VfR Garching:Zeit für Leitplanken

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Mit Benjamin Flicker als neuem Trainer bereitet sich der Regionalligist auf den Abstiegskampf vor. Zum Trainingsstart kehrt auch ein alter Bekannter zurück.

Von Stefan Galler, Garching

Als die Entscheidung fiel, war Benjamin Flicker am Ende der Welt. Der Trainer weilte in die Flitterwochen auf den Seychellen. Er genoss die Zeit mit seiner Frau Julia, die seine Fußballbegeisterung teilt und sich nicht ziert, ihn auch auf Auswärtsfahrten zu begleiten, deren Ziel keine Trauminsel im Indischen Ozean ist. So dürften die beiden wohl in paradiesischem Ambiente letzte Details des Engagements beim VfR Garching besprochen haben.

Flicker will länger bleiben: "Sollten wir absteigen, würde ich das gerne selbst korrigieren."

Mittlerweile ist der 33 Jahre alte Coach zurück und damit beschäftigt, sein neues Team auf die verbleibenden 14 Partien dieser Regionalligasaison vorzubereiten. Die Aufgabe könnte leichter sein, nur 15 Punkte hat der VfR in den ersten 20 Partien gesammelt, der Rückstand des Tabellenletzten aufs rettende Ufer beträgt acht Punkte. Der Relegationsplatz 16 ist fünf Zähler entfernt; allerdings hat man im Vergleich zur Konkurrenz noch zwei Spiele nachzuholen. "Ich weiß, die Aufgabe ist ambitioniert und schwer, aber ich werde versuchen, der Mannschaft den nötigen Glauben zu vermitteln, dass wir das packen können", sagt Flicker, der in der Hinrunde noch den niederbayerischen Landesligisten TSV Aiglsbach trainierte und auf Vermittlung eines Spielerberaters in Garching landete. "Er wurde mir angeboten", sagt Sportdirektor Ludwig Trifellner, der daraufhin "Informationen aus meinen Netzwerken im Raum Ingolstadt" einholte. Diese seien positiv gewesen. "Unser erstes Telefonat hat gleich eine Stunde gedauert, dann haben wir uns zweimal getroffen und alles, was Benni gesagt hat, hatte Hand und Fuß."

An alter und neuer Wirkungsstätte: Trainer Benjamin Flicker beim Trainingsauftakt des VfR Garching. (Foto: Claus Schunk)

Bald war klar, dass Trifellner dem jungen Coach zutraut, dem Team den nötigen Schwung zu geben, um den Abstieg zu vermeiden. Auch für den negativen Fall hat man sich verständigt: Flicker würde bleiben, sollte es in die Bayernliga runtergehen. "Ich kann mir gut vorstellen, länger hier zu arbeiten. Sollten wir absteigen, würde ich das gerne selbst korrigieren."

Ausgeschlossen ist der Klassenverbleib nach Meinung der Verantwortlichen keineswegs. Sportdirektor Trifellner, 61, hatte nach dem Rücktritt von Ex-Profi Philipp Bönig in den letzten drei Partien vor der Winterpause das Coaching selbst übernommen und festgestellt, dass "wir etwa mit dem 1:1 gegen Bayreuth, aber auch bei der knappen 1:3-Niederlage gegen Türkgücü zeigen konnten, dass wir mit allen Gegnern in der Liga mithalten können".

Stürmer Manuel Eisgruber. (Foto: Claus Schunk)

Und doch fehle es der Mannschaft an einer "einheitlichen Spielphilosophie", wie Flicker betont. "Ich bin ein Verfechter von offensivem Spiel, aber das funktioniert nur, wenn die ganze Mannschaft die gleichen Gedanken hat, man die Laufwege und Ideen der Kollegen kennt", sagt der Fußball-Lehrer, der zudem als stellvertretender Leiter einer Fußballschule im Nachwuchsleistungszentrum des FC Ingolstadt arbeitet. Bei den Schanzern hat Flicker auch seine ersten Gehversuche als Trainer gemacht. Während seiner aktiven Zeit beim TSV Wolnzach war er dort zunächst Leiter eines Feriencamps, von 2011 an Co-Trainer der U15; der Kontakt war über den heutigen Ingolstädter U-21-Trainer Alex Reifschneider zustande gekommen. In den folgenden Jahren arbeitete Flicker in verschiedenen Trainerfunktionen im Jugendbereich des FCI; als er 2016 seine aktive Karriere beendete, übernahm er für zwei Jahre als verantwortlicher Coach die U16.

Es folgte der Wechsel in den Herrenbereich, zum niederbayerischen Kultverein Aiglsbach, zu dessen Heimspielen stets zwischen 400 und 600 Fans kommen. "Ein fußballverrücktes Dorf", sagt Flicker, dem es gelang, das Team in seiner ersten Saison zurück in die Landesliga zu führen. "Das entscheidende Tor fiel in der 96. Minute im Relegationsspiel - da war die Hölle los." In der laufenden Saison coachte er den Neuling trotz bescheidenen Budgets und ohne namhafte Neuzugänge auf den zwölften Tabellenplatz zur Winterpause - perfekte Referenzen für einen Wechsel nach oben.

Beim VfR Garching leitete er am Sonntag den Trainingsstart. Auch der erste Zugang war dabei: Stürmer Manuel Eisgruber, 31, ist nach seinem Intermezzo beim Kreisligisten Maisach zurückgekehrt. Die Planstelle war frei geworden, weil die Verträge mit Kevin Feucht und Elias Kollmann im Winter aufgelöst wurden. Nun soll noch "mindestens ein Torwart" (Trifellner) kommen, weil Dominic Dachs wegen Rückenproblemen bis auf weiteres nicht zur Verfügung steht und Mario Stockenreiter den Klub mit unbekanntem Ziel verlassen hat.

"Jeder ist jetzt gefordert, 100 Prozent abzurufen", mahnt der Sportchef. "Wer nicht bereit ist, mitzuziehen, der hat keine Chance mehr. Störfaktoren können wir nicht gebrauchen." Coach Flicker drückt sich etwas weniger hart aus, betont aber, sehr "konsequent" zu sein: "Wir wollen den VfR in der Liga halten, keiner ist wichtiger als der Verein. Wir geben die Leitplanken vor, in denen sich die Spieler zu bewegen haben."

© SZ vom 20.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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