SpVgg Unterhaching:Sorgenkind auf Zeit

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Der Moment, der alles veränderte: Patrick Hasenhüttl (Mitte) köpft den 1:2-Anschlusstreffer für die Hachinger gegen Viktoria Köln. Fortan ging es für die zuletzt arg gebeutelten Rot-Blauen bergauf, das 2:2-Unentschieden soll nun die Wende zum Besseren einleiten. (Foto: imago images/Oryk Haist)

Beim 2:2 gegen Viktoria Köln schafft es die SpVgg Unterhaching zwar, die jüngste Niederlagenserie zu stoppen. Zu Beginn aber wirkt die Elf von Trainer Arie van Lent heillos überfordert.

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Ein "bisschen erschrocken" sei er gewesen, sagt Arie van Lent, wie das diesmal schon wieder begann für seine Mannschaft. Vier Niederlagen in Serie hatte die SpVgg Unterhaching hinnehmen müssen, sie war damit auf einen Abstiegsplatz in der dritten Liga gerutscht. Und dann lag die Mannschaft im eigenen Stadion nach 22 Minuten wieder 0:2 zurück. Doch die Hachinger kämpften sich zurück ins Spiel - und konnten sich so zumindest noch über ein 2:2 (1:2)-Unentschieden freuen, inklusive einer stark ansteigenden Leistungskurve im Verlauf der Partie. "Wir haben die Negativserie gestoppt, das hilft uns für den Kopf", so der Kommentar des Trainers.

Den Rückstand hatten sie sich aber auch verdient. Denn zu Beginn spielte Unterhaching zaghaft, abwartend, mit wenig Offensivdrang. Kapitän Markus Schwabl wagte nach 14 Minuten immerhin einen Halbvolley-Fernschuss, für den sich Kölns Torwart André Weis ein wenig strecken musste. Gerade schienen die Gastgeber besser ins Spiel zu kommen, als ein Kölner Standard die komplette Mannschaft in Verunsicherung stürzte: Ein Eckball fand den Weg zu Fabian Holthaus, dessen Kopfball touchierte noch den Rücken von Paul Grauschopf und kullerte ins ferne Eck zur Führung der Gäste (15.). Nur vier Minuten später jubelten die Viktoria-Spieler erneut, als Kölns Mike Wunderlich einen Freistoß direkt aufs Tor zog und Nico Mantl diesen nicht festhalten konnte - Mantl spielte dann aber schnell genug weiter, sodass weitere Diskussionen im Keim erstickt wurden. Beim nächsten Wunderlich-Freistoß aber hatten die Kölner wieder Grund zur Freude: Mantl postierte offensichtlich die Mauer mangelhaft, der Viktoria-Kapitän schlenzte ins rechte Eck (22.).

Kurzzeitig musste man sich Sorgen um die Hachinger Konkurrenzfähigkeit machen, die Mannschaft wirkte nun komplett eingeschüchtert, die Abwehr agierte heillos überfordert und fing sich beinahe den dritten Gegentreffer. Da kam das Anschlusstor so überraschend wie gelegen: Schwabl flankte von der rechten Seite an den zweiten Pfosten, von dort köpfelte Dominik Stroh-Engel zurück an den ersten Pfosten - und dort nickte Patrick Hasenhüttl aus kurzer Distanz ein (27.). Hasenhüttl hätte nur wenig später beinahe auch noch sein viertes Saisontor erzielt, verfehlte das Tor mit einem Flachschuss aber um einen halben Meter (32.). Jetzt war es eine ausgeglichene Partie, mit weiterhin vielen Torraumszenen. Und in der Nachspielzeit der ersten Hälfte wurde es geradezu hektisch: Beinahe wäre der aus dem Tor geeilte Mantl überlupft worden, auf der Gegenseite rumpelte Jannik Bandowski nach Steilpass von Stroh-Engel im Kampf um den Ball mit Keeper Weis zusammen.

Gleich nach dem Seitenwechsel vergab Stroh-Engel eine gute Möglichkeit (48.), dann war es aber nicht mehr das großgewachsene Sturmduo, das sich in den Mittelpunkt spielte, sondern ein 20-jähriger, 1,79 Meter großer Flügelstürmer: Niclas Anspach traf mit einem platzierten Flachschuss zum Ausgleich (59.), und es passte gut ins Bild, dass nach einer erneuten Kombination über die rechte Seite der wie immer mächtig engagierte Schwabl auch diesmal die Vorlage gegeben hatte. "Da haben wir es mal klar gespielt", sagte der Torschütze hernach in seiner Analyse. Der "letzte Pass" sei das, wo es im Spiel nach vorne oft noch hapere, sagte er. Und ansonsten sei es freilich ein Unding, wieder früh in Rückstand geraten zu sein, "und wieder durch einen Standard - das geht nicht", stellte er fest. Anspach hätte drei Minuten später beinahe das Spiel komplett gedreht, diesmal aber bekam Weis die Finger an dessen Fernschuss dran (62.). Zwar blieben die klaren Chancen im Anschluss aus, doch gegen Ende hatte Haching auch wieder ein bisschen Fußball gespielt, und, wie van Lent meinte, "eine gute Mischung gefunden".

Einer, der ganz gut Fußball spielen kann, saß am Sonntagnachmittag auf der Tribüne, und zwar nicht hinter der eigenen Bank, wo nun immer die Auswechselspieler platziert werden, sondern 20 Meter weiter rechts, in Straßenkleidung: Luca Marseiler. "Ich habe mich heute für Jannik Bandowski auf links entschieden", gab van Lent zur Begründung an, in Moritz Heinrich wurde später ein weiterer Flügelspieler eingewechselt. Das war mehr als eine erwartbare Rotation vor zwei englischen Wochen, zumal van Lent mit Blick auf das Spiel bei Dynamo Dresden am Mittwoch anmerkte, Marseiler sei "dann vielleicht wieder ein Thema" für den Kader. Im Sportpark war vor dem Spiel zu hören gewesen, die Nichtberücksichtigung des 23-Jährigen habe auch einen disziplinarischen Grund gehabt. Angesichts von Tabellenplatz 17 wird sich Unterhaching aber künftig nicht viele Ausfälle von Leistungsträgern leisten können.

© SZ vom 23.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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