Tennis:"Das lief etwas blöd"

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Der Münchner Matthias Bachinger spricht im Interview über seine kuriose Wimbledon-Reise. Fast wäre der Tennisprofi im Hauptfeld des Turniers gelandet.

Interview von Gerald Kleffmann

Der Münchner Tennisprofi Matthias Bachinger hatte wieder sein Glück versucht, sich für das berühmteste Turnier der Welt zu qualifizieren, die All England Championships in London. Nachdem der 31-Jährige bereits im Vorturnier ausgeschieden war, hatte er kurzzeitig Hoffnung, doch noch in das Hauptfeld der 128 Spieler hineinzurutschen. Am Ende hat es aber nicht geklappt. Ein Gespräch über eine neue Regel für Lucky Loser, das Warten und die ungerechte Preisgeldverteilung auf den Tennistouren.

SZ: Herr Bachinger, Sie haben eine ungewöhnliche Situation erlebt: Sie hatten in der dritten und letzten Runde des Qualifikationsturniers von Wimbledon verloren und sind schon nach München heimgeflogen. Am Montag und Dienstag waren Sie plötzlich wieder hier in Wimbledon. Was war passiert?

Matthias Bachinger: Ich hatte am Donnerstag vor dem Turnier in der Quali verloren und wurde dann als neunter Lucky Loser gelost.

Das sind die Spieler, die ins Hauptfeld nachrücken, falls noch ein Spieler kurzfristig wegen einer Verletzung oder Erkrankung zurückzieht.

Ich dachte aber, bei dem neunten Rang habe ich eh keine Chance, aufzurücken. Deshalb bin ich geflogen. Dann haben aber immer mehr rausgezogen, und plötzlich war ich am Sonntagabend Zweiter auf der Liste der Lucky Loser. Ich habe wieder meine Tasche gepackt und bin am Montag um sieben Uhr gleich wieder zurückgeflogen. Um wenigstens eine Chance zu haben.

Es ging ja auch um viel Geld. Es gibt eine neue Regel, die offenbar wirkt: Spieler, die sich kurzfristig abmelden, dürfen noch die Hälfte des Erstrundenpreisgeldes in Höhe von 39 000 Pfund behalten, auch ohne Einsatz. Die andere Hälfte erhält der Lucky Loser. Damit soll verhindert werden, dass sich verletzte Spieler zum Abkassieren nur so auf den Platz stellen. Was haben Sie gemacht? Das Warten ist sicher nicht leicht.

„Wimbledon bedeutet mir so viel“: Matthias Bachinger, unglücklicher Lucky Loser. Foto: Friso Gentsch / dpa (Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Es ist schon frustrierend, weil alles etwas blöd lief. Ich mag Rasen und habe auch gut gespielt. In meinem Quali-Finale gegen den Österreicher Dennis Novak hatte ich aber keine Chance. Er war besser an dem Tag. Ich bin 158. in der Weltrangliste, landete mit dem ganz guten Rang aber nur auf dem neunten Platz in der Lucky-Loser-Liste. Das ist unglaublich weit hinten. Dass sieben Profis noch reinkamen und ich nicht, tut extrem weh. Wimbledon ist so besonders. Wimbledon bedeutet mir so viel. Ich habe 2011 und 2012 hier im Hauptfeld gespielt und wollte es unbedingt noch mal schaffen.

Wie finden Sie diese neue Lucky-Loser-Regel, dass der absagende und der nachrückende Spieler ihr Preisgeld teilen?

Diese Regel hätte schon viel früher kommen müssen. Früher gab es so viele Spieler, die einfach angeschlagen begonnen hatten und dann aufgaben und abkassierten. Das konnte man ja auch irgendwo verstehen. Die ITF ...

... der Internationale Tennis-Verband ...

... hätte schon viel früher reagieren müssen. Jetzt gehen wahrscheinlich immer noch einige angeschlagen auf den Platz, weil der Unterschied zum ganzen Preisgeld in der ersten Runde immer noch gut 20 000 Euro sind, als wenn man es teilen müsste. Aber die Regel wirkt. Bei den French Open gab es schon viele Lucky Loser. Das ist auch fürs Turnier viel besser, wenn fitte Spieler spielen.

Wie haben Sie den Tag verbracht, als sie warten mussten? Einige wie der französische Profi Benoît Paire humpelten ja mit dickem Verband am Knie herum. Hofft man, dass der Kollege dann nicht spielen kann?

Darauf habe ich letztlich keinen Einfluss, ich muss eben geduldig sein. Der Vorteil hier: Wimbledon ist einfach so schön, das hilft beim Warten (lacht). Ich sauge einfach alles auf, die Atmosphäre, das Britische, man trifft so viele Menschen hier. Ich hatte mich am Dienstag aber auch ganz normal eingespielt, mit dem Australier James Duckworth, vor dessen Match gegen Alexander Zverev. Ich habe mir dann deutsche Matches angeschaut und die Jungs ein bisschen unterstützt, Maximilian Marterer, Peter Gojowczyk.

Wann war dann klar: Es wird nichts?

Man weiß ja so ein bisschen hinter den Kulissen, wer vielleicht ein Problemchen hat. Wenn diese Spieler aber doch spielen, sinken die Chancen. Ich bin daher am Dienstagabend wieder zurückgeflogen.

Das ist das Los eines Profis. Wie geht es für Sie weiter?

Ich fliege am Wochenende nach Chicago, dort findet ein Challenger statt. Dann spiele ich in Newport das Rasenturnier der ATP Tour. Dann ein Challenger in Kanada und danach die Qualifikation beim 500er ATP Turnier in Washington.

Jemand in Ihrer Kategorie muss mit den Kosten haushalten. Wenn Sie sehen, wie exorbitant viel vorne an der Spitze an Preisgeld ausgeschüttet wird - in Wimbledon erhalten die Sieger bei den Frauen und Männern jeweils 2,25 Millionen Pfund - halten Sie das für angemessen?

Das ist eben die Entwicklung. Sie strahlt ja durchaus auch nach unten ab. Für das Quali-Finale habe ich auch 20 000 verdient. Das ist schon mal gut. Mehr hätte ich ja nur erhalten, wenn ich die erste Runde hätte spielen dürfen und dann auch noch gewonnen hätte. Ich finde, bei den Challengers müsste höheres Preisgeld ausgeschüttet werden. Und auch bei 250er Turnieren. Die Topspieler kriegen immer mehr und mehr, da könnte man auch die Spieler ab Platz 150 mehr unterstützen. Bei den Challengers verdient man eigentlich kein Geld, weil man etwa den Coach dabei hat. Da geht es hauptsächlich um die Punkte, damit man bei den großen Turnieren mitspielen kann.

© SZ vom 06.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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