Turnen:Leipziger Allerlei

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„Superzufrieden“: Felix Remuta vom TSV Unterhaching gewinnt bei den deutschen Meisterschaften in Leipzig Gold im Sprung. (Foto: Jan Kaefer/Beautiful Sports/imago)

Die Turner des TSV Unterhaching erleben in Leipzig bei den deutschen Meisterschaften Erfolge und Enttäuschungen. Marcel Nguyen holt sich den Titel im Mehrkampf, Felix Remuta gewinnt Gold im Sprung.

Von Andreas Liebmann, Unterhaching

Im Fußball ist das ein beliebtes Stammtischspiel, das in Fällen wie etwa dem TSV 1860 München ja auch durchaus Spaß machen kann: Einfach mal darüber nachzudenken, wer schon alles da war, wer in der eigenen Jugend erst groß und dann verkauft wurde - und wo die eigene Mannschaft heute wohl stünde, wären all diese Jungs noch immer dabei. Champions League. Mindestens.

Oskar Paulicks, dem Turn-Abteilungsleiter des TSV Unterhaching, sind solche Gedanken fremd. Nicht nur, weil sie ohnehin nicht glücklich machen, sondern vor allem, weil jene Zweitliga-Gemeinschaft namens Exquisa Oberbayern, der sein Verein angehört, eine ganz andere Bedeutung hat. Regelmäßig betont Paulicks, dass der Erfolg des Ligateams zweitrangig ist, dass es dabei in erster Linie darum geht, eine Plattform zu haben, auf der sich junge Talente entwickeln können. Und wenn sie dann gut genug sind, um zu zahlungskräftigen Erstligisten zu gehen, sei's drum. So war es bei Marcel Nguyen, bei Lukas Dauser, bei Felix Remuta, selbst bei seinem eigenen Sohn Jakob Paulicks. Doch das Beste daran: Außerhalb des Ligabetriebs treten diese Topturner allesamt weiterhin für ihren Heimatverein an. Weshalb sich Oskar Paulicks also nicht etwa aus nostalgischen Gründen nach jedem nationalen oder internationalen Großereignis an seinen Schreibtisch setzt und eine Pressemitteilung verfasst - sondern weil sein Klub eben mal wieder ziemlich erfolgreich war. Wie gerade bei den deutschen Meisterschaften in Leipzig.

Marcel Nguyen hat sich dort den Titel im Mehrkampf geholt. Er ist ohnehin eines der Aushängeschilder der Unterhachinger, spätestens seit seinen zwei olympischen Silbermedaillen von London 2012. Fast wie dort hat sich der 31-Jährige auch in Leipzig kontinuierlich nach vorne gearbeitet, nachdem er wie erwartet deutlich zurückgelegen hatte nach dem Start am Seitpferd, nicht gerade seinem Lieblingsgerät. Für die Gerätefinals tags darauf wurde er dann bereits geschont, für die Ende Oktober stattfindende Weltmeisterschaft in Doha, für die er inzwischen fest nominiert ist.

Genau das hat sein Unterhachinger Kollege Lukas Dauser vorerst verpasst. Abgeschlagen auf Rang 20 landete der Titelverteidiger, der zwei Wochen zuvor bei der ersten WM-Qualifikation noch als Bester ein perfektes Mehrkampf-Comeback gefeiert hatte. 16 Monate hatte er zuvor nach einem Kreuzbandriss pausiert. "Es ging schief, was nur schiefgehen konnte", bedauerte Paulicks. Bundestrainer Andreas Hirsch sprach von einem "Totalausfall". Dauser muss nun hoffen: Zwei WM-Startplätze werden erst kurzfristig vergeben. "Jetzt heißt es den Kopf nicht hängen lassen", sagte er, dieses Negativerlebnis werde ihn "nicht zurückwerfen". Jakob Paulicks belegte Rang 21, zudem erreichte er das Gerätefinale am Reck, wo er Bronze hauchdünn verpasste.

Feiern konnte Felix Remuta. Der 20-Jährige, der bis vor zwei Jahren noch für die Hachinger in der Liga turnte, wurde Zehnter im Mehrkampf. Tags darauf stand er dann in zwei Gerätefinals - und holte im Sprung seinen ersten Titel. "Das hat mich riesig gefreut", sagte er, "darauf kann ich die nächsten Jahre aufbauen." Mit seiner Mehrkampfleistung sei er nicht ganz zufrieden gewesen, einige Fehler hätten sich eingeschlichen, aber immerhin keine Stürze. Mit seinen schwierigen Sprüngen, einem Handstützüberschlag mit Doppelsalto und einem Kasamatsu mit eineinhalb Schrauben, war er im Gerätefinale dagegen "superzufrieden". Am Boden legte der Holzkirchner gleich noch eine Bronzemedaille drauf. Für Remuta ist nun die Heim-WM 2019 in Stuttgart das Ziel, und danach natürlich Olympia in Tokio.

Das Zweitligateam Exquisa Oberbayern wird derweil an diesem Samstag seinen zweiten Saisonkampf absolvieren, beim TSV Buttenwiesen. Ohne jene Vier natürlich, dafür mit aktuellen Talenten wie Fabian Dauth oder Jonas Olbrich. Und das ist genau richtig.

© SZ vom 05.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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