SpVgg Unterhaching:Trainieren, testen, Gassi gehen

Lesezeit: 2 min

Corona, ein Geduldsspiel: SpVgg-Präsident Manfred Schwabl (links) und Trainer Arie van Lent, wartend. (Foto: Sven Leifer/imago)

"Wahrscheinlich können wir uns am Saisonende alle nicht mehr sehen": Wie Hachings Profis den Pandemie-Alltag erleben.

Von Christoph Leischwitz, München

Ein bisschen Betrieb dürfte schon noch geherrscht haben im Unterhachinger Sportpark am sonnigen Sonntagmittag. Immerhin wird die Spielvereinigung nicht müde, eine aktuell verbliebene Einnahmequelle anzupreisen: Essen zum Mitnehmen aus dem vereinseigenen Gasthaus. Der Unterschied ist nur, dass der Schnitzel- oder Burger-Abholer diesmal auch keine Schreie oder die Pfeife des Schiedsrichters aus dem Stadion hörte, weil diesmal ja nicht einmal ein Geisterspiel möglich war. "Ärgerlich" seien diese Absagen, sagt Arie van Lent, der Trainer des Drittligisten. Diesmal fiel das Spiel wegen mehrerer Corona-Fälle beim Gegner SC Verl aus. Als noch ärgerlicher empfinden es die Hachinger, wenn in den eigenen Reihen ein Spieler positiv getestet wird, und sich das Ergebnis dann als falsch erweist. Zumal Profifußballer oft keine Angst vor schweren Symptomen zu haben scheinen. Rhythmus und die für ein Spiel nötige Anspannung gingen so jedenfalls verloren, sagt van Lent.

Seiner Mannschaft droht ein antizyklischer Spielplan: nach Wochen ohne Pflichtspiel womöglich mehrere englische Wochen in Serie. Abgesehen davon steht Unterhaching in der Tabelle nicht besonders gut da, und eine Aufholjagd startet niemand gerne. Hinzu kommt noch eine Sorge, die kein Verein öffentlich ausspricht, aber viele umtreibt: In Pandemiezeiten ist es immer gut, möglichst weit oben zu stehen - kann ja niemand sagen, wann das nächste Mal unterbrochen und ob die Saison wirklich zu Ende gespielt wird.

Die tägliche Konfrontation mit der Pandemie verändert das Leben aller Menschen. Deshalb sind Fußballer in diesen Tagen zurückhaltend, wenn sie über ihre Einschränkungen sprechen - immerhin dürfen sie ja noch arbeiten. Von vielen wird die Tatsache, dass für den Fußball bis hinunter zur dritten Liga eine Ausnahme gemacht wird, kritisch gesehen. Gerade Hachings Präsident Manfred Schwabl ist einer, der keine Jammerei hören will. Da müsse man jetzt einfach durch, sagt er dann immer.

Trotzdem ist auch das Leben eines Profifußballers in diesen Tagen alles andere als unbeschwert. Um das Hygienekonzept einzuhalten, befinden sich die Kicker permanent in der Light-Variante einer Quarantäne. "Ich sehe eigentlich überhaupt keine Freunde mehr. Raus gehe ich nur mit dem Hund und zum Einkaufen", sagt zum Beispiel Schwabls Sohn Markus, der Kapitän der Mannschaft. Bei ihm kommt hinzu, dass seine Frau bald ihr erstes Kind erwartet. Als junge Familie ist man besonders vorsichtig. Aber eben auch aus Verantwortung gegenüber den Mitspielern: "Wenn du einer von denen bist, die das rein schleppen, dann gehen vielleicht Hunderte Menschen in Kurzarbeit", sagt Schwabl. Jeder positive Test, jedes abgesagte Spiel könne dazu führen, dass die ganze Liga eine Zwangspause verordnet bekommt. Dieser Verantwortung müsse man sich bewusst sein, findet der 30-Jährige. Sein Trainer van Lent sieht das ähnlich: "Wir können nur appellieren, dass alle Spieler die Auflagen befolgen, sonst kriegen wir irgendwann die Liga nicht mehr fertig."

Umgekehrt sei es aber auch so, dass die Pandemie die Mannschaft auch zusammenschweiße. Dadurch, dass die Spieler permanent getestet werden, sind die Mitspieler abgesehen von den Personen im eigenen Haushalt die einzigen Menschen, die man regelmäßig trifft. Mit ein wenig Galgenhumor in der Stimme sagt van Lent: "Wahrscheinlich können wir uns am Ende der Saison alle nicht mehr sehen." Bis es soweit sei, müsse man aber "gegenseitig auf sich aufpassen". Am Sonntag hatte die Mannschaft trainingsfrei, das ist auch für den Montag geplant. Im Moment gibt es noch keine Termine für die beiden Nachholspiele. Das hört sich nach zwei Tagen Homeoffice an: Fußball gucken, zu Hause auf der Couch.

© SZ vom 09.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: