Süddeutsche Zeitung

SpVgg Unterhaching:Kleine Lösung mit großen Namen

Der Drittligist SpVgg Unterhaching deckt den Etat für die Lizenzierung vorerst ohne Hauptsponsor. Augenthalers Vertrag wird nicht verlängert, der neue Trainer könnte Heiko Herrlich heißen.

Christoph Leischwitz und Johannes Schnitzler

Ausnahmsweise die gute Nachricht zuerst: Die SpVgg Unterhaching ist nun doch wieder gerettet. "Wir haben eine kleine Lösung gefunden", sagt Präsident Engelbert Kupka, der an diesem Mittwoch die Lizenzierungsunterlagen beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) einreichen muss. Mit "klein" meint er mehrere Geldgeber, die jeweils zwischen 50 000 und 200 000 Euro zuschießen. Insgesamt dürfte es sich um 700 000 Euro handeln. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass Schatzmeister Anton Schrobenhauser wieder einmal in seinen Geldbeutel greifen muss.

Es gibt allerdings auch andere Neuigkeiten, die Fragen aufwerfen. Bedeutende Fragen. Engelbert Kupka und Manager Markus Grünberger lebten in den vergangenen Wochen stets in einem Zustand zwischen gehetzt und nicht erreichbar, sie hatten um Geduld gebeten bei der Sponsorensuche. Vor etwa 14 Tagen hatten sie sich sogar an die Presse gewandt mit der verzweifelten Bitte, einen Hilferuf ins Land abzusetzen, man brauche dringend Geld, sonst sei die Zukunft des Vereins gefährdet. Dabei waren die Sponsoren schon da, sogar die Verträge waren bereits unterschrieben, doch irgendwann in den vergangenen Tagen kam es zu einem massiven Vertrauensbruch. Wer diesen letztlich ausgelöst hat, ist kaum noch nachzuvollziehen - es steht Aussage gegen Aussage, und das in einer komplizierten Dreiecksbeziehung.

Laut SZ-Informationen vermittelte ein Spieler den Kontakt zur Immobilienfirma Biberger aus Sauerlach, die eine Million Euro zur Rettung beisteuern wollte. Gleichzeitig sollte damit aber auch der zweite Sponsor Peter Svetits, ein Freund von Trainer Klaus Augenthaler, aus dem Feld geschlagen werden. Doch beide Sponsoren wollten sich nur gemeinsam engagieren. Am Montag um 8.11 Uhr ließ Biberger den Deal platzen. Der potentielle Sponsor zeigte sich irritiert, dass zehn Prozent der Summe, 100 000 Euro, als Provision an einen Mittelsmann fließen sollten. Ein übliches Vorgehen, hieß es dazu aus Unterhachinger Vereinskreisen. Allerdings soll mit der Provision die Auflage verbunden gewesen sein, Svetits, der 600 000 Euro mitbringen wollte, aus dem Geschäft rauszuhalten. Präsident Kupka hielt ohnehin nicht viel von der kombinierten Lösung Biberger/Svetits: "Auch bei Herrn Svetits gilt die Unschuldsvermutung, aber vertrauenswürdig ist seine Vergangenheit nicht gerade", sagt er. Svetits sagt dazu: "Ich hatte das Gefühl, dass man in Unterhaching keine Kompetenzen abgeben möchte." Kurzfristig wäre er als kooptiertes Mitglied ins Präsidium aufgerückt, mittelfristig Kupkas Nachfolger geworden. Nach der Absage Bibergers ist diese Vereinbarung vorerst hinfällig. Hinfällig ist mittlerweile auch die Frage, ob Trainer Augenthaler noch eine Zukunft im Verein hat. Noch am Dienstagabend gegen 23 Uhr beschloss das Präsidium, den Vertrag mit Augenthaler für die kommende Saison nicht zu verlängern, heißt es aus Vereinskreisen.

Dieser hätte sich trotz eines deutliche schmaleren Etats vorstellen können, bei der SpVgg zu bleiben - der Mannschaft zuliebe. Mit einiger Überraschung habe er am Dienstag gelesen, dass ihm ein Neuaufbau mit jungen Spielern nicht zugetraut werde: "Wer hat denn den Klassenerhalt mit dieser jungen Mannschaft geschafft?" Das 1:0 in Burghausen, das Unterhaching den Einzug in die Hauptrunde des DFB-Pokals und eine 115 000-Euro-Infusion sicherte, ein Kraftakt, den Manager Grünberger mit den Worten beschrieb, die Mannschaft habe gekämpft wie verrückt, wertet Augenthaler als Liebesbeweis der Spieler: "Die haben dort nicht für den Verein gekämpft. Die Jungs haben dort nur für ihren Trainer gekämpft." Direkt nach der Partie hatte Augenthaler gesagt, man könne diesen Erfolg gar nicht hoch genug einschätzen, weil ein Großteil der Aktiven nicht wisse, ob und wie es für sie in Unterhaching weitergehe. Mehrere Spieler haben Verträge, deren Laufzeit sich bei einer bestimmten Anzahl von Einsätzen verlängert beziehungsweise deren Dotierung sich erhöht. Marc Nygaard war einer dieser Spieler - musste wegen mysteriöser Muskelverletzungen zuletzt aber auffallend oft pausieren. Nygaards Vertrag wurde nicht verlängert. Leandro Grech, den Augenthaler halten wollte, sagte, "nur für den Trainer" würde er in Haching bleiben. Wie dieser sich für den Verein einsetze, habe er "noch nie erlebt". Zwei Tage später unterschrieb Grech einen Vertrag beim Ligakonkurrenten VfR Aalen, dem Verein des 2010 bei der SpVgg geschassten Trainers Ralph Hasenhüttl. In Haching sah der Argentinier keine Zukunft mehr für sich. Schon gar nicht ohne Augenthaler.

Bei der SpVgg werden bereits die Namen potentieller Nachfolger für den Trainer mehr oder weniger offen diskutiert. Der Österreicher Georg Zellhofer, 50, im März dieses Jahres "wegen anhaltender Erfolglosigkeit" nach nur vier Monaten beim Traditionsverein LASK Linz entlassen und danach mehrmals zu Gast im Hachinger Stadion, soll trotz aller Beteuerungen von Manager Grünberger, einem Bekannten Zellhofers, einer davon sein; zuletzt beim Derby gegen den FC Bayern II sah man beide ins vertrauliche Gespräch vertieft. Sogar der Name eines möglichen Co-Trainers für Zellhofer kursiert: Oliver Beer, 31, Co-Trainer beim Regionalligisten FC Ingolstadt II, früher unter anderem für den FC Bayern II und Preußen Münster aktiv - ein Grünberger-Bekannter. Und noch einen Namen hat Augenthaler gehört: Heiko Herrlich.

Der ehemalige Nationalspieler (Leverkusen, Mönchengladbach, Dortmund) betreute zwischen 2007 und 2009 die deutsche U17- und später die U19-Nationalmannschaft. Unter DFB-Sportdirektor Matthias Sammer hatte Herrlich als Spieler mit Borussia Dortmund 2002 die Deutsche Meisterschaft gefeiert. Im Oktober 2009 erteilte der DFB Herrlich die Freigabe für den VfL Bochum. Nachdem er den abstiegsgefährdeten Bundesligisten zunächst ins Tabellenmittelfeld geführt hatte, trennte sich der VfL 2010 nach einer Serie von zehn sieglosen Partien zwei Spieltage vor Saisonende von ihm.

Angeblich besteht zwischen Herrlich und der SpVgg seit geraumer Zeit Kontakt. Der 39-Jährige wird als Trainer im Nachwuchsbereich gehandelt, denkbar scheint aber auch eine Konstellation mit Herrlich als Chefcoach. Immerhin eines hätten der alte und der neue Trainer in diesem Fall gemeinsam: Herrlich ist gelernter Bürokaufmann wie Augenthaler. Der sagt: "Mir geht es nicht um Geld. Man hätte mit mir reden können."

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Quelle:
SZ vom 01.06.2011
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