Süddeutsche Zeitung

SZ-Talentiade:Im fünften Element

Die aus dem Wasser kam: Lea Winkler vom TSV Erding zeigt eine "steile Leistungskurve".

Von Jan-Hendrik Maier, Erding

"Die enorme Vielfalt der Disziplinen fasziniert mich. Es wird nie langweilig." So beschreibt Lea Susanne Winkler ihre Begeisterung für Modernen Fünfkampf - eine Sportart, die die 15-jährige Athletin vom TSV Erding vor viele Herausforderungen stellt: Laufen und Schwimmen verlangen Kondition, Fechten und Schießen erfordern Konzentration und Technik. Beim Springreiten ist Sensibilität gefragt, denn die Pferde werden den Sportlern zugelost.

In Kindertagen entdeckt Lea Winkler das Schwimmen für sich. Mit sechs Jahren tritt sie den Delphinen, der Schwimmgruppe ihres Heimatvereins, bei. Vier Jahre später folgt die Aufnahme in die Wettkampfgruppe. Als sie 2013 die alte Fechtmaske von Vater Veit im Keller aufstöbert, wird ihr jedoch bewusst: "Nur Schwimmen ist mir zu wenig." Lea beginnt mit Mehrkampftraining - und findet darin ihre Leidenschaft.

In Wettkampfzeiten trainiert die junge Erdingerin an sechs von sieben Tagen, bis zu 24 Stunden in der Woche. Ehrgeiz und Ausdauer, die sich in sportlichen Erfolgen widerspiegeln: Bei der diesjährigen deutschen Meisterschaft der Jugend B in Berlin und Potsdam belegte sie als Jahrgangsbeste den zehnten Platz und lag über weite Strecken vor der späteren Gewinnerin Anne Kleidon. "Ich gönne meiner besten Freundin den Sieg und bin sehr stolz auf meine Platzierung", sagt Lea. "Vielleicht hätte ich beim Schwimmen noch mehr rausholen können." Die Atmosphäre während der Meisterschaft beschreibt sie als ein "freundschaftliches Miteinander". Es herrsche kein "bloßer Konkurrenzkampf".

Bereits in ihrem ersten Jahr als Fünfkämpferin wird Lea Winkler in den bayerischen Landeskader aufgenommen, der die Teilnahme an überregionalen Lehrgängen ermöglicht und den Kontakt zu anderen Stützpunkten fördert. Im "überschaubaren" Kreis der Athleten fühle sie sich "wie in einer Familie, die zusammen feiert", sagt sie. 2014 gewinnt sie die bayerischen und süddeutschen Meisterschaften und holt auf Bundesebene Silber im Triathle (Laufen, Schwimmen, Schießen). "Sie hat eine sehr steile Leistungskurve gezeigt und sich von einer Schwimmerin zur echten Fünfkämpferin entwickelt, die sich auch auf das unbequeme Laufen einlässt", sagt der bayerische Landestrainer Michael Leisgang. Zusammen mit Vater Veit Winkler, ein ehemaliger Fechter, betreute er Lea von der ersten Minute an.

Eine echte Lieblingssportart hat sie nicht. "Das Schwimmen fällt mir leicht, auch wenn die Anspannung davor größer ist." Gefordert sind 200 Meter Freistil. Viel Durchhaltevermögen braucht Lea hingegen für das "Combined", die Kombination aus drei Mal 800 Metern Querfeldein-Lauf und je fünf Treffern mit der Laserpistole in maximal 50 Sekunden. "Das Laufen ist echt schwer, da darf man nicht zu viel nachdenken", sagt sie. Die Reihenfolge der Disziplinen und die zeitliche Dauer des Wettkampfs variieren von Meisterschaft zu Meisterschaft. Am liebsten habe sie es, wenn das Reiten abschließt, weil hier noch viele Punkte vergeben werden und man noch etliche Plätze gutmachen könne.

Zum kommenden Schuljahr wird die Neuntklässlerin an die Eliteschule des Sports "Friedrich Jahn" in Potsdam - einen Olympiastützpunkt - wechseln. "Es ist unglaublich aufregend", sagt Lea Winkler. "Ich werde die Menschen in Erding bestimmt vermissen, aber ich glaube, es ist mit 15 Jahren ein guter Zeitpunkt, um etwas Neues aufzubauen." Damit scheint sie ihrem Traum, die Teilnahme an einer Weltmeisterschaft oder Jugend-Olympia, einen entscheidenden Schritt näher zu rücken. Als persönliche Vorbilder nennt Lea Winkler die Olympiasiegerin von 2008 und frisch gekürte Weltmeisterin Lena Schöneborn und den aktuellen Staffel-Weltmeister Marvin Dogue, der seine Laufbahn ebenfalls beim TSV Erding begonnen hat und vor einigen Jahren nach Potsdam gewechselt ist.

"Die weitere Entwicklung - möglicherweise bis an die Weltspitze - wäre in Erding nicht möglich", sagt Leas Vater und Coach Veit Winkler. "Unsere Trainingsbedingungen sind ausgereizt." Die Nachwuchssportlerin denkt an eine Karriere im Profibereich, vielleicht bei der Bundeswehr oder der Polizei, denn ohne finanzielle Unterstützung gehe es nicht. Michael Leisgang ist überzeugt, dass sie es schaffen wird: "Lea kann über sich hinauswachsen und in einem schwierigen Gefecht die letzten fünf Prozent aus sich rausholen."

Und abseits des Modernen Fünfkampfs? "Andere Hobbys sind nicht drin, aber das stört mich auch nicht. Ich habe viele Freunde im Sport", sagt Lea Winkler. In den Sommerferien sei aber "Chillen angesagt". Doch so ganz frei von Training werden die heißen Wochen nicht sein: Im August nimmt sie an einem Schwimmlehrgang teil.

Bisher erschienen: VV Ingelsberg (20.6.), Sydney Lohmann (22.6.), Victoria Kothny (25.6.), Amelie Döbler (27.6.), Valentin Müller (2.7.), Isabel Baumann (6.7.), Johann Kaiser (7.7), Martina Willibald (9.7.)

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SZ vom 10.07.2015
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