Talentiade 2019:Immer einen Tritt voraus

Lesezeit: 3 min

Körperbeherrschung und ein klarer Kopf: Darija Husovic schätzt am Kampfsport sowohl die physische Anstrengung als auch das taktische Element. (Foto: privat/oh)

Kondition und ein klarer Kopf: Taekwondoka Darija Husovic vom TSV Dachau 1865 ist mehrmalige deutsche Meisterin und Dritte der Junioren-WM.

Von David Holzapfel, Dachau

Eine kurze Verneigung, ein letztes Festzurren des Kopfschutzes. Dann tänzelt Darija Husovic in die Mitte des Oktogons und beginnt, ihre Gegnerin mit schnellen, dynamischen Fußtritten in Bedrängnis zu bringen. Untermalt wird die Szene vom Geschrei der Zuschauer und den Anweisungen ihres Trainers am Mattenrand. Drei Runden und sechs Minuten später steht fest: Darija Husovic hat den Kampf gegen Marcelina Kossel aus Polen gewonnen.

Mit gerade einmal 17 Jahren kann die Karlsfelderin auf eine lange Liste an Erfolgen zurückblicken: Ein dritter Platz bei der Taekwondo-Juniorenweltmeisterschaft in Tunesien im vergangenen Jahr, parallel dazu die Teilnahme am Qualifikationsturnier zu den Olympischen Jugendspielen. Die deutsche Junioren-Meisterschaft hat Husovic zwei Mal, die bayerische sechs Mal gewonnen. "Die gewinne ich eigentlich, seit ich daran teilnehme", sagt sie und lacht.

Dabei begann ihre Karriere eher zufällig. Im Alter von fünf Jahren kam Husovic mit ihrem Vater an einem Taekwondo-Studio vorbei, es folgte ein erstes Probetraining. Aus ihrem anfänglichen Interesse entwickelte sich mit den Jahren eine große Leidenschaft. Eine Leidenschaft, die heute einen Großteil von Husovics Zeit in Anspruch nimmt. Fünf Mal pro Woche trainiert sie beim TSV Dachau 1865, bei dem sie seit zehn Jahren Mitglied ist. Am Wochenende stehen oft Turniere, Lehrgänge und Trainingslager mit dem deutschen Nationalkader an.

Für Schule bleibt da mitunter wenig Zeit. Die Sportlerin gehört zum Abschlussjahrgang der Dachauer Mittelschule, möchte danach an der Fachoberschule ihr Abitur machen. Schule und Sport zu vereinbaren: für die 17-Jährige mitunter ein Drahtseilakt. "Es gab schon Zeiten, da hatte ich nur den Sport im Kopf", sagt Husovic und grinst. Früh aufstehen, eine Stunde joggen, dann in die Schule, schließlich noch Training am Abend, so sehe ein normaler Tag in der Wettkampfvorbereitung aus. Auch ihre Freunde würden in solchen Zeiten mitunter zu kurz kommen. "Es kommt schon öfter vor, dass ich Geburtstagsfeiern absagen muss", sagt sie. Doch ihr Umfeld unterstützt sie. Steht ein Wettkampf an, stellt die Schule Befreiungen aus, Mitschüler helfen, verpassten Unterrichtsstoff nachzuholen, und ihre Freunde haben Verständnis, wenn die gemeinsame Zeit einmal knapper bemessen ist.

Was aber bewegt eine 17-Jährige dazu, einen Großteil ihrer Zeit dem Sport zu widmen? "Beim Taekwondo kann ich mich komplett auspowern", sagt Darija Husovic. Auch das hohe Maß an Disziplin, sei es im Training oder bei einem Kampf, mag sie. Im Taekwondo gibt es unterschiedliche Disziplinen. Husovic selbst betreibt den Zweischrittkampf. Anders als beim Formenlauf, bei dem festgelegte Techniken in einer vorgegebenen Reihenfolge durchgeführt werden, wird hier gegen einen Gegner um Punkte oder einen K.o. gekämpft. Gute Kondition und ein klarer Kopf seien für den Erfolg essenziell. Taktik statt blinder Gewalt also. "Du musst dem Gegner immer einen Schritt voraus sein, ihn lesen und verstehen können", sagt Husovic.

Dass die Karlsfelderin das beherrscht, zeigen ihre herausragenden Wettkampfplatzierungen. Erst in diesem Jahr hat sie wieder die deutsche U-21-Meisterschaft gewonnen. Auch bei Nominierungen für das Nationalteam der Deutschen Taekwondo Union (DTU) wurde und wird sie immer wieder berücksichtigt, früher im Juniorenbereich, jetzt bei den Damen. Sich dort durchzusetzen, sei bei den älteren und auch erfahreneren Athletinnen aber noch schwer, sagt die 17-Jährige: "Da geht es schließlich um die Olympia-Teilnahme." Olympia, das ist auch für sie ein langfristiges Ziel.

Darija Husovic ist viel unterwegs. Sie fliegt zu Wettkämpfen nach Tunesien, in die Türkei oder nach Zypern. Obwohl die Sportlerin auf diesen Reisen oft mehr Turnhallen als Sehenswürdigkeiten kennenlernt, macht es ihr großen Spaß, neue Eindrücke zu sammeln. Ob aus Amerika, Niger oder Kroatien: Durch ihren Sport hat sie mittlerweile viele internationale Freunde gefunden. Man kennt und schätzt sich.

Was sie für die Zukunft geplant hat? Das weiß Darija Husovic selbst noch gar nicht so genau. "Erst mal die Schule zu Ende bringen", sagt sie. Auch eine anschließende Verpflichtung als Sportsoldatin bei der Bundeswehr schließt sie nicht aus. Doch ganz gleich, ob Studium, Ausbildung oder ein anderer Weg: Taekwondo als Leistungssport möchte die 17-Jährige auf jeden Fall weitermachen, "egal was kommt".

Zum zehnten Mal hat die Süddeutsche Zeitung in den vergangenen Wochen herausragende Talente gesucht und Sportvereine, die sich besonders um die Nachwuchsarbeit verdient gemacht haben.

© SZ vom 16.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: