Sportschützen-DM:Erinnerungen an Olympia

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Volle Hütte in Hochbrück: Wie hier beim Luftpistolen-Wettkampf der Frauen bei der Deutschen Meisterschaft 2017 werden auch bei den diesjährigen Titelkämpfen auf der Olympia-Schießanlage wieder viele Sportschützen an den Start gehen. (Foto: Robert Haas)

Bei der DM der Sportschützen in Garching-Hochbrück treten doppelt so viele Aktive an wie bei den jüngsten Winterspielen in Pyeongchang - viele Teilnehmer kommen aus der Region.

Von Julian Ignatowitsch, Garching

Die älteren Schützen denken in diesen Tagen zurück an den Sommer 2000. "Sydney", sagt Ralf Horneber vom bayerischen Schützenbund. "Das war das letzte Mal, dass eine deutsche Meisterschaft kurz vor einem anderen Großereignis stattgefunden hat." Damals wurden die Olympischen Spiele ungewohnt spät ausgetragen, diesmal ist es die Weltmeisterschaft in Changwon, die unmittelbar auf die deutschen Meisterschaften folgen wird. Für die Spitzenschützen stehen jetzt also drei Wochen Wettkampf ohne Pause auf dem Programm. Drei Wochen Stress, Trubel und sportliche Maximalherausforderung. "Das ist schon außergewöhnlich", meint Horneber.

Die deutschen Meisterschaften auf der Schießanlage in Garching-Hochbrück, die von Donnerstag an bis zum 3. September laufen, sind eines der größten Sportevents in Deutschland. Die Zahlen sind jedes Jahr aufs Neue beeindruckend: 6200 Sportler reisen diesmal nach München und gehen in 36 Disziplinen an den Start. Der Großteil (fast 2700) kommt aus Bayern, fast 1000 Medaillen werden vergeben. Zum Vergleich: Bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang waren rund 2900 Athleten am Start. Die deutschen Meisterschaften in München haben also alljährlich olympisches Format.

Eine junge Schützin wie die 27-jährige Münchnerin Isabella Straub erinnert sich zwar rein sportlich gesehen kaum mehr an das Jahr 2000, aber auch für sie ist die mehrwöchige Höchstbelastung mit zwei direkt aufeinanderfolgenden Großereignissen "etwas Besonderes". Straub geht bei den deutschen Meisterschaften vier Mal an den Start (Luftgewehr, Kleinkaliber, Liegendschießen, Mixed), reist dann am 29. August weiter nach Südkorea, wo sie wiederum vier Starts absolviert. Dazu kommt tägliches Training. "Die Vorbereitung läuft auf Hochtouren", sagt sie kurz vor den wichtigsten Wochen des Jahres. Sowohl bei der DM als auch bei der WM will sie in ihren Disziplinen "das Finale der besten Acht erreichen". Schon die deutsche Meisterschaft liege auf Weltcup-Niveau, alle hiesigen Spitzenschützen wie der Goldmedaillengewinner Christian Reitz (Pistole) oder Altmeisterin Sonja Pfeilschifter (Gewehr) sind am Start. Bei der WM sind dann nur die Allerbesten dabei. Zudem geht es um die ersten Quotenplätze für die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio. Damit sind die Schützen wieder in der heißen olympischen Phase.

Während der Gewehrkader sehr breit aufgestellt ist und die nationale Konkurrenz auch nach dem Karriereende von Goldmedaillengewinnerin Barbara Engleder extrem hoch ist, sind bei den Pistolenschützen nach wie vor die Erfolgsträger von 2016 tonangebend: Reitz und Silbermedaillengewinnerin Monika Karsch aus Regensburg sind bei der DM die Topfavoriten. Die Besonderheit des Wettkampfes liegt allerdings gerade darin, dass sich in den Vorentscheidungen Amateur- mit Profisportlern messen können. "Das ist natürlich schon Druck für uns", sagt Profi Karsch. "Jeder ist gegen die Medaillengewinner besonders motiviert."

Ruhe zu finden, ist selbst auf der 24 Hektar großen Schießanlage in diesen Tagen nicht einfach. Überall tummeln sich Athleten, stehen Schausteller, wird zum nächsten Wettkampf aufgerufen. Allein 300 ehrenamtliche Mitarbeiter sorgen als Kampfrichter, Aufsicht oder Helfer dafür, dass alles reibungslos funktioniert.

Für Organisator Horneber mit seiner mehr als 40-jährigen Berufserfahrung ist das längst "business as usual". Für ihn wird es die letzte ganz große Veranstaltung in München sein, bevor er Anfang des nächsten Jahres in Rente geht. Seine Hoffnung: "Gutes Wetter, kein Regen, nicht zu heiß." Denn unter der dicken Schießkleidung verdoppeln sich 30 Grad Außentemperatur schnell mal. Der 64 Jahre alte Horneber geht natürlich auch weiterhin selbst an den Schießstand: Im Liegend-Einzel und mit der Mannschaft - schließlich sind alle Altersklassen vertreten. In den vergangenen sechs Wochen hat er sein Training intensiviert, ein "begrenzter Ehrgeiz" treibt ihn nach wie vor an. "Zwischen Platz zwei und 15 war in den letzten Jahren alles dabei", sagt er. "Eine Medaille wäre schön."

Und dann wird er als Trainer natürlich auch seinen Athleten über die Schulter gucken. Den ein oder anderen Tipp, die ein oder andere Anekdote kann er immer noch loswerden.

© SZ vom 22.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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