Süddeutsche Zeitung

Unterhaching gewinnt gegen Erfurt:Mobile Wand

Marc Nygaard erzielt im Spiel gegen Erfurt das erste Saisontor und gibt der SpVgg Unterhaching Selbstvertrauen zurück. Trainer Augenthaler hat dennoch etwas auszusetzen.

Andreas Liebmann

Man kann nur ahnen, womit Martin Pohl in jener zweiten Minute beschäftigt war. Ob ihm eine komplexe mathematische Gleichung durch den Kopf ging oder die Frage, ob er vor der Abfahrt den Herd ausgeschaltet hatte. Womöglich fiel dem Erfurter Kapitän angesichts jener harmlosen Flanke von Abdenour Amachaibou auch nur die lustige Hachinger Saisonbilanz von null Toren ein und er musste kichern. Jedenfalls trudelte der Ball direkt zu Pohl - und der säbelte gründlich daran vorbei. Marc Nygaard in seinem Rücken konnte gar nicht mehr anders als das 1:0 zu erzielen.

Für die Erfurter war dieser Auftakt "ein Schock", wie Trainer Stefan Emmerling sagte; einer zwar, von dem sie sich erholten, der jedoch eine Verunsicherung seiner Innenverteidiger hinterließ. Für die Unterhachinger war das erste Zusammenspiel zweier Zugänge das Signal zum späten Aufbruch in diese Drittligasaison. Stürmer Nygaard war ja mit der Ansage zum Tabellenachtzehnten gekommen, aufsteigen zu wollen, und am Samstag ließ er seinen Worten Taten folgen.

Wo immer sich der Ball befand, der Däne kam ihm entgegen, legte ihn mit dem Kopf ab, ließ ihn von der Brust tropfen, schob ihn mit der Außenseite weiter; eine äußerst mobile Wand von 1,96 Metern Höhe und beachtlicher Breite, an deren Rückseite die Gegenspieler zerschellten. Nach einer Viertelstunde setzte er einen Kopfball knapp daneben und vergab die Riesenchance zum 2:0, doch es war klar, dass dieser Nygaard gar nicht zwingend selbst treffen muss, um dem Hachinger Angriff eine neue Qualität zu verleihen. "So lange er auf dem Platz war, hatten wir Stabilität", erkannte Trainer Klaus Augenthaler. "Ich bin froh, dass er den Erwartungen gerecht geworden ist."

Die waren hoch. Der 33-Jährige hat sieben Einsätze in der Nationalmannschaft vorzuweisen, war vor zwei Jahren Torschützenkönig der ersten dänischen Liga. Doch nicht nur spielerisch überzeugte der Neue: Er feuerte an, grätschte am eigenen Sechzehner und riss die Kollegen mit. "Wir wussten, dass er vorne die Bälle gut hält. Er hat uns erst das Selbstvertrauen gegeben", berichtete Mijo Tunjic - und er muss es wissen. Denn der 22-Jährige fühlte sich im großen Schatten seines Nebenmanns besonders wohl. Nach einer halben Stunde traf er per Kopf zum 2:0, nachdem die Wand Amachaibou bedient hatte, dem diesmal eine richtig gute Flanke gelang. Und auch das späte 3:1 erzielte Tunjic (90.).

Augenthaler unzufrieden

Nur eine Chance hatten die Gäste in der ersten Halbzeit, einen Kopfball von Fikri El Haj Ali, den Darius Kampa spektakulär aus dem Winkel wischte. In der Schlussphase sollten weitere folgen, was durchaus einen Zusammenhang mit Nygaards Auswechslung (67.) nahe legte. "Wir waren viel zu passiv, haben nur darauf gewartet, dass etwas passiert", kritisierte Augenthaler. Und es passierte einiges. Immer wieder flog der Ball durch den Strafraum der SpVgg, wo Rückkehrer Torben Hoffmann einigen Trainingsrückstand offenbarte. Eine Viertelstunde vor Schluss traf Sebastian Hauck zum vermeintlichen Anschluss, doch er hatte Pech: Mit seiner Abseitsentscheidung demonstrierte der Linienrichter eine exklusive Sicht der Dinge. Das 1:2 (86.) holte Marcel Reichwein nach, dessen Volley zum Aufsetzer über Kampa geriet. Letztlich machte Tunjic alles klar und gab zu: "Klar haben wir gezittert."

Nygaard war hernach "so happy" über den Einstand. Die Stimmung in der Kabine sei toll, verriet er, die meiste Zeit habe sein Team gut gespielt. Nun müsse es die Woche nutzen, um sich weiter zu verbessern. Er will schließlich aufsteigen.

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SZ vom 23.08.2010/tob
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