Serie "Auswärtsspiel":Regenbogenkrieger aus dem Paradies

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Nach fünf Jahren College-Basketball startet der Münchner Christian Standhardinger, 25, seine Profi-Karriere - beim Mitteldeutschen BC. Sein erstes Bundesliga-Spiel führt ihn gleich zum Meister FC Bayern

Von Anna Dreher, München

Wenn alles gut läuft, wird Christian Standhardinger für lange Zeit nicht mehr ins Paradies zurückkehren. Und er wird darüber ziemlich froh sein. Das Paradies, Hawaii, war in den vergangenen Jahren das Zuhause des 25-jährigen Basketballers aus München. Die Inselkette im Pazifischen Ozean ist für viele ein Traumreiseziel. Für Standhardinger war sie eine Etappe auf dem Weg zu seinem Lebenstraum: Basketball-Profi zu werden.

Vor drei Wochen hat Standhardinger Hawaii verlassen. Er ist jetzt nicht mehr Student und Spieler der University of Hawaiʻi at Mānoa. Wenn kommende Woche die Bundesliga startet und der FC Bayern den Mitteldeutschen BC empfängt, verfolgt Standhardinger die Ergebnisse nicht wie früher vor dem Bildschirm. Er ist jetzt Profi beim MBC, es ist seine erste Bundesliga-Saison. "Der Abschiedsschmerz war am Anfang größer als die Vorfreude. Hawaii ist der schönste Fleck, den ich je gesehen habe", sagt Standhardinger. "Aber es ist aufregend, wieder hier zu sein. Ich habe die Bundesliga immer im Hinterkopf gehabt und freue mich auf das, was kommt."

Standhardinger ist einer von fünf Profis, die aus der amerikanischen College-Liga NCAA in die Bundesliga wechseln. Beim Mitteldeutschen BC hat der Powerforward, der auch Center spielen kann, einen Jahresvertrag unterschrieben. Bislang hat der Zugang seinen Trainer Silvano Poropat überzeugt: "Christian ist offensiv ein sehr guter Spieler mit einer guten Intensität, Energie und einem sehr guten Rebound." Mit zwölf fing Standhardinger bei der DJK SB München an. 2006 wechselte er in das renommierte Programm der Urspringschule in Baden-Württemberg, spielte in der Nachwuchs-Bundesliga und in der ProB, der dritthöchsten Liga. Parallel durchlief er alle Nachwuchsteams des Deutschen Basketball-Bundes. Gute Voraussetzungen, um sich in der ersten Liga zu etablieren. Angebote gab es. Aber Standhardinger entschied sich anders und flog nach dem Abitur 2009 in die USA. "Natürlich habe ich davon geträumt, NBA-Spieler zu werden, aber das war nicht ausschlaggebend. In den USA sind Sport und Studium einfach viel besser vereinbar", sagt der 2,03 Meter große Athlet. "Ich wollte nicht mit meinem Leben pokern. Was, wenn ich eine Verletzung habe und dann vor dem Nichts stehe? Ein Studium war mir in dem Moment wichtiger."

Standhardinger studierte an der University of Nebraska-Lincoln BWL und spielte für das Basketball-Team in der National Collegiate Athletic Association. Die Erwartungen konnte er jedoch nicht erfüllen, zudem gab es Streit mit dem Trainer. Nach zwei Jahren musste er die Hochschule wechseln. Die La Salle University in Philadelphia sagte ihm einen Platz zu, aber nachdem ihn die Polizei wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses vorlud, wurde der Vertrag annulliert. "Ich war damals sehr feurig, habe mich auf dem Feld schnell geärgert und bin laut geworden", sagt er. "Ich habe oft falsche Entscheidungen getroffen. Heute würde ich vieles anders machen, ich bin ruhiger geworden."

"Ich war sehr feurig": Sein erstes Bundesliga-Spiel mit dem Mitteldeutschen BC beschert Christian Standhardinger, 25, das Duell mit Meister FC Bayern. (Foto: Imago)

Standhardinger kehrte zurück zu seiner Familie nach München, wo seine Schwestern Kristin und Kathrin beim SV Lohhof Volleyball spielen. Fünf Monate arbeitete er in einer Bar und dachte nach. Dann kam ein Angebot der Universität Mānoa - und er sagte zu. Auf Hawaii wurde er schnell Führungsspieler der Rainbow Warriors. Es gibt Bilder aus dieser Zeit, auf denen man Fans auf der Tribüne sieht, die XXL-Poster von seinem Gesicht in die Höhe halten: Er, der Sohn eines Deutschen und einer Philippinin, war dort Exot. "Das war alles ein bisschen größer in den USA, daran muss man sich erst gewöhnen", sagt Standhardinger.

Er hat viel gelesen während dieser Zeit. Bücher über Psychologie, Sport und Gesellschaft. Basketball ist für ihn eigentlich nur Mittel zum Zweck. "Es gibt Menschen, die lieben diesen Sport. Ich nicht", sagt er. "Was ich liebe, ist der Wettbewerb, der Kampf, wenn ich mich mit anderen messen kann." Im Straftraining mussten sie manchmal Liniensprints absolvieren. Die meisten rollten mit den Augen - Standhardinger hat sich gefreut. Ihn hat das nur noch mehr angetrieben. "Ich will immer besser werden, jeden Tag", sagt er. "Die größte Gefahr des Lebens ist doch, zu früh zufrieden zu sein."

Bisher erschienen: N. Sriram Balaji, Tennisprofi (7.8.); Michael Elmer, Eishockeytrainer (9.8.); Patrick Steuerwald, Volleyballprofi (14.8.); Carlos Escribá Liñero, Hockeytrainer (21.8.); Daniel Heidemann, Fußballtrainer (23.8.); James Craig, Footballtrainer (26.8.); Martin Smolinski, Speedway-Profi (28.8.); John David Hillis, Galopptrainer (30.8); Orkan Balkan und Yasin Yilmaz, Fußballer (3.9.); Nicolas Pohler, Formel-3-Pilot (6.9.); Juan José Castillo Duque, Fußballer (10.9.); Taciana Racende de Lima, Judoka (18.9.).

© SZ vom 25.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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