Talentiade 2019:Alles in Bewegung

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Im Wahlfach Bewegungskünste am Gilchinger Christoph-Probst-Gymnasium fließen seit fast 30 Jahren Sport und Soziales ineinander.

Von Carolin Fries

Es war ein einziges Bimmeln. Lehrerin Karin Ganslmeier hat die Nachricht vom Gewinn des Talentiade-Schulsportpreises "Klasse!" in die gemeinsame Whatsapp-Gruppe gepostet - und im Minutentakt antworteten die Schüler mit lachenden Smileys und Daumen-hoch Emojis. Die Freude der knapp 150 Teilnehmer des Wahlfachs Bewegungskünste am Christoph-Probst-Gymnasium in Gilching ist auch in den darauffolgenden Wochen noch riesengroß. Ein Aushang in der Aula verkündet die Auszeichnung. Schulleiter Peter Meyer ist einfach nur stolz. Er hat bereits angekündigt, Karin Ganslmeier und ihre Schüler zur Preisverleihung am 24. Juli nach München begleiten zu wollen.

Die proben bereits fleißig, um bei den Feierlichkeiten im SZ-Hochhaus zeigen zu können, was Schule leisten kann und was genau man sich unter dem Begriff Bewegungskünste vorzustellen hat. Fest steht, dass es nur ein Ausschnitt sein wird, denn das Repertoire der Bewegungskünstler ist groß: Stelzenlaufen, Trampolinspringen, Jonglieren, Turnen, Akrobatik, Einradfahren, Diabolowerfen, Tanzen.

Jeden Freitag treffen sich die Kinder und Jugendlichen von der fünften bis zur zwölften Klasse in der Turnhalle. Wer hier mitmacht, muss keine besonderen sportlichen Voraussetzungen mitbringen, die Hemmschwelle ist bewusst niedrig gesetzt. Es gibt keinen Leistungsdruck. Karin Ganslmeier erwartet lediglich einen kreativen Geist und die Lust am Mitmachen. In Workshops vermitteln sich die Schüler ihr Können in altersgemischten Gruppen gegenseitig: Wer gut jonglieren kann, bringt es seinen Mitschülern bei. Das fördert nicht nur die sportlichen Fähigkeiten, sondern auch die sozialen Kompetenzen. Zudem wächst bei den Kindern Vertrauen - untereinander und zu sich selbst. Karin Ganslmeier stellt außerdem immer wieder fest: "Der Körperkontakt tut den Kindern unheimlich gut."

Alle zwei Jahre zeigen die Bewegungskünstler in einer Aufführung, was sie gelernt haben. "Artista - Hotel der Künste" haben im vergangenen Jahr etwa 2000 Zuschauer gesehen. Im kommenden Jahr zum 30-jährigen Bestehen des Wahlfachs wollen sie sich etwas Besonderes einfallen lassen. Der Titel steht bereits: "Favola".

Vor fast 30 Jahren hat die Sport- und Französischlehrerin in Gilching mit einer Neigungsgruppe das Jonglieren begonnen. Mit den Jahren ist daraus ein Aushängeschild geworden. Scheinbar nebenbei zeigen die Teilnehmer künstlerische und sportliche Höchstleistungen. So qualifizierte sich eine Gruppe in diesem Jahr für das Finale beim Nachwuchswettbewerb "Talents" des GOP-Varieté-Theaters München - als eines von 14 Teams aus Bayern. Schulleiter Peter Meyer schwärmt von einem "wunderbaren Miteinander". Neben der Freude an der Bewegung gehe es um "Teamarbeit, Zusammenstehen, Disziplin und Gemeinschaftssinn".

Der Zusammenhalt und die Freude am Miteinander sind enorm. Auch wenn der Nachmittagsunterricht ausfällt - das Wahlfach findet trotzdem statt. Auf der Webseite der Gruppe laufen stets die Tage, Minuten und Sekunden bis zum nächsten Treffen herunter, der Freitagnachmittag ist ihnen heilig. Dann wird aus der Lehrerin die "Hasenmama" - so haben die Kinder Ganslmeier getauft - und aus dem "Sie" wird ein "Du". Bei der Pädagogin und ehemaligen Geräteturnerin laufen die Fäden zusammen - sie lässt die Schüler aber auch viel allein machen. Vor allem, wenn Aufführungen nahen. Dann gestalten die Schüler das Programmheft mit, organisieren das Probenwochenende, koordinieren den Kartenverkauf, suchen Sponsoren.

Die 61-Jährige traut den Kindern und Jugendlichen viel zu. Ihre Überzeugung, gespeist aus jahrelanger Erfahrung: Die können das! Inzwischen kommen Kinder vereinzelt auch schon von benachbarten Schulen - was gut zum Konzept passt, dass die Bewegungskünstler eine offene Zusammenarbeit mit vielen Institutionen im Landkreis Starnberg pflegen. Sie geben ihr Wissen und Können etwa bei Workshops an Grundschulen weiter, arbeiten aktuell in einem P-Seminar an einem Tanzprojekt mit Asylbewerbern sowie an einer Aufführung mit Schülern des Sonderpädagogischen Förderzentrums in Germering.

Natürlich haben die Bewegungskünstler auch schon überlegt, wie sie ihr Preisgeld investieren könnten. "Eine bewegliche Pole-Stange steht ganz oben auf der Wunschliste", sagt Ganslmeier. Damit könnten die Gilchinger Bewegungskünstler in der Luft-Akrobatik ganz neue Sphären erobern.

Zum zehnten Mal hat die Süddeutsche Zeitung in den vergangenen Wochen herausragende Talente gesucht und Sportvereine, die sich besonders um die Nachwuchsarbeit verdient gemacht haben.

© SZ vom 15.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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