Süddeutsche Zeitung

Relegation zur Fußball-Landesliga:Zehn-Minuten-Bretter

Dem SVN München gelingt in der Relegation zur Landesliga ein schneller Dreierpack gegen Cosmos Aystetten - der BCF Wolfratshausen gibt sein Spiel gegen den TV Erkheim ebenso rasch aus der Hand und fürchtet nun den Abstieg.

Von Christoph Leischwitz, Andreas Liebmann und Ralf Tögel

Nein, sie werden ganz sicher nicht blauäugig zum Rückspiel am Sonntag fahren, versicherte Bernd Klemm - auch wenn der SVN München nach dem Hinspiel 3:0 vorne liegt. Denn erstens habe der Trainer des Gegners Cosmos Aystetten, Marco Löring, am Donnerstagabend angekündigt, Jürgen Klopp anrufen zu wollen - um Tipps einzuholen, wie man nach einem 0:3 im Hinspiel ein 4:0 hinbekommt. Zweitens sind sich die Neuperlacher und der FC Barcelona zumindest in einer Sache nicht unähnlich: Es ist ihnen zuwider, sich hinten reinzustellen. Der Zweite der Bezirksliga Süd hat in der Saison immerhin einen Schnitt von 2,4 Torerfolgen pro Spiel erreicht, da werde man jetzt auch bei Cosmos keinen Beton anrühren.

Sie waren schon ein bisschen erstaunt über den Spielverlauf. "In der ersten Halbzeit sah es wie ein 0:0-Spiel aus", findet Abteilungsleiter Klemm, doch kurz nach der Pause sei das Spiel "total gekippt", und der SV-Angriff nutzte die kurze Schwächephase des Gegners gnadenlos aus: Drinos Gerguri, Dennis Yimez und Dimitrios Vourtsis (55., 57., 65.) sorgten innerhalb von zehn Minuten dafür, dass die Neuperlacher kurz vor dem Einzug in die zweite Relegationsrunde zur Landesliga stehen. "Der Erfolg ist für uns völlig überraschend", sagt Klemm. Denn die Mannschaft des scheidenden Trainerroutiniers Nebojsa Stojmenovic plagen arge Verletzungs- respektive Fitnesssorgen. So wurde zum Beispiel aus purer Personalnot gegen Ende noch Malik Abasse eingewechselt, es war sein erster Einsatz nach einem Kreuzbandriss. Der Bayernliga-erprobte Abwehrchef Serkan Türkcan stand das erste Mal nach vier Wochen Zwangspause in der Startelf.

Nach dem Dreierpack hatten die Gäste eine glasklare Chance auf den oft so wichtigen Auswärtstreffer, doch Torwart Daniel Stacheter parierte im Eins-gegen-eins "überragend", lobte Klemm. Das 4:0 in der Nachspielzeit wäre andersherum auch des Guten zu viel gewesen, fand selbst der SVN-Abteilungsleiter - Suchal Amadojin setzte einen Schuss an den Innenpfosten.

Der erste Schritt zu einem "absoluten Traum" ist mit dem klaren Sieg getan. Nicht nur, dass der SVN sehr gerne in die Landesliga aufsteigen würde. Das Rückspiel der zweiten Relegationsrunde fällt zudem auf den 1. Juni, und da feiert der große Breitensportverein seinen 50. Geburtstag, mit 600 geladenen, teils sehr prominenten Gästen. Es wäre perfekt, wenn die Mannschaft auf diese Art mitfeiern könnte, sagt Klemm. Wenn am Sonntag alles klappen sollte, rechnet er mit Moosinning als nächstem Gegner, und das wäre "allerdings eine harte Nuss", glaubt Klemm. Die Mannschaft würde als unterklassiger Gegner in diesem Fall am 1. Juni auswärts spielen. Zum Glück: Ein Heimspiel hätte wohl zu erheblichen logistischen Problemen geführt.

Noch ist alles möglich, so könnte man die Stimmung beim TSV Jetzendorf nach dem ersten Relegationsspiel zur Landesliga beschreiben. Nach dem 1:1 im Heimspiel gegen den FC Moosinning ist die Ausgangslage im Rückspiel zwar knifflig, aber keineswegs aussichtslos. Dabei hat der Zweite der Bezirksliga Nord vor 800 Zuschauern einen 0:1-Rückstand aufgeholt, moralisch dürfte dies Rückenwind geben. Marc Peuker gelang der Ausgleich (49.), nachdem die spielstarken Gäste verdient nach 21 Minuten durch einen Drehschuss von Daniel Mömkes in Führung gegangen waren. "Die sind schon stark", fand Jetzendorfs Spielertrainer Alexander Schäffler. Nicht umsonst habe der Gegner mehr als 30 Punkte in der Landesliga geholt, was Moosinning in der Südost-Gruppe Rang 16 bescherte. Schäffler erklärte seinen Torhüter zum Mann des Abends, Dennis Pöllner habe "überragend gespielt". Immer wieder verhinderte der Keeper mit Reflexen Schlimmeres. So darf sein Team nun durchaus optimistisch zum Rückspiel nach Moosinning (Landkreis Erding) reisen. Es sei keine super Ausgangslage, aber "auch keine schlechte". Verdient hätte es sich der Bezirksligist allemal, findet Trainer Schäffler, denn vor einem Jahr starb der Traum vom Aufstieg ebenfalls in der Relegation. Zwar wurde Landesligist Eching in der ersten Runde bezwungen, das Aus kam dann gegen Neuried.

Neue Garchinger

Drei weitere Zugänge hat der Fußball-Regionalligist VfR Garching am Freitagnachmittag präsentiert: Vom Bayernligisten SV Seligenporten kommt Torhüter Dominik Dachs, 22, ausgebildet in der Jugend des TSV 1860 München und des FC Augsburg, zwischenzeitlich in Schweinfurt aktiv. Der 1,88 Meter große Keeper sei ein Kandidat für die Nummer eins, sagte Sportdirektor Ludwig Trifellner, der früher selbst Torhüter war. Für die linke Außenbahn wurde Janis Marseiler vom SV Pullach geholt, der 20-jährige jüngere Bruder von Haching-Profi Luca Marseiler hat in der abgelaufenen Bayernligasaison 20 Partien bestritten, bevorzugt links in der Abwehrkette. Dritter Neuer ist Angreifer Maximilian Berwein, 23, der für den FC Garmisch-Partenkirchen in der Landesliga inklusive Relegation 23 Mal getroffen hat. "Ein rustikaler, körperbetonter Stürmer", so Trifellner. Zuvor war bereits die Rückkehr von Georg Ball, zuletzt VfB Hallbergmoos, zum VfR bekannt geworden. Stefan Galler

Schäffler schiebt die Favoritenrolle zum Gastgeber, berichtet aber von einer "positiven Stimmung" in der Mannschaft. Er sehe keine Zweifel, sondern großen Glauben. Schäffler hat als Spieler in den vergangenen fünf Jahren dreimal Relegation gespielt, dreimal blieb seiner Mannschaft der Gang nach oben verwehrt. Nur vergangene Saison war der TSV als Fünfter nicht ganz vorne dabei, da gelang ausgerechnet Moosinning der Sprung nach oben. Doch was dem Spieler Schäffler nicht gelang, das könnte jetzt der Trainer Schäffler bewerkstelligen.

Es war ein beinahe schon ein gewohntes Bild, aber das machte es natürlich nicht besser. "Im Endeffekt stehen wir wieder da, schauen uns gegenseitig an und wissen nicht, warum wir eigentlich verloren haben" - so fasste Trainer Philipp Bönig die 1:3-Auswärtsniederlage seines BCF Wolfratshausen am Donnerstag vor 850 Zuschauern im Hinspiel beim TV Erkheim zusammen. Es sei nun "ein ganz dickes Brett", das sie am Sonntag (16.30 Uhr) vor eigenem Publikum zu bohren hätten; nichts verloren für das Rückspiel, alles möglich, klar - aber die Wahrscheinlichkeit, den zweiten Abstieg nacheinander noch zu verhindern, zu dem vor einigen Tagen ein simpler Auswärtssieg in Egg an der Günz genügt hätte, ist alles andere als gestiegen. Und dass die Unzulänglichkeiten, die zu ihrer Niederlage geführt hatten, altbekannte waren, dürfte Bönig so kurz vor seinem Abschied zum Regionalligisten VfR Garching auch nicht beruhigen.

Sie hatten schnell geführt am Donnerstag, mal wieder war es Josef Zander, der schnell und sehenswert traf (9.). "Wir hatten alles im Griff, der Gegner hatte keine Torchance", sagte Bönig, dennoch war er nicht erst gewarnt, als die Gastgeber gleich nach der Pause die Latte trafen. "Wir haben in der Halbzeit schon gesagt, dass wir zu passiv werden", verriet der Trainer. Auch das nichts Neues. In "70 Prozent unserer Spiele", schätzte er, haben die Farcheter geführt, um dann doch nicht konsequent die Entscheidung zu suchen. Und meist war das ähnlich bestraft worden wie diesmal. Ein Ballverlust vorne führte zu einem Strafstoß hinten, die Verärgerung darüber gleich zum zweiten Gegentreffer, von der Führung bis zum 1:3 vergingen ganze neun Minuten (69., 71. 78.). "Das darf nicht passieren", wusste Bönig. Besonders bitter war das dritte Gegentor, weil der Linienrichter "sicher fünf Sekunden lang" die Fahne gehoben hatte - die Erkheimer aber machten weiter, einige Wolfratshauser jedoch blieben stehen, ein Pfiff blieb aus. Angesprochen habe man solche Situationen häufig, versicherte Bönig. Weshalb das "extrem ärgerlich" gewesen sei - "aber auch bezeichnend".

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SZ vom 25.05.2019
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