Skateboard Street League:Verrückt nach Yuto

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Das Münchner Publikum liebt den jungen Skateboarder Horigome - der aber trotzdem dem Kalifornier Nyjah Huston unterliegt.

Von Sebastian Leisgang, München

Yuto Horigome zeigte keine Regung. Scheinbar unbeeindruckt rollte der 18-jährige Japaner auf seinem Skateboard durch die Olympia-Eishalle und ließ alles an sich abperlen: die ekstatischen Schreie, die rauschhafte Atmosphäre. Die Zuschauer standen Kopf, plärrten ohne Unterlass, warfen die Arme in die Luft. Und Horigome? Keine Jubelfaust, nicht einmal ein Lächeln. Dabei war ihm ein spektakulärer Trick gelungen. Zum x-ten Mal.

Bisweilen wirkt Horigome mit seinem introvertierten Wesen verlegen, vielleicht sogar etwas fehl am Platz in diesem mitunter lauten und markigen Metier der Skateboarder. Actionsportlern haftet das Image des Draufgängers an, einhergehend mit einem unverschämt lässigen Lebenswandel und einer beachtlichen Kühnheit, die sie über den gesamten Erdball trägt, von einem Wettkampf zum anderen. Und Horigome, dieser stille Japaner, mittendrin.

Wie hätte er bloß dem Ansturm an Fans Herr werden sollen, hätte er den Wettkampf beim Munich Mash gewonnen? Horigome inmitten einer euphorisierten Menschentraube, die an ihm zerrt und zupft - da hätte man sich wohl sorgen müssen. Am Ende aber blieb alles im Konjunktiv. Kein Ansturm. Keine Menschentraube. Zumindest nicht bei Horigome. Es gewann Nyjah Huston am Samstagabend, vor rund 5000 Zuschauern bei der Münchner Ausgabe der Street League - der Königsklasse der 30 besten Skateboarder, die diese um den Globus führt. Huston, mal wieder.

Der erst 22 Jahre alte Kalifornier aus Davis bei Sacramento hat längst eine gewisse Routine im Feiern entwickelt, keiner streicht mehr Preisgeld ein als er. 2014 war ihm das bislang einmalige Kunststück gelungen, alle Street-League-Wettkämpfe der Saison zu gewinnen. Am Ende versank Huston auch in München unter all den Menschen, die im Innenraum bis an die Bande des Kurses vorgedrungen waren.

Und Horigome, der Liebling des Publikums, sagte ein paar Meter entfernt: "Die Fans in München sind verrückt. Es ist sehr speziell hier." Lange hatte der noch jüngere Japaner Schritt gehalten mit Huston. Erst mit der vorletzten Einlage zog der Amerikaner an Horigome vorbei. Die Herzen der Zuschauer gehörten aber dem 18-Jährigen aus Tokio. War er an der Reihe, jauchzten die Fans am energischsten.

Auch Frank Seipp geriet ins Schwärmen. "Ich habe ihn bewundert", gestand der Organisationschef des Munich Mash, "er war einfach sensationell, ein Erlebnis. Seine Tricks waren so spektakulär." Das Skaten unterliegt einem derart rasanten Fortschritt wie vielleicht kein anderer Sport. Einlagen, die vor wenigen Jahren noch ungläubiges Staunen provozierten, zählen heute schon zum kleinen Einmaleins der Athleten. Was die Skater am Samstagabend boten, sei Wahnsinn gewesen, erklärte Seipp: "Es war ein einziger Hexenkessel. Wie begeistert die Leute waren, das habe ich im Sport selten erlebt."

Am Ende feierte das Publikum alle acht Athleten, die ins Finale vorgedrungen waren. Und die Skateboarder selbst ließen sich von den Menschen auf der Tribüne mitreißen. Chris Joslin brüllte nach seinem letzten Sprung wie ein Gorilla und riss sich das Shirt vom Leib, Torey Pudwill warf sein Skateboard im Überschwang in die Menge, Dashawn Jordan wenig später auch. Vom Gestänge unter dem Hallendach prallte es ab - und landete inmitten der Zuschauer. Alle Dämme brachen.

Als Horigome kurz darauf vor seinem letzten Versuch stand, um den besten Trick hinzulegen, erhob sich die gesamte Arena und klatschte rhythmisch. Doch Horigome konnte sich nach seinem Trick nicht auf dem Board halten. Huston war wieder der Sieger.

© SZ vom 26.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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