Süddeutsche Zeitung

Tölzer Löwen:Aufwärts, aber steil

Die Verpflichtung von Torhüter Sinisa und Verteidiger Sasa Martinovic zeigt, welchen Weg der Traditionsklub nach zwei Jahren in der Abstiegsrunde in der DEL 2 einschlagen will. Weitere prominente Zugänge sollen folgen.

Von Johannes Schnitzler, Bad Tölz

In Kevin Gaudet haben die Tölzer Löwen für die kommende Saison einen Trainer verpflichtet, der nicht unbedingt dafür bekannt ist, dass er gerne um den Klassenerhalt spielt. Gaudet, 55, spielt lieber um Titel. In der DEL 2 führte er die Bietigheim Steelers zwischen 2013 und 2018 dreimal zur Meisterschaft - und in den anderen drei Spielzeiten ins Playoff-Finale. Sein kurzes, aber umso heftigeres Abenteuer in Nürnberg endete vergangene Saison nach nur vier Punktspielen in der Deutschen Eishockey Liga mit einer geräuschvollen Trennung. "Das ist die größte Enttäuschung meines Lebens", sagte Gaudet damals. "Unterschiedliche Auffassungen über die taktische Ausrichtung und Führung der Mannschaft" hätten den Ausschlag zu dem viel beachteten Schritt gegeben, lautete die offizielle Version.

In Bad Tölz sind sie sich auf jeden Fall schon mal einig, in welche Richtung es mit der Mannschaft gehen soll: aufwärts. Und zwar steil. Nach zwei Jahren in der Abstiegsrunde sind diesmal die Playoffs das Ziel. Und dafür scheuen die Löwen weder Mühen noch Kosten. Nach dem kanadisch-amerikanischen Stürmer-Duo Tyler McNeely und Shawn Weller gab der Zweitligist am Freitagabend die Verpflichtung von Sinisa und Sasa Martinovic bekannt, zwei Brüder kroatischer Abstammung, die beide in Füssen aufgewachsen sind und dort mit dem Eishockey begonnen haben. Sinisa, 38, Torhüter, spielte wie Weller und McNeely unter Gaudet in Bietigheim und wurde mit den Steelers zwei Mal Meister; Sasa, 34, ging vergangene Saison als Verteidiger für die Iserlohn Roosters aufs Eis. Mit dem routinierten Brüderpaar haben die Löwen namhaften Ersatz für Abwehrchef Casey Borer (Ziel unbekannt) und Torhüter Ben Meisner, der nach Freiburg gewechselt ist, gefunden.

Sasa Martinovic hat 550 Spiele in der DEL für Hamburg, Krefeld, Ingolstadt, Wolfsburg, Nürnberg und Iserlohn gemacht, dazu 105 Partien in der osteuropäischen Eliteklasse KHL und 110 Spiele in der österreichischen EBEL. "Er bringt eine enorme Erfahrung mit und wird unserer Abwehr die nötige Stabilität verpassen", sagt Löwen-Geschäftsführer Christian Donbeck. Die Gespräche mit den Brüdern seien "problemlos" verlaufen: Torhüter Sinisa, Spitzname "Silo", der mit seiner Frau ein Café in Bietigheim betreibt, war offenbar nicht gerade erbaut darüber, als die Steelers ihm eröffneten, dass sie nicht mehr mit ihm planen. Außerdem wollte er gerne mit seinem Bruder Sasa zusammenspielen. Und dann ist da ja noch der neue alte Trainer. "Kevin Gaudet und Christian Donbeck haben mich vom Konzept überzeugt", sagt Sinisa Martinovic. "Es war das beste Gesamtpaket. Wenn ich davon nicht zu hundert Prozent überzeugt wäre, wäre ich nicht gewechselt." Wirtschaftlich scheinen die Löwen jedenfalls bereits in stabilere Regionen vorzudringen: Wie die DEL 2 am Freitag mitteilte, haben alle 14 qualifizierten Klubs ihre Lizenz für die kommende Saisonerhalten - erstmals ohne Anhörung.

Dem Vernehmen nach soll die Verpflichtung der Martinovic-Brüder noch nicht das Ende der Tölzer Transfer-Aktivitäten bedeuten. Im Gegenteil. In den kommenden Tagen, so ist aus der Kurstadt zu hören, ist mit der Bekanntgabe weiterer prominenter Zugänge zu rechnen. Unter anderem wird die Unterschrift von Lubor Dibelka, 36, erwartet, der eigentlich schon zum aktuellen Meister nach Ravensburg gewechselt war, dort aber seinen Vertrag überraschend wieder gelöst hat. Unter Kevin Gaudet zu spielen, eröffnet nicht nur ihm in Bad Tölz eine völlig neue Perspektive.

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SZ vom 29.06.2019
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