Rudern:Drei Wege in die Zukunft

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Freizeit-, Breitensport- oder Regattaanlage? Der Münchner Regatta-Verein hofft auf die Fortsetzung des Rennbetriebs auf der sanierungsbedürftigen olympischen Ruderstrecke

Von Marcel Bothe, Oberschleißheim

Es war ein prächtiger Samstag, die Sonne schien, der Wind war still. Perfekte Bedingungen für die "1. Internationale Junioren-Regatta", die seit 1995 an der Olympia-Strecke von 1972 in Oberschleißheim stattfindet. Etwa 2000 Zuschauer kamen am ersten Wettkampftag auf die Anlage, die beim 1000-Meter-Turm die Grenze zwischen München und Oberschleißheim markiert, deutlich weniger waren es am Sonntag, von Nieselregen umhüllt. Es ist eine Multifunktionsanlage, genutzt von diversen Ruder- und Kanuvereinen, dazu vom Hochschulsport und als Leistungszentrum des Bayerischen Ruderverbandes. Die Kanuten des MTV München spielen dort Wasserball, es gibt Kanupolo und Stand-Up-Paddling. Wenn das Wetter gut ist und kein Regattabetrieb herrscht, kommen auch Familien und gehen baden. Zwischen Tribüne und Wasser ist ein Weg aus Asphalt, viele Radfahrer und Inlineskater nutzen ihn gerne. Nur eben nicht, während eine Regatta läuft.

16 000 Unterstützer fand eine Petition für die Fortsetzung des internationalen Regattabetriebs

2007 fand hier die Ruder-Weltmeisterschaft statt, bis 2012 jährlich ein Weltcup. Ein blaues Schild am Eingang listet die Veranstaltungen in diesem Jahr auf, 14 sind es noch bis September. Da ist etwa die deutsche Meisterschaft im Kanurennsport, ein größeres Ereignis, oder ein Modellbootrennen, ein kleineres. Bald könnte es aber ganz vorbei sein mit Veranstaltungen. Denn seit 1972 hat sich am Komplex wenig getan, es finden sich Kabel, die man heute gar nicht mehr kaufen kann, und Holzverkleidungen an der Tribüne, die marode sind. Die Toiletten "haben musealen Charakter", sagt Oliver Bettzieche. Er ist der Vorsitzende von Regatta München, einem Verein, der 2013 gegründet wurde mit dem Ziel, den internationalen Regattabetrieb auf der Strecke in Oberschleißheim fortzusetzen. Im Dezember 2016 hatte er deswegen eine Petition gestartet, mehr als 16 000 Unterzeichner dafür gefunden und sie an Christine Strobl übergeben, als Dritte Bürgermeisterin für den Sport zuständig.

Viel Zeit verging, mit losem Kontakt, doch seit Freitag gibt es Hoffnung. Strobl lud zu einer Infoveranstaltung ein, etwa 40 Personen waren dabei, Bettzieche natürlich, Marion Schöne (Olympiapark), Beatrix Zurek (Referat für Bildung und Sport) und Thomas Stamm (Bayerischer Ruderverband). Das Thema: die Sanierung der Strecke. "Ich habe ein gutes Gefühl", sagt Bettzieche. "Ich freue mich sehr, dass es in dieser kurzen Zeit realisierbar war, einen Zwischenstandsbericht abzugeben."

Der sieht aus wie folgt: Zur Debatte stehen drei Szenarien, das erste sieht vor, die Strecke abzureißen und zu einer Freizeitanlage umzugestalten. Dies sei der "worst case", sagt Thomas Stamm, aber auch wenig realistisch. Variante zwei: Nutzung für den Breitensport, also für die Vereine, aber ohne große Regatten. "Eine sehr großzügige Lösung", findet Bettzieche und meint damit, dass die Anlage für diese Zwecke verschenkt wäre. "Wenn man ein Juwel hat, sollte man es auch pflegen." Das Juwel, das sind Regatten wie die am Wochenende, " die etablierte Junioren-Regatta weltweit", sagt Bettzieche. Er favorisiert also Variante drei, die Nutzung der Strecke für Vereine und Regattabetrieb. Auch eine WM dürfe gerne mal wieder her. Bettzieche, der gerne Vergleiche bemüht, sagt: "Wir wollen keine frühlingsfestähnlichen Regatten austragen, sondern Oktoberfestregatten."

Die Strecke bietet für jeden Teilnehmer gleiche Bedingungen, da sie künstlich angelegt wurde, anders als zum Beispiel in Regensburg, wo in der Donau 1000-Meter-Rennen stattfinden, allerdings unter dem Einfluss der Natur. "In Deutschland gibt es nur sechs Strecken, wo über 2000 Meter gefahren wird", erklärt Bettzieche, neben Köln und Hamburg etwa sei das auch Oberschleißheim. Egal, ob er zu einem Wettkampf nach Amsterdam, Rio oder Neuseeland komme, immer heiße es: "Du hast eine der besten Regattastrecken, die es gibt."

Die Dimensionen sind zu groß für heutige Ansprüche: Zwei Hektar umfasst das Gelände, 10 000 Zuschauer fasst die Tribüne. "Bei Olympia gab es am Rand noch Stehplätze", erzählt Bettzieche, heute benötige man eben nicht mehr so viele Plätze. Die Verkleinerung der Tribüne ist ein zentraler Punkt einer möglichen Sanierung, sie kostet zwar auch Geld, doch langfristig spart sie Kosten, für die Wartung etwa. Bettzieche schlägt eine mobile Tribüne vor, die nach den Wettkämpfen wieder abgebaut werden kann, so wie es auch 2016 bei den Olympischen Spielen in Rio gemacht wurde, oder einen Grashügel mit Stufen. Ein weiterer Aspekt ist die Zukunft des Schullandheims, das sich im angrenzenden Jurygebäude befindet, seit 2015 aber nicht mehr betrieben wird. Den Großteil der Zimmer könne man nicht mehr nutzen. "2018 läuft der Brandschutz aus", sagt Bettzieche, die einzige Lösung wäre eine konstante Brandschutzwache. "Vor meiner Haustür habe ich ja auch keine zwei Feuerwehrleute stehen", scherzt er, also müsse saniert werden. Der Neubau des Schullandheims ist in allen drei Konzepten vorgesehen. Welche Variante nun umgesetzt wird, und wie, prüft das Referat für Bildung und Sport, bis etwa Mitte des Jahres solle mit den konkreten Planungen begonnen werden, sagt Thomas Stamm. Abschließend entscheidet der Stadtrat über die Pläne.

© SZ vom 10.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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