SZ-Rubrik "Formsache":"Unterschätze nie die Berge!"

Lesezeit: 2 min

Früher federleicht am Stufenbarren, heute Frühaufgeherin: Die NDR-Journalistin und Moderatorin Anja Reschke.

SZ: Sport ist...

Anja Reschke: ...wenn er nur dem Ziel der Fitness dient, entsetzlich langweilig und quälend. Irgendwie macht mein Hirn da einen gewaltigen Unterschied zwischen verordnetem Sport und Fortbewegung. Alles, was draußen stattfindet und mich irgendwo hinführt, finde ich wunderbar und die Anstrengung angenehm. Skifahren, Radeln, in den Bergen herumwandern, durch den See schwimmen, kann ich stundenlang problemlos und mit großer Freude machen.

Ihr aktueller Fitnesszustand?

Ist, nachdem ich mich gerade zur Home-Skigymnastik gezwungen hatte und mehrere Tage vor lauter Muskelkater kaum laufen konnte, jetzt wieder gut.

Felgaufschwung oder Einkehrschwung?

Auch wenn es in den Antworten oben so anklingt: Ich bin kein Hüttenhocker. Früh auf die Piste, letzte Abfahrt, kurz Pause. Neulich hab ich an einer Reckstange auf einem Spielplatz probiert, ob ich noch Felgaufschwung kann. Ja! Gut, leichte Zerrung muss man hinnehmen, aber: Ja!

Sportunterricht war für Sie?

Herrlich. Doppelturnhalle auf dem Siemenssportgelände, wir Mädchen in der einen, die Jungs in der anderen Hälfte. Man konnte wunderbar kichernd rüberglotzen und beobachten, wie sie wie Mehlsäcke an den Turnstangen hingen, während wir federleicht über den Stufenbarren flogen.

Ihr persönlicher Rekord?

8,3 Sekunden auf 50 Meter bei den Bundesjugendspielen in der dritten Klasse. Glaube ich jedenfalls. Zumindest war ich so schnell, dass die Lehrer glaubten, sich vermessen zu haben. Deshalb musste ich noch mal rennen. Und dann: Ehrenurkunde!

Stadion oder Fernsehsportler?

Weder noch. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber Fußball interessiert mich einfach nicht. Egal wie ich mich anstrenge, ich nehme mir sogar vor wichtigen Spielen vor: Anja, konzentrier Dich! Aber dann: Anstoß, der Ball fliegt und mit ihm meine Gedanken. Gut, dass es Slomo (Zeitlupe, Anm. d. Red.) und Wiederholung gibt, ich würde sonst nie ein Tor sehen. Aber Skislalom schaue ich gerne. Sowohl an der Piste als auch im Fernsehen. Und Turnen! Diese Körperbeherrschung - fantastisch.

Bayern oder Sechzig?

Bayern. Schon allein, weil sich so viele Leute, die nicht aus Bayern kommen, aufregen, wenn man Bayern-Fan ist. Das finde ich lustig. Weil es mir in Wirklichkeit so wurscht ist, wer deutscher Meister wird. Wird das nicht eh immer Bayern?

Ihr ewiges Sport-Idol?

Ich glaube, Boris Becker. Ich selbst war trotz vieler Trainerstunden, die in mich investiert wurden, eher mäßig im Tennis. Aber diese Leidenschaft, dieser Einsatz, die Wut, wenn er seinen Tennisschläger geschmissen hat - wirklich großes Kino.

Ein prägendes Erlebnis?

Als ich Anfang Oktober mal in Südtirol auf den Schlern gestiegen bin. Unten im Tal herrliche, warme Sonne. Aber oben, auf dem Plateau, kniehoher Schnee. Keine Markierung zu sehen. Und von einer Minute auf die nächste eine dichte Nebelwand. Ich wusste nicht mehr, wo oben und unten ist, wo der Berg steil abfällt und wo ich gehen muss. Und ich hatte wirklich Angst. Anhand der Stützen der Versorgungsbahn hab ich da wieder rausgefunden. Das hat mich große Demut gelehrt: Unterschätze nicht die Berge!

In welcher Disziplin wären Sie Olympiasieger?

Im Geschirrspülmaschineneinräumen. Wirklich. Ich behaupte, dass NIEMAND das so gut und effektiv kann wie ich. Ich warte seit Jahren auf einen Wettkampf, in dem ich diese Fähigkeit unter Beweis stellen kann. (Vor drei Wochen hat der Kabarettist Michael Altinger in dieser Rubrik Ähnliches von sich behauptet. Die SZ böte an, bei diesem Duell zu sekundieren.)

Mit welcher Sportlerin/welchem Sportler würden Sie gerne das Trikot tauschen?

Rosi Mittermaier. Kann fantastisch Ski fahren, hat einen netten Mann, zwei tolle Kinder. Obwohl, wenn ich recht überlege: Das alles hab ich auch. Nur in der Nähe der Berge wohne ich leider nicht.

Unter der Rubrik "Formsache" fragt die SZ jede Woche Menschen nach ihrer Affinität zum Sport. Künstler, Politiker, Wirtschaftskapitäne - bloß keine Sportler. Wäre ja langweilig.

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