SpVgg Unterhaching:Bayerns neuer Elite-Partner

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Der Drittligist SpVgg Unterhaching erhofft sich von der Kooperation mit dem FC Bayern Vorteile, 1860 verfolgt dagegen ein eigenes Nachwuchskonzept.

Ralf Tögel

Die Frage verbietet sich. Wer sie dennoch stellt, wird außer Unverständnis oder Empörung wenig erfahren. Eine Zusammenarbeit zwischen Bayern und 1860 München? Im Jugendbereich? Absurd, niemals, tabu, kein Kommentar. Die Spielvereinigung Unterhaching aber - manch einer wird sich erinnern, dass die auch mal in der Bundesliga kickte - propagiert die neue "Elite-Partnerschaft" mit dem Branchenprimus in einer Presseerklärung als großen Wurf. "Von der neuen Partnerschaft und ab jetzt engen Zusammenarbeit mit dem FCBayern werden beide Seiten stark profitieren", sagt Jugendkoordinator Manfred Schwabl.

Partner unter sich:  Hachings Nachwuchskicker (rot) genießen die elitäre Form der Kooperation mit dem FC  Bayern, Fürstenfeldbrucks Jugend darf sich immerhin Basispartner des Deustchen Meisters nennen.  (Foto: Günther Reger)

Werner Kern, Jugendleiter des FC Bayern München, begründet den Schritt mit einer größeren Effektivität bei der Talentfindung. "Das war bisher sehr verstreut. Wir haben das System der Partnervereine jetzt gestrafft." 2003 hatten die Münchener es aus der Taufe gehoben, damals mit 15 Vereinen. Die nun auf fast die Hälfte reduziert wurden: Kooperationspartner Nummer eins sind Unterhaching, FCIngolstadt, Kickers Offenbach und der SSV Ulm, 1860 Rosenheim und die SpVgg Landshut sind Regionalpartner, der TSV Milbertshofen und der SC Fürstenfeldbruck Basispartner.

Kern findet es nur folgerichtig, die bisher schon enge Zusammenarbeit mit Unterhaching auf "eine offizielle Basis" zu stellen. Das Prinzip: Talente, die sich bei den Bayern nicht durchsetzen können, sind allemal für die SpVgg interessant. Umgekehrt erfolgt der Zugriff noch direkter: "Wir holen immer wieder gute Spieler." Freilich gibt Kern auch zu, dass die neu gebildete U15-Regionalliga bei der Änderung eine große Rolle gespielt habe. "Wir müssen sehr viel früher sichten, um eine schlagkräftige C2 zu haben." Was unter anderem weitere Wege für die Spieler bedeutet. Bisher gab es zwei Fahrdienste, die Talente aus Landshut oder Rosenheim zum Training chauffierten, das müsse nun erweitert werden.

Die nach unten ausgedehnte Förderung bedeute indes einen immensen Aufwand. "Ich weiß nicht, ob das der Weisheit letzter Schluss ist", gibt Kern zu bedenken, was er an einem Beispiel verdeutlicht. Kommenden Samstag spielt die U15 um 11 Uhr in Freiburg, schon am Freitag müssten die Spieler zwei Stunden früher aus der Schule gehen. "Dann ist Training, dann essen sie noch was, dann sitzen sie fünf Stunden im Bus. Das ist eine enorme Belastung für einen 14-Jährigen." Man habe die Sache "damals vorschnell beschlossen", so Kern, "ich war schon immer skeptisch".

Unterhachings Jugendkoordinator Manfred Schwabl erhofft sich von der Elite-Partnerschaft neue Erkenntnisse: "Der FC Bayern bringt seit Jahren Spieler aus den eigenen Reihen nach oben, das wird schon einen Grund haben." Nun bekomme die SpVgg einen Einblick in Bayerns Trainingsmethoden, könne sich von deren Know-how "ein Stück weit etwas abschauen". Ein weiterer Vorteil sei die bessere Informationspolitik. Bis dato habe es sich ohnehin nicht verhindern lassen, wenn ein Spieler zu den Bayern wollte. Nun aber werde Unterhaching wesentlich früher informiert, wenn Bayern einen Spieler will, und könne im Dialog Einfluss auf die Entscheidung nehmen.

Auf längere Sicht erhofft sich Unterhaching auch einen finanziellen Vorteil: "Wir versprechen uns, dass der ein oder andere Sponsor aus dem Bayern-Pool auch bei uns in der Jugend einsteigt. Es kann nicht sein, dass wir nur für Bayern ausbilden. Das muss ein Nehmen und Geben sein." Dass man eventuell das Bayern-Spielsystem übernehme, will Schwabl nicht bestätigen. "Wir haben grundsätzlich unsere eigene Philosophie. Noch ist alles im Anfangsstadium. Vielleicht kommen solche Themen zu einem späteren Zeitpunkt auf den Tisch."

Beim dritten großen Verein in München, dem TSV 1860, gibt man sich desinteressiert. Jürgen Jung, Chef des Nachwuchsleistungszentrums, will die Kooperation der Konkurrenten nicht kommentieren. "Wir kümmern uns um unseren Bereich." Sechzig arbeite ausschließlich "mit eigenen Leuten." Das Herzstück der Arbeit bei den Junglöwen, wie sich die Nachwuchsabteilung nennt, ist das Scouting. Zwar habe auch Sechzig Partnerschaften und Kooperationen, was sich jedoch vornehmlich auf die "Regionsförderung" beschränke - in Form von Weitergabe der eigenen Konzepte. "Wir bieten Trainerfortbildungen an oder machen Freundschaftsspiele. "Wir unterstützen. Wer nicht will, muss nicht. Wir können einem Partner doch nicht sagen, wie er zu spielen hat."

Jung sagt, man sei mit diesem Konzept sehr zufrieden. Überschneidungen gebe es ohnehin, etwa bei den Eliteschulen des DFB, wie dem Münchner Theodolinden-Gymnasium. "Wenn es besondere Talente gibt, kennen wir sie. Und wir sprechen sie auch an." Eine Kooperation mit den Bayern? Was für eine Frage.

© SZ vom 14.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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