Tennis:Wie im Traum

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Hättest Du das geglaubt? Nein? Ich auch nicht. – Trainer Marc Herter mit seiner Nummer eins, der Österreicherin Barbara Haas, die beim letzten Saisonspiel passen musste – sie spielte parallel in Rom. (Foto: imago)

"Man hat es noch gar nicht realisiert": Ihr Ziel war der Klassenerhalt. Doch nun steigen die Spielerinnen des TC Grün-Weiss Luitpoldpark München erstmals in der Klubgeschichte in die Bundesliga auf.

Von Fabian Dilger, München

Eigentlich hatte Marc Herter, Trainer beim Tennis-Club Grün-Weiss Luitpoldpark, einen spannenden, vielleicht sogar einen nervenaufreibenden Sonntag eingeplant. Nicht auf dem Tennisplatz, sondern vor dem Bildschirm. Seine Damen-Mannschaft war in der 2. Bundesliga Süd spielfrei. Herter hatte aber damit gerechnet, dass er an diesem Sonntag die Zwischenstände der Partie MTG Mannheim - Donat Manching über Internet mitverfolgen würde. Das hätte eigentlich das entscheidende Spiel um den Aufstieg werden sollen. Doch die Manchinger verabschiedeten sich bereits am vorletzten Spieltag aus dem Rennen: Weil sie am Freitag gegen Ludwigshafen-Oppau verloren und Luitpoldpark gleichzeitig das Lokalderby gegen den MTTC Iphitos gewann, mussten Herter und seine Spielerinnen nicht mehr zittern - Luitpoldpark war uneinholbare vier Punkte vorne und steigt als Meister der zweiten Liga in die Bundesliga auf.

"Man hat es noch gar nicht realisiert", sagt Herter im Nachhinein. Er hatte sogar erwartet, dass der Aufstieg möglicherweise über die Matchpunkte-Differenz entschieden werden würde. Und dann lief alles wie im Traum.

"Ich wusste bis ein, zwei Tage vorher nie, wie wir eigentlich spielen", sagt Trainer Herter

Den eigenen 6:3-Sieg hatte der 42-Jährige nicht als garantiert angesehen. "Grade gegen Iphitos ist es schwer", sagt Herter. Zum Münchner Stadtderby reisten die Grün-Weißen außerdem ohne ihre Nummern eins und zwei der Setzliste an. Die Österreicherin Barbara Haas spielte sich in Rom in ein Turnierfinale, Sesil Karatantcheva wollte sich ihren Ellenbogen in der Heimat Bulgarien behandeln lassen und dann weiter zu einem Vorbereitungsturnier für Wimbledon reisen. "So war eigentlich die ganze Saison. Ich wusste bis ein, zwei Tage vorher nie, wie wir eigentlich spielen", sagt Herter. Gegen Iphitos war der Erfolg aber schon nach den Einzeln, die mit 4:2 an "Lupo" gingen, absehbar.

Trotz wechselnder Aufstellungen: Die Mannschaft war immer konkurrenzfähig, sodass eine sehr konstante Saison zustande kam. Luitpoldpark verlor nur eine von sechs Begegnungen, Herter betont, der Erfolg sei eine "komplette Teamleistung" gewesen. Im Spitzenspiel gegen Manching fehlte Barbara Haas zum Beispiel auch, trotzdem gewann Grün-Weiss klar mit 7:2. Die zweite Bundesliga sei ausgeglichen, da könne alles passieren, sagt Herter - es hänge eben von den jeweiligen Aufstellungen am Spieltag ab. In der Abschlusstabelle der Liga haben vier von sieben Mannschaften dieselbe Punktzahl. Vor der Spielzeit hatte Herter noch den Klassenerhalt als Ziel ausgegeben: "Das war ernst gemeint. Man weiß nie, wie die Gegner kommen, wie die eigenen Spielerinnen unterwegs sind." Auch wenn die Nummer eins manchmal fehlte, oft konnte Herter eine gute Mannschaft aufstellen, weil seine anderen Spielerinnen bei ihren Turnierstarts schon früher ausgeschieden waren. "Für die Spielerinnen ist es doof, für uns gut, wenn sie früher ausgeschieden sind", sagt Herter.

Im Einzel hatte der Schwabinger Verein sogar schon mal eine deutsche Meisterin. Margot Dittmeyer gewann in den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts insgesamt drei Mal den Titel. Mit der Damen-Mannschaft spielt Luitpoldpark aber das allererste Mal erstklassig, sagt Herter. "Viel kann ich gar nicht dazu sagen, ich plane ja auch nicht mit dem Lottogewinn, bevor ich ihn habe."

Bei einem Sechser mit Zusatzzahl hat es sich ausgesorgt. Für Grün-Weiss ist es jetzt aber am wichtigsten, finanzielle Unterstützung für das nächste Jahr zu akquirieren: "In erster Linie geht es jetzt darum, Sponsoren zu finden", sagt Herter. Wenn der Etat für die nächste Saison steht, kann er den Kader für die eingleisige Liga planen: "Grade was die Weltrangliste angeht, ist das Niveau noch mal sehr viel höher." Eine Spielerin, die in der 2. Bundesliga an Nummer zwei oder drei spielt, ist in der Bundesliga eher auf den hinteren Plätzen zu finden. Die Saison geht erst im Frühling 2020 los, doch Herter will bei der Kaderplanung nicht zu lange warten. "Ich möchte schon so schnell wie möglich machen, weil auch die anderen Vereine nicht schlafen." Für diese Saison habe er zum Beispiel schon so gut wie sicher eine Spielerin verpflichtet gehabt. Eine halbe Stunde später kam der Anruf eines Bundesliga-Teams - und weg war sie.

Anrufe und Nachrichten hat auch Herter seit dem Aufstieg einige bekommen. "Wer da alles gratuliert, über die sozialen Medien, Wahnsinn", sagt Herter, "das freut einen natürlich." Ein paar Anfragen von Spielerinnen seien auch schon dabei gewesen. Mit den eigenen Spielerinnen hat Herter noch gar keine große Aufstiegsfeier geplant: "Es ist nicht so einfach, sie sind alle in der Weltgeschichte verstreut." Vielleicht beim Sommerfest des Vereins, meint der Coach. Es bleibt ja noch Zeit bis zur Bundesliga-Premiere.

© SZ vom 18.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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