Süddeutsche Zeitung

Segeln:Keine Panik auf der Titanic

Der Deutsche Touring Yacht-Club hat den desaströsen Start in die Segel-Bundesliga aufgearbeitet, muss sich aber steigern. Der Bayerische und der Münchner Yacht-Club reisen entspannt zum Bodensee.

Von Ralf Tögel, Starnberg/München

Was tun nach so einem Spieltag? Eine Frage, die sich zahllose Trainer nach diesem Wochenende in der Bundesliga wieder stellen werden, zum letzten Mal indes, dafür aber eventuell mit weitreichenden Folgen. Maximilian Weiß hat sich diese Frage auch gestellt, nach dem vergangenen Wochenende. Doch weil der Teammanager des Deutschen Touring Yacht-Clubs (DTYC) nicht im Fußball unterwegs ist, sondern in einer Yacht des Typs J/70, ist seine Saison nach den kommenden drei Tagen nicht vorbei, die Segelbundesliga hat vielmehr gerade angefangen. Und das nicht gerade schön aus seiner Sicht, denn den Saisonstart am Starnberger See hat die Crew des DTYC ordentlich ins Wasser gesetzt. Der 17. und vorletzte Platz entspricht so gar nicht dem Anspruch des Klubs, der hinter dem Norddeutschen Regatta Verein mit zwei Meistertiteln der zweiterfolgreichste in diesem Format ist.

Was tun also? Mund abwischen und weiter, immer weiter? So einfach macht es sich der DTYC-Teammanager nicht, zumal er beim Saisonauftakt in Tutzing das Steuer in der Hand hatte. Die Crew hat sich nach dem verpatzten Wochenende zusammengesetzt und alles "nochmal durchgespielt", erzählt Weiß, schön sei das nicht gewesen. Dafür konstruktiv. Alle Defizite wurden offen angesprochen, "aber wir haben nicht gestritten, die Stimmung war auch danach noch gut". Was wohl in erster Linie daran lag, dass sich keiner aus der Verantwortung nehmen konnte, "wir haben kollektiv die falschen Entscheidungen getroffen", so Weiß, "wir waren auf die Bedingungen nicht richtig eingestellt". Die waren auf dem Starnberger See gelinde gesagt nicht gerade optimal, "wir haben uns bei den drehenden Winden oft falsch positioniert", fand Weiß. "Daher hat es uns meist nach hinten gespült, nicht nach vorne."

Der BYC hat ein einfaches Mittel, um nicht abzuheben: "Wir haben Bleischuhe an", sagt Manager Wolf

Wegen der schlechten Positionierung im Starterfeld, gesegelt wird in Sechser-Flights, zog die Konkurrenz allzu oft am DTYC vorbei, das miserable Endresultat war die Konsequenz. Überraschend kam es darüber hinaus, wie Weiß zugibt, denn in der Saisonvorbereitung am Gardasee habe "es noch sehr gut geklappt". Ein bissschen sei "der Wurm drin, wir sind alle gute Segler, aber wir konnten es nicht umsetzen". Dass sie es können, haben die DTYC-Segler in der Tat schon zur Genüge bewiesen, Weiß etwa hatte beim Champions-League-Triumph vor drei Jahren das Steuer in der Hand. Man werde dennoch weiter an sich selbst arbeiten, Grund zur Panik sieht der Teammanager jedenfalls nach dem verpatzten Saisonstart noch nicht.

Immerhin: Viel Zeit zum Grübeln bleibt nicht, der zweite Bundesliga-Spieltag in Konstanz beginnt an diesem Freitag. "Es ist gut, dass es sofort weitergeht", sagt Weiß, der das Steuer am Bodensee Moritz Bohnenberger überlässt. Was aber keine Konsequenz aus dem ersten Spieltag ist, "wir haben schon vorher die Saison durchgedacht", so Weiß, der Wechsel war beschlossene Sache, damit alle Teammitglieder im Laufe der Saison zum Einsatz kommen. Eine Änderung wird es indes schon geben, Julian Stückl wird die DTYC-Mannschaft begleiten, "zu Lande und zu Wasser", wie Weiß erklärt. Stückl, ebenfalls ein erfahrener Steuermann, wird die Tutzinger Yacht mit einem Motorboot begleiten, "da haben wir immer einen Ansprechpartner", so Weiß.

Beim Bayerischen Yacht-Club (BYC) gibt es weniger Redebedarf, wie Teammanager Ilja Wolf zu berichten weiß. Seine Crew wurde Dritter beim Saisonauftakt in Starnberg, "eine hervorragende Ausgangsposition für die folgenden Rennen", findet Wolf. Er sieht daher auch keinen Handlungsbedarf und schickt dieselbe Besetzung an den Start, zumal Steuermann Veit Hemmeter, der in Starnberg eine furiose Aufholjagd initiiert hatte, das Revier am Bodensee bestens kennt. Trotz des "sicheren Gefühls", das der Saisonstart dem BYC gebracht hat, will Wolf "den Ball flach halten". Er wisse genau, wie schnell man abstürzen kann. Um ja nicht den Bodenkontakt zu verlieren, habe er ein einfaches Mittel: "Wir haben Bleischuhe an."

Auch Michael Liebl blickt mit großer Genugtuung auf das Starnberger Wochenende zurück. Der Teammanager des Münchner Yacht-Clubs (MYC) war ja auch Organisationschef der "1. Starnberger Segeltage", denen nicht einmal das bescheidene Wetter schaden konnte. Ein paar Zuschauer weniger seien gekommen, das schon, sagt Liebl, er konnte sich aber über ein gelungenes Event mit großartiger Stimmung freuen. Auch sportlich war Liebl mehr als zufrieden, denn die junge MYC-Crew landete auf dem achten Platz, der schon mal "ein bisschen Ruhe für den Rest der Saison" bringe. "Das Ergebnis unserer blutjungen Truppe war am Ende des Tages sensationell", so Liebl, am Bodensee werde dennoch die komplette Besatzung ausgetauscht. Auch beim MYC sieht der Saisonplan viel Rotation vor, in Konstanz werde Max Adami steuern, wie die gesamte Crew eine erfahrenere sein wird. Liebl erwartet nicht zuletzt daher "ein ganz solides einstelliges Ergebnis".

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Quelle:
SZ vom 17.05.2019
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