungene Jugendarbeit. Und die Brüder Jonas und Benedikt Sagstetter spielen inzwischen für Eltmann und Herrsching in der ersten Liga. "Das war eine verschworene Gemeinschaft, auch mit den Eltern", sagt von Känel, "und Sepp Wolf hat mir 80 Prozent dessen beigebracht, was ich über Volleyball weiß. Ich werde mein Leben lang davon profitieren." Kürzlich gab von Känel sein Abschiedsfest, die Eltern schenkten ihm ein Fotoalbum voller Erinnerungen.

Doch jetzt schlägt er ein neues Kapitel auf, das ihn ungemein begeistert. "Mein Hauptthema ist vor allem die Kommunikation", die in der Vergangenheit oft nicht optimal war an den Schnittstellen zwischen dem Verband, Spielern, Eltern, Trainern und Schulen. "Und ich möchte die Spieler gesund ausbilden." Auch das war lange Thema, dass viele Junioren schon mit 17 oder 18 ausgebrannt waren und dann mit dem Leistungsvolleyball ganz aufhörten.

DVV-Sportdirektor Christian Dünnes hat von Känel in den letzten Monaten als Mentor begleitet und ihm hochkarätige Hospitationen vermittelt. Bei Männer-Bundestrainer Andrea Giani, bei Vital Heynen in Friedrichshafen und Stefan Hübner in Lüneburg, bei Jürgen Wagner, dem Trainer der Beachvolleyball-Olympiasieger Brink/Reckermann und Ludwig/Walkenhorst. Und bei Nikola Grbic in Verona, dem einst legendären serbischen Zuspieler. "Ich komme da als kleiner Dachauer hin und sehe, die haben acht hauptamtliche Trainer, Zeugwart und zwölf italienische Superstars." Die Profis begrüßten von Känel im Kraftraum alle per Handschlag, er durfte "der Monster-Autorität Gribic" dann noch zwei Stunden bei der Videoanalyse zuschauen. "Ich kam mir vor wie im falschen Film", sagt von Känel.

Er hat nun einen Vierjahres-Vertrag, viel Arbeit wartet auf ihn. Ob Dachau ihm und er den Dachauern fehlen wird? "Ich denke ja."

© SZ vom 12.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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