Die große Sensation war es nicht, schließlich hatte Präsident Manfred Schwabl zuletzt bereits ein paar Signale in diese Richtung gesendet. Seit Mittwochvormittag ist es nun offiziell: Claus Schromm ist nicht mehr Cheftrainer des Fußball-Drittligisten SpVgg Unterhaching. Er wird dem "Projekt Haching", wie es Schwabl nennt, aber erhalten bleiben, und zwar in durchaus exponierter Funktion: "Der Ausdruck Sportdirektor passt nicht zu uns. Ich würde sagen, er ist Sportlicher Leiter des Gesamtvereins, vom Kids Club bis zur ersten Mannschaft." Wer neuer Trainer wird, soll sich im Lauf der nächsten zwei Wochen entscheiden, sagte Schwabl.
Erst im April hatte Schromm, 51, seinen Vertrag bei der SpVgg um drei Jahre bis 2023 verlängert. Allerdings, das hatte Schwabl auch zuletzt im SZ-Interview klargestellt, "unabhängig von der Position". Und der Präsident unterstrich am Mittwoch noch einmal die Bedeutung des Fußballlehrers für die Entwicklung des Vereins: "Er ist der Hauptarchitekt des Projekts und kann in dieser anderen Funktion noch wichtiger sein", so Schwabl.
Für Claus Schromm ist so eine Rochade kein Neuland. Bereits im Januar 2014 war er vom Cheftrainerposten in die Position eines Sportdirektors gerückt, damals war Manuel Baum vom Teamchef zum Coach befördert worden. Nachdem Baums Nachfolger Christian Ziege im März 2015 zurücktrat, rückte Schromm wieder an die Seitenlinie. Es gehe ihm mit der Entscheidung "von Tag zu Tag besser", sagte Schromm am Mittwoch. Nach dem letzten Saisonspiel (0:4 in Duisburg) habe er bereits über drei Tage hinweg "intensive Gespräche" mit Schwabl geführt, dann sei er mit seiner Frau in den Urlaub gefahren und habe danach noch zwei Nächte gebraucht, um sich zu dieser Lösung durchzuringen. "Ich bin sehr dankbar, dass mir der Verein diese Zeit gegeben hat." Er habe nun eben andere Entscheidungskompetenzen, nicht mehr Aufstellung und Taktik. "Wenn wir gewonnen haben, gab es viele Schulterklopfer, wenn nicht, dann setzte es auch ordentlich in die Fresse", sagte Schromm. "Es ist mir deshalb recht wohl ums Herz, weil ich weder das eine noch das andere unbedingt brauche."
Ausschlaggebend für die Veränderungen sei die "knallharte Ist-Analyse" (Schwabl) gewesen, der man sich im Verein nach der schwachen Rückrunde mit dem Absturz auf Tabellenplatz elf gestellt habe. "Nach der Corona-Pause lief es dramatisch negativ", sagte Schromm, der allerdings relativierte, dass diese Phase mit den Spielen im Dreitagesrhythmus nicht nur für die Spieler, sondern auch für die Trainer "höchst intensiv" gewesen sei, alleine schon, weil gar keine Zeit mehr blieb für eine ordentlich Vor- und Nachbereitung. Mit der Bewertung der Trainerposition sei die Ursachenforschung aber keineswegs abgeschlossen, auch der Athletikbereich und die medizinische Abteilung sollen noch unter die Lupe genommen werden.
Doch Schromms erste Aufgabe ist es nun, mit Schwabl gemeinsam die beste Wahl bei der Trainersuche zu treffen. Und dabei haben die beiden ein klares Anforderungsprofil: Er müsse die Fußballlehrerlizenz besitzen, im Idealfall regional verwurzelt sein und "wissen, wie wir in Haching ticken", sagte Schromm. Es sei ein bisschen wie bei einem Autokonfigurator im Internet: "Mit jeder Einschränkung werden die Treffer weniger." Gesucht wird ein Typ wie Jürgen Klopp, hungrig und empathisch, aber jünger. "Einer, der Zuckerbrot und Peitsche passend einsetzen kann. Er muss mit den jungen Spielern umgehen können, sie auch mal in den Arm nehmen und er muss ein Herz haben", sagt Schwabl.
Nicht einfach, hier fündig zu werden. Kein Thema soll nach SZ-Informationen Reiner Maurer sein, der zuletzt mit Türkgücü München aus der Regionalliga in die dritte Liga aufgestiegen ist, ehe sein Vertrag auslief und nicht verlängert wurde.
Vielen jungen bayerischen Trainern fehlt der Fußballlehrerschein. Ein Beispiel ist Tobias Schweinsteiger, 38, zuletzt Co-Trainer von Dieter Hecking beim Hamburger SV. Nach dessen Abschied verließ auch Schweinsteiger den Verein und wird nun seit einigen Tagen bereits als Nachfolger vom nach Hoffenheim abgewanderten Sebastian Hoeneß beim FC Bayern II gehandelt, wo er von 2012 bis 2015 selbst spielte. Aber Schweinsteiger hat auch eine Vergangenheit bei der SpVgg Unterhaching, kickte zwischen 2008 und 2010 insgesamt zweieinhalb Jahre im Sportpark. Er absolviert derzeit seinen Fußballlehrer-Lehrgang - und hat beste Referenzen aus seiner Prüfung für den A-Schein: Die hatte er 2017 mit null Fehlern absolviert, das war vor ihm nur Thomas Tuchel gelungen.
Während also die Suche nach dem Coach läuft, wird auch am Spielerkader geschraubt, wobei sich hier die Veränderungen in Grenzen halten sollen. "Es gibt nur ein bis zwei Leute, die wir im Auge haben", sagt Schwabl. Aus dem aktuellen Kader haben alle Spieler noch gültige Verträge für die nächste Saison. "Ein paar Spieler wissen aber, dass es nicht mehr passt."