Süddeutsche Zeitung

SpVgg Unterhaching:Start-up-Stimmung

Kurz vor dem Börsengang wirken die Verantwortlichen des Drittligisten regelrecht euphorisch - trotz des damit einhergehenden Drucks. Das liegt vor allem am neuen Kader.

Von Stefan Galler

Manfred Schwabl wirkt gelöst in diesen Tagen. Nicht dass der Präsident der SpVgg Unterhaching jemals um einen lockeren Spruch verlegen wäre, aktuell jedoch macht der 53-Jährige einen geradezu euphorischen Eindruck. Das hängt womöglich mit der Ankündigung vom Dienstag zusammen, dass sein Verein als zweiter deutscher Fußballklub nach Borussia Dortmund schon bald eigene Aktien an der Börse verkauft. Wer am Mittwochabend auf Bayern1 die Talksendung "Die Blaue Couch" einschaltete, erfuhr gleich noch einige mitteldunkle Punkte aus Schwabls Vergangenheit als Bayern-Profi: Etwa dass man auf Kellerpartys von Klaus Augenthaler in den Achtzigern kein stilles Wasser trank. Oder dass er und sein Mittelfeldkollege Charly Dorfner dann und wann ihre Bauchumfänge verglichen. Schließlich sei das Spiel damals noch nicht so schnell gewesen wie heute und die Trikots weiter geschnitten, wofür sich Schwabl am Radiomikrofon noch einmal nachträglich beim Ausrüster bedankte.

Doch nicht nur die neue wirtschaftliche Perspektive - mit einem Kapital in Höhe von bis zu zwölf Millionen Euro soll in den nächsten Jahren der Sprung in die zweite Liga geschafft werden -, auch der sportliche Bereich bereitet Schwabl offenkundig Freude. So seien alle Wünsche "unseres fest im Sattel sitzenden Cheftrainers" (Schwabl) für die am 19./20. Juli beginnende neue Drittligasaison erfüllt worden.

Der angesprochene Claus Schromm zeigt sich entsprechend dankbar: "Wir haben jetzt in der Breite und in der Spitze einen sehr guten Kader, der in Unterhaching seinesgleichen sucht", sagte der Coach zuletzt bei einem Pressetermin. Er selbst habe jedenfalls noch nie mit einem so guten Personal gearbeitet, ergänzte Schromm, der schon vor einem Jahr beim Gespräch über sein Aufgebot ins Schwärmen geraten war. Damals stand er vor der Magnettafel in seinem Büro und demonstrierte, dass jede Position doppelt besetzt sei. Die größte Sorge, die ihn umtrieb, war jene, dass er gestandene Spieler auf die Bank setzen müsse, wenn alle Kräfte fit wären. Doch das Verletzungspech erwies sich als hartnäckig. Im Saisonendspurt musste etwa Verteidiger Marc Endres trotz Knieblessur mithelfen, um dazu beizutragen, nach einer total verkorksten Rückrunde wenigstens noch die Klasse zu halten.

Das soll diesmal alles ganz anders werden: Man strebe "ganz klar" (Schwabl) einen Platz in der oberen Hälfte der Tabelle an, danach ist dann der Aufstieg das Ziel. "Auch wenn wir im Fußball nicht bei ,Wünsch Dir was' sind", so der Präsident. Diese klaren Vorgaben und die neue Struktur als börsennotierter Klub erhöhen den Druck auf Mannschaft und Trainer. Dennoch wirkt Claus Schromm gelassen und trägt seinen Optimismus offen zur Schau: "Jeder in der Kabine weiß, dass es auf allen Positionen einen harten Konkurrenzkampf geben wird. Jeder muss Gas geben, um in die Elf reinzukommen oder drinzubleiben", sagt Schromm, der sich an der hohen Qualität des Kaders messen lassen will. Mit einer Einschränkung: "Hoffen wir, dass alle gesund bleiben, sonst sind unsere Ziele nicht zu realisieren."

Die Neuen haben jedenfalls zum größten Teil das Potenzial, sich einen Stammplatz zu erkämpfen. So habe er einen Stürmer mit den Qualitäten des Belgiers Arne Naudts, 25, "noch nie trainiert", sagt Schromm. Der Zugang vom niederländischen Zweitligisten Helmond Sport verfüge über außergewöhnliche Qualitäten im Kopfballspiel, aber auch "am Boden". Er sei "ein echter Krieger: Wenn er das Trikot überzieht, legt er Scheuklappen an und los geht's". Stephan Hain wird nach seiner Syndesmoseverletzung aus dem Frühjahr erst mit dem Saisonstart voll ins Training einsteigen, auch deshalb habe man im Angriff in Felix Schröter, 23, vom Regionalligisten FV Illertissen eine weitere Verstärkung geholt. Außerdem neu: Innenverteidiger Paul Grauschopf, 20, vom FC Ingolstadt, sowie drei Kräfte für die linke Seite: Verteidiger Jannik Bandowski, 25, der vom Zweitligisten VfL Bochum kommt und wegen einer Rippenverletzung noch nicht voll belastbar ist; Mittelfeldspieler Moritz Heinrich, 21, vom Ligakonkurrenten Preußen Münster, und Außenstürmer Stephan Mensah, 19, aus der U 19 des Zweitligaaufsteigers Karlsruher SC. Im Gegenzug verließen Dominik Widemann (Würzburger Kickers), Finn Porath (Kiel), Eigengewächs Orestis Kiomourtzoglou (Heracles Almelo/Niederlande) und Torwart Lukas Königshofer (Uerdingen) den Verein. Die Torwartposition ist auch die einzige, auf der die Hachinger noch Handlungsbedarf haben, ansonsten seien die Planungen abgeschlossen, versichern Schwabl und Schromm unisono. Ein Kandidat soll der Schweinfurter Schlussmann Alexander Eiban, 25, sein. Der Gräfelfinger hatte in der Jugend unter anderem bei Haching, 1860 und Bayern gespielt.

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SZ vom 29.06.2019
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