Süddeutsche Zeitung

Tischtennis:Unter Nachbarn

Zum Vorrundenabschluss der Regionalliga standen für die Teams der Region nur Derbys an. Nun ist Winterpause - außer für den FC Bayern. Der muss noch zum Spitzenspiel.

Von Andreas Liebmann

Der Terminplan meinte es gut mit den besten Tischtennisteams der Region. Die Straßen waren verschneit am vergangenen Wochenende, und natürlich ziemlich verstopft zwischen all den Skigebieten, Einkaufszentren und Christkindlmärkten - Bayern kann ziemlich groß sein. Auch Sachsen-Anhalt ist an solchen Tagen weiter weg als sonst. Doch zum Vorrundenabschluss in der Regionalliga Süd der Männer, der vierten und zugleich höchsten mit Münchner Beteiligung, durften diesmal alle daheimbleiben - zumindest fast: Die SpVgg Thalkirchen gastierte am Samstag beim FC Bayern München (Fahrstrecke: sechs Kilometer) und tags darauf beim TSV Schwabhausen (38 Kilometer), während die Bayern den TuS Fürstenfeldbruck besuchten (34 Kilometer). All diese Strecken hätte man bei anderem Wetter durchaus mit Fahrrädern zurücklegen können.

Nach dem geballten Derby-Wochenende konnte man eine prima Zwischenbilanz ziehen - mit einer Ausnahme.

Die Nachzügler

Der FC Bayern München ist nämlich trotz seines Doppelspieltags noch immer nicht ganz fertig mit der Hinserie. Es fehlt ausgerechnet noch das Spitzenspiel an diesem Samstag beim SB Versbach, Würzburg, 280 Kilometer. Der Rest der Liga befindet sich in der Winterpause und wird das Duell des Dritten beim Ersten gespannt verfolgen. Gewännen die Unterfranken, wäre für die Münchner der erhoffte Aufstieg mit vier Punkten Rückstand fast nicht mehr zu realisieren. Gewänne der FC Bayern, würde er nach Punkten mit Versbach gleichziehen, doch auch Medizin Magdeburg wäre dann punktgleich und lauert mit 16:2 Punkten ebenso auf den Aufstieg in Liga drei.

Dass das Spitzenspiel erst kurz vor Heiligabend stattfindet, liegt an Münchens Nummer zwei Daniel Rinderer: Während des ursprünglichen Termins nahm der 16-Jährige an der Jugend-WM in Australien teil. Trotz dieses triftigen Grundes gestaltete sich die Verlegung schwierig. "Es gibt das Top 48, das Top 24, das Top 12, die WM, Weltcups und andere Sperrtermine", klagt Kapitän Julian Diemer. "Mit zwei Jugendnationalspielern (Rinderer und Felix Wetzel, d. Red.) und dazu zwei Ärzten (Michael Plattner und Uwe Liebchen) ist es schwierig, Termine zu finden."

Die Zuagroasten

Solche Probleme hat die SpVgg Thalkirchen nicht. Ihre neue Nummer eins Frederick Jost hat wie vereinbart nur an knapp der Hälfte der bisherigen Spiele teilgenommen, trotzdem ist der Vorjahressechste auf Rang vier das Überraschungsteam der Liga. "Die haben viele Fans, auch bei uns in der Halle war eine gute Stimmung", lobt Bayerns Kapitän Diemer, der sich über die Derbys freut. "Es ist schöner, wenn man mit denen danach essen geht, als wenn man irgendwo in Sachsen-Anhalt auf zusammengewürfelte Mannschaften trifft."

Jost fehlte auch am Samstag im Duell mit den Bayern, was sicher dazu beitrug, dass das Auswärtsspiel klar mit 2:9 verloren ging. "Klarer als der Spielverlauf", räumte Diemer ein. Thalkirchens erste Mannschaft setzt sich weitgehend aus Spielern zusammen, die es irgendwann einmal berufs- oder studienbedingt aus Baden-Württemberg nach München verschlagen hat, der ehemalige Zweitligaspieler Jost kam als Letzter von ihnen. Den einzigen Punkt im Einzel holte Daniel Weber, 34, gegen den Australien-Rückkehrer Rinderer, nachdem er im vierten Satz Matchbälle abgewehrt hatte. "Da hatte ich sehr, sehr viel Glück", gab Weber zu. Nun sind sie quasi Erster hinter dem erwarteten Führungstrio. "Besser hätte es nicht laufen können", findet Weber, "wir sind hochzufrieden."

Die Lädierten

Tags darauf war dann auch Jost dabei, was wohl mit ein Grund dafür war, dass die SpVgg ihr Auswärtsspiel beim Tabellenletzten TSV Schwabhausen gar so deutlich 9:1 gewann. Wobei: Die Schwabhauser sind ohnehin gebeutelt. Spielertrainer Alexander Yahmed zum Beispiel hat in dieser Saison noch keins seiner acht Einzel für sich entschieden, 0:24 Sätze, nicht einen Ballwechsel gewonnen von 264 möglichen. Das hat natürlich nicht unwesentlich damit zu tun, dass er bei seinen 0:11, 0:11, 0:11-Niederlagen nie wirklich am Tisch stand. Er gab seine Einzel wegen einer Sehnenscheidenentzündung kampflos ab, ließ sich nur aufstellen, damit an den hinteren Positionen seines Teams die Siegchance wuchs. Doch die Vorrunde blieb im ganzen Team geprägt von Krankheiten, Verletzungen und Schwächeanfällen. "Wir hatten echt Pech", sagt Yahmed mit Blick auf die 0:18 Punkte. "Vor der Saison dachten wir, wir wären einfach viel zu schlecht für den Klassenerhalt. Im Nachhinein glaube ich: Wären wir komplett gewesen, hätten wir sogar Chancen gehabt." Ein paar Belege dafür würde er in der Rückrunde gerne noch sammeln.

Das Mehrgenerationenprojekt

Sollte es eines Beleges für die aktuelle Stärke der Regionalliga Süd bedürfen, dann ist das wohl die Tatsache, dass der Aufsteiger TuS Fürstenfeldbruck nach der Hälfte der Saison nur auf Rang acht steht, dem Abstiegsrelegationsplatz. Denn der ehemalige Zweitligist hat an Position eins einen der besten Spieler der Liga, den in Ehren ergrauten, aber immer noch schwer zu bezwingenden Belgier Andras Podpinka, 50, die ehemalige Nummer 23 der Welt. Um die zwei bayerischen Nachwuchsspieler Mike Hollo und Petros Sampakidis herum hat er den Nationalspieler Abdulaziz Bu Shulaybi aus Saudi-Arabien und den Ungarn Zoltan Csetle drapiert, allesamt mit ordentlichen Bilanzen, wobei die positive Ausbeute von Hollo auf Position zwei (6:4) besonders bemerkenswert war - der Zugang aus Kolbermoor ist nämlich erst 14.

Podpinka ist mehr als dreimal so alt. Nur vier Einzel hat der Routinier im Lauf der Vorrunde verloren (das überraschendste mit 0:3 gegen Thalkirchens Michael Dudek, was nicht nur SpVgg-Kapitän Weber "ziemlich sensationell" fand). Am Sonntag wäre beinahe ein fünftes hinzugekommen, doch auch gegen Podpinka vergab Münchens Teenager Rinderer Matchbälle, drei in Serie; später gegen Hollo widerfuhr ihm dasselbe Missgeschick gleich noch ein drittes Mal. Die favorisierten Münchner taten sich schwer bei ihrem 9:5-Erfolg.

Für Florian Schreiner, die Nummer eins des FC Bayern, war es ein besonderes Duell: Zu Zweitligazeiten trat der ehemalige deutsche Jugendmeister für Fürstenfeldbruck an. Es sei seltsam, plötzlich "auf der anderen Seite" zu sitzen, stellte er fest, und dann trat er nach einem Sieg gegen Hollo noch gegen Podpinka an, seinen ehemaligen Spielertrainer - und verlor. "Der kennt ihn in- und auswendig", erklärte Diemer, wovon Podpinka vor allem im Rückschlag profitierte. "Andere haben viel mehr Probleme mit Flos Aufschlägen." Beide suchten wie immer den sofortigen Punktgewinn. Rinderer war es zuvor gelungen, Podpinka in längere Ballwechsel zu zwingen.

Die Vorentscheidung

Dank des Münchner Siegs bleibt die Liga also spannend. Zumindest bis zum nächsten Samstag, zum Spitzenspiel beim SB Versbach. Dessen Spieler hätten "150 Jahre Bundesligaerfahrung", schätzt Diemer, er sehe sie daher als Favorit. Ach ja: Schnee ist nicht angesagt zwischen München und Würzburg.

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Quelle:
SZ vom 20.12.2018
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