Süddeutsche Zeitung

Tölzer Löwen:"Ich bin ein Gewinner!"

In zwei Spielen unter Interimstrainer Florian Funk gelingt dem Eishockey-Zweitligisten ein Stimmungsumschwung. Nun kommt der neue Chefcoach Scott Beattie - und geht gleich mal in die Offensive.

Von Johannes Schnitzler, Bad Tölz

Ein Blick sagt manchmal mehr als eine ganze Bibliothek, und geredet hatten sie ja genug bei den Tölzer Löwen, ehe sie am vorvergangenen Montag Markus Berwanger von seinen Aufgaben als Cheftrainer des Eishockey-Zweitligisten entbanden. Unter der Regie von Interimstrainer Florian "Flocko" Funk, von 2010 bis 2015 selbst der verantwortliche Mann bei den Löwen, ging am Freitag zwar das Heimspiel gegen Tabellenführer Ravensburg 1:4 verloren. Am Sonntag aber gelang bei Aufsteiger Deggendorf ein 4:2-Erfolg. Unter den Torschützen waren neben Schlagschusskünstler Kevin Wehrs und Topscorer Stephen MacAulay auch Kapitän Philipp Schlager und Lubor Dibelka, zwei Spieler, denen unter Berwanger die Freude am Spiel abhanden gekommen zu sein schien. Am Sonntag aber blickte Geschäftsführer Christian Donbeck in die Augen seiner Profis, und was er dort sah, fasste er in einem Wort zusammen: "Aufbruchstimmung."

Donbeck und Berwanger sind seit drei Jahrzehnten miteinander befreundet. Er werde kein schlechtes Wort über den ehemaligen Nationalstürmer verlieren, sagt Donbeck. Unter den Spielern soll sich die Begeisterung über Berwangers Defensivtaktik zuletzt aber rapide der Außentemperatur angepasst haben. "Flocko Funk gebührt höchster Respekt dafür, was er in den zwei Spielen an frischem Wind reingebracht hat", sagt Donbeck nun. Vor allem gegen Schlusslicht Deggendorf traten die Löwen wieder so auf, wie es ihrer Selbsteinschätzung entspricht: offensiv, aggressiv, mit mutigem Forechecking in der gegnerischen Zone. Berwanger hatte angesichts von zuvor fast vier Gegentreffern pro Spiel im Dezember die Zügel angezogen. Seitdem reduzierte sich die Zahl der Gegentore auf etwas mehr als zwei pro Partie. Allerdings legte Berwanger auch die Tölzer Kreativen um MacAulay, Schlager und Johannes Sedlmayr an die Kette. Um den frischen Wind zu verstärken - zu den Playoff-Rängen fehlen dem Tabellenvorletzten immerhin fünf Punkte - gaben die Tölzer am Montag die Verpflichtung von Scott Beattie bekannt. Der Italokanadier unterschrieb einen Vertrag bis Saisonende mit Option auf Verlängerung.

Die Spieler erwarte "vielleicht ein kleiner Schock", kündigt der neue Trainer an

Beattie war in den vergangenen Jahren überwiegend in der Schweiz tätig, beim Zweitligisten EHC Olten und in der National League A beim SC Langnau, wo er Ende 2016 vom Dänen Heinz Ehlers abgelöst wurde. Ein Kurzgastspiel beim HC Asiago in der Alps Hockey League beendete Beattie im vergangenen Oktober nach nur zwei Wochen aus "persönlichen Gründen". In Tölz stellte sich der 50-Jährige gleich mal als Freund der gepflegten Attacke vor: "Ich bin kein Verlierer", sagte Beattie am Montag. "Ich gewinne!"

Als Spieler sammelte der nur 1,70 Meter große, aber wehrhafte Mittelstürmer für Rosenheim in der Saison 1996/97 in 52 DEL-Spielen 61 Scorerpunkte - und 123 Strafminuten. Um ihn zu beschreiben, braucht Christian Donbeck mehr als nur ein Wort. "Offen, geradlinig und direkt" sei der fünfmalige italienische Meister: "Er liebt das kanadische Power-Eishockey." Um sich ein Bild von der Mannschaft zu machen, stieg Beattie am Freitag spontan in den Zug und verfolgte die Spiele gegen Ravensburg und Deggendorf live im Stadion. So konnte er sich davon überzeugen, dass er mit den Löwen seine Spielphilosophie in die Praxis umsetzen kann. Die Spieler erwarte "vielleicht ein kleiner Schock", sagte er. "Ich werde die Herangehensweise hier verändern." Den ersten Anlauf kann er gleich an diesem Dienstag (20 Uhr) bei den Eispiraten Crimmitschau nehmen, die vier Punkte vor den Löwen auf Platz elf liegen.

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SZ vom 22.01.2019
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