Tischtennis:Finanzexperten in Rot-Weiß

Lesezeit: 2 min

Zweitligist Fürstenfeldbruck will angstfrei planen

Von Andreas Liebmann, Fürstenfeldbruck

Nach 55 Jahren habe er keine rechte Lust gehabt zu kündigen, sagt Rudi Lutzenberger. Der Tischtennis-Abteilungsleiter wird also Mitglied bleiben beim SC Fürstenfeldbruck, für ihn ist das nahezu selbstverständlich nach der langen Zeit. Einige Weggefährten handhaben das ähnlich. Und doch wechseln sie nun alle miteinander den Verein. Der TuS Fürstenfeldbruck hat zum 1. Januar 2015 eine neue Tischtennisabteilung gegründet, der SC Fürstenfeldbruck löst die seine mit Wirkung zum 31. Dezember auf. Damit ist der Weg für den Wechsel frei, der TuS als größter Sportverein der Kreisstadt wird künftig einen Männer-Zweitligisten unter seinem Dach haben, der mit gut 100 Mitgliedern, davon 82 Aktiven, und 15 Mannschaften anrückt. Nicht nur für den 68-jährigen Abteilungsleiter ist das ein großer Einschnitt.

Am Montag fand die letzte Jahreshauptversammlung der SCF-Tischtennisspieler statt, "auf neutralem Gelände" in Emmering, wie es Lutzenberger schmunzelnd ausdrückt. Gerade mal 18 Personen kamen, die alles, was es zu entscheiden gab, einstimmig entschieden. Sie bestimmten die Führungsriege für diese neue Ära, Lutzenberger und seine Mitstreiter wurden wiedergewählt. Alle Debatten waren lange zuvor geführt, alle Unklarheiten früh beseitigt worden. Zuletzt galt die Abwanderung der gesamten Sparte auch nicht mehr als Politikum. Anfangs hatte sich der SCF ja gesträubt, die erfolgreiche Abteilung ziehen zu lassen, die im Wesentlichen vor der Finanznot der Landesliga-Fußballer flüchtete; aus Angst, im Falle einer Insolvenz für deren Schulden haften zu müssen. Doch Jakob Ettner, seit Mai SCF-Chef, hatte sich letztlich doch dafür ausgesprochen, die Abwanderungswilligen ziehen zu lassen. Die Schulden der Fußballer belaufen sich nach wie vor auf einen sechsstelligen Betrag.

Nahezu 100 Prozent der aktiven Tischtennisspieler haben den Klubwechsel mitgemacht. Nur die Unterschriften eines zurzeit in Afghanistan stationierten Soldaten und des langjährigen Leistungsträgers Andy Krämer fehlen noch. Knapp 30 passive Mitglieder sind indes nicht mitgegangen.

Künftig kann die Abteilung also angstfrei wirtschaften. Ihr Etat liegt knapp im sechsstelligen Bereich, etwas mehr als die Hälfte dieser Summe kostet das Zweitliga-Team. Lutzenberger als dessen Manager spricht hier von "kurzfristigen Investitionen". Als langfristig sieht er die Jugendarbeit um Trainer Andras Podpinka, die sich die Sparte ebenfalls einiges kosten lässt.

Die letzten Tage in Blau-Gelb: Rudi Lutzenberger, 68, ist seit 55 Jahren Mitglied des SC Fürstenfeldbruck. (Foto: Simon)

Künftig soll sich ein Förderverein um die Finanzierung der Profis kümmern. Dessen Gründung ist eine Bedingung des TuS, Lutzenberger sagt aber: "Wir hätten das sowieso vorgehabt." Bislang finanziert vor allem Günther Paul, 69, mit seiner Lasertechnik- Firma den Spielbetrieb - diese Abhängigkeit soll verringert werden. "Unser Sponsor ist sehr zuverlässig, aber wir verlassen uns zu sehr auf ihn", sagt Lutzenberger. Der pensionierte Deutschlehrer hat sich mit Finanzexperten umgeben. Neuer Abteilungskassier (für den aus gesundheitlichen Gründen ausscheidenden Werner Schmid) ist Hans Lukas, pensionierter Betriebsprüfer beim Finanzamt. Im Vorstand des Fördervereins (dem noch ein Vorsitzender fehlt) werden Andy Krämer und Klaus Peter sitzen, der eine ist Miteigentümer einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, der andere hatte beruflich mit Lohnabrechnungen zu tun. "Zahlen sind nicht mein Lebensmittelpunkt", sagt Lutzenberger, "ich werde mich vor personellen Entscheidungen eng mit diesen Leuten abstimmen."

Sportlich geht es vor allem bei den Frauen bergauf, in Ober- und Bayernliga zeichnen sich weitere Aufstiege ab. Bei den Männern sieht es wegen vieler Ausfälle anders aus. Während das Zweitliga-Team in der Lage sein sollte, die Klasse zu halten, befinden sich zweite, dritte, vierte und sechste Mannschaft in bedrohlicher Abstiegsnähe.

Die Homepage des Vereins wird gerade vom SCF-Blau-Gelb ins TuS-Rot-Weiß umgestaltet, doch alles wird sich zum Jahreswechsel auch nicht ändern. Ihrer Halle an der Jahnstraße zum Beispiel bleibt die Abteilung treu, obwohl sich beim TuS wohl auch Alternativen geboten hätten. Auf neues Publikum hofft Lutzenberger dennoch: "Fürs erste Heimspiel im neuen Jahr kriegen alle TuS-Mitglieder freien Eintritt", kündigt er an.

© SZ vom 03.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: