SG Stadtwerke München:Alte Möbel, frischer Anstrich

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Münchens Wasserballer forcieren den Generationswechsel - und kehren pünktlich zum Spitzenspiel der zweiten Liga gegen Tabellenführer Cannstatt ins Olympiabad zurück.

Von Sebastian Winter, München

Wasserballer sind nicht zimperlich, über und unter Wasser wird gezogen und gehalten, dem Gegner an der Badehose gezerrt und auch mal zwischen die Beine gegriffen. Eine Hand im Gesicht, ein Ellbogen an der Wange, ein Fußtritt gegen die Rippen: All das ist nichts Außergewöhnliches. Und wenn man sich ständig bewegen muss, weil das Becken zu tief ist, um darin zu stehen, werden diese Dinge noch ein wenig unangenehmer. Barnabas Kovacs hat trotz der Widrigkeiten einen sehr ordentlichen Einstand beim Zweitligisten SG Stadtwerke München gegeben, der den Tabellenletzten Darmstadt am Samstag mit 21:7 (11:2) geschlagen hat. Kovacs erzielte kein Tor, anders als Kapitän Marko Ristic (3), Brinio Hond (4) oder Ahmed Mohamed (4), "aber er hat das super gemacht", sagt Münchens Trainer Ivan Mikic: "Man sieht, dass er in Ungarn eine sehr gute sportliche Schule genossen hat, weil er taktische Abläufe viel schneller versteht und genau weiß, wohin er sich bewegen muss."

Barnabas Kovacs ist ja gerade mal 16 Jahre alt - und damit der jüngste SG-Spieler in der zweiten Liga. Zurzeit wohnt Kovacs, der aus Budapest stammt, noch in der Nähe von Passau, er pendelt. Doch im kommenden Sommer plant die ganze Familie den nächsten Umzug, nach München. Für die SG ist Kovacs spätestens dann ein weiteres Talent in einer ganzen Reihe, die den Generationswechsel im Team vorantreiben und es in die erste Liga führen sollen. In dieser Saison sind die SG-Wasserballer noch sehr von ihren Führungsfiguren abhängig, zwei recht junge Spieler haben sie - neben Kovacs - zugleich im Januar verpflichtet. Der Italiener Luca Bella (Jahrgang 1998) und der Deutsch-Italiener Paolo Ceruti (1996) spielten wie Kovacs gegen Darmstadt erstmals für die SG, trafen je einmal und überzeugten Mikic: "Sie sind superschnell, wendig, torgefährlich und werden uns einen Schub geben."

Diesen Schub brauchen die Münchner auch nach ihrem holprigen Saisonstart, der den Mitfavoriten zunächst ins Mittelfeld der Liga befördert hatte. Inzwischen ist die SG Tabellenzweiter, allerdings mit respektvollem Drei-Punkte-Rückstand zum Führenden SV Cannstatt. Im süddeutschen Wasserballpokal ist Mikics Mannschaft nach dem 16:13-Erfolg vom Sonntag gegen den Ligakonkurrenten Wasserfreunde Fulda immerhin eine Runde weiter. Am Ende des Spiels häuften sich aber die Fehler bei den Münchnern, und dies passte zur bisherigen Saison: "Wir hatten wenig Zeit, auch durch die Weihnachtspause, an taktischen Sachen zu arbeiten", sagt Mikic, der seit kurzer Zeit am Beckenrand von Bojan Fijatov unterstützt wird. Der Serbe soll ihn mittelfristig ersetzen und ihn sowie die anderen Nachwuchstrainer beim Ausbau der Talentförderung unterstützen. "Wir wollen mehr Jugendliche anwerben, auch an Schulen, und so das Fundament für die nächste Generation schaffen", sagt Mikic.

Ein Basisprojekt ist schon in vollem Gange, die Münchner Junioren spielen in dieser Saison in der U18-Bundesliga mit. Und Barnabas Kovacs ist einer von ihnen. Mit einem Sieg aus acht Spielen ist die SG Fünfter im Sechserfeld, was allerdings auch zu erwarten war. Denn die Gegner sind die besten Nachwuchszentren der Republik, beispielsweise vom deutschen Rekordmeister Spandau Berlin oder den White Sharks Hannover. Am kommenden Wochenende ist der letzte Spieltag vor den Playoffs, die SG trifft auf Berlin (Sa. 16 Uhr) und den Letzten Potsdam (So. 12 Uhr), den sie in der Hinrunde geschlagen haben. Die Rahmenbedingungen stimmen schon mal, denn die Duelle finden im 50-Meter-Becken der Olympiaschwimmhalle statt.

Dorthin ziehen bald auch die SG-Männer, pünktlich zum Spitzenspiel gegen Cannstatt Mitte Februar. Wegen der Sanierung des Bades waren sie jahrelang ins Giesinger Anton-Fingerle-Bad ausgewichen. "Das gibt uns einen Motivationsschub", sagt Mikic über die Rückkehr ins frisch sanierte Becken. Für die Zukunft hat er zugleich ein paar Wünsche: "Eine große Zeitanlage, neue Tore und neue Feldbegrenzungen dürften auch im Interesse der Stadt und der Olympiapark GmbH sein. Dann könnte man hier auch mal internationale Spiele austragen." Das alte Interieur sei nicht mehr heutiger Standard, die Plastikschwimmer für die Trennleinen hätten sie selbst mit der vorgeschriebenen Farbe bemalt. Auch die Feldbegrenzung über Wasser besteht aus einem Provisorium: ineinander gesteckte Gepäckspanner. "Bis das Feld im Wasser liegt, ist das im Moment ein ziemliches Rumgeeiere", sagt Mikic. Seine Botschaft ist klar: Wenn die SG schon in einem so schmucken Domizil spielt, dann doch bitteschön auch mit hübschem Mobiliar.

© SZ vom 21.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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