Oktoberfest 7s:Begraben von Blitzböcken

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Duell in der Luft: Szene aus Rugby-Länderspiel der deutschen Mannschaft gegen Südafrika im Olympia-Stadion in München. (Foto: Juergen Kessler/imago)

Die deutsche Rugby-Nationalmannschaft wird beim Oktoberfest 7s Vierter und zeigt, dass sie mit der Weltelite mithalten kann. Südafrika gewinnt das Endspiel - die Zuschauerzahl bleibt unter den Erwartungen.

Von Ralf Tögel, München

Bronze verpasst, Auftrag erfüllt: So könnte das Resümee der deutschen Rugbynationalmannschaft bei den Oktoberfest 7s lauten. Wobei man berücksichtigen sollte, dass der vierte Platz im erlesenen Feld der absoluten Weltelite im Siebener-Rugby als großer Erfolg zu werten ist. Die Nationalmannschaft, die von Interimstrainer Clemens von Grumbkow angeleitet wurde, hat jedenfalls gezeigt, dass sie den Abstand zu Topnationen wie Südafrika, Fidschi oder Neuseeland in der rasanten, olympischen Rugby-Variante weiter verkürzt hat. Dies war auch die Reihenfolge der drei besten Mannschaften bei der zweiten Auflage des wichtigsten Siebener-Rugby-Turniers auf deutschem Boden.

Grumbkow ersetzte beim Einladungsturnier in München Vuyo Zangqa. Beim Debüt vor zwei Jahren, als Deutschland Fünfter wurde, war die deutsche Rugby-Legende bereits als Co-Trainer mit von der Partie. Der Südafrikaner Zangqa, der als Vater des Aufschwungs der deutschen Nationalmannschaft gilt und im Juli mit der Mannschaft erstmals Europameister geworden war, stellte kurz darauf sein Amt überraschend aus familiären Gründen zur Verfügung. "Wir nehmen sehr viel Selbstvertrauen mit aus diesem Turnier", stellte der Interimstrainer, der demnächst für den neuen Nationalcoach Damian McGrath aus England wieder ins zweite Glied rücken wird, nun lächelnd fest, "wir haben gezeigt, dass wir mitspielen können."

Das darf man im Nachhinein als ziemliche Untertreibung einordnen, denn im Halbfinale gegen den Olympia- und WM-Dritten Südafrika zeigte sich seine Mannschaft nach verschlafenem Start und 0:12-Rückstand weitgehend auf Augenhöhe und hätte in den Schlusssekunden beinahe den Versuch zum Ausgleich ins Ziel gebracht. Doch kurz vor der gegnerischen Endzone wurde der Angriff im wahrsten Sinne des Wortes begraben - von einem Pulk der "Blitzboks". Fast die gesamte Mannschaft Südafrikas lag auf dem Ball mitsamt dem deutschen Angreifer - die Partie ging letztlich mit 12:17 Punkten verloren. Im Gegensatz zu den Springböcken, dem 15er-Rugbyteam, nennen die Südafrikaner die Siebener-Mannschaft Blitzboks, wegen der Schnelligkeit der Spieler. "Wir haben am Anfang zu viele Fehler gemacht,", konstatierte Mannschaftsführer Tim Lichtenberg, dennoch sei er "total zufrieden". Denn das Minimalziel Halbfinale wurde erreicht. "Es ist schon ein tolles Gefühl, gegen die absoluten Topstars hier zu spielen", so der Kapitän weiter, der Vergleich mit den Besten sei zugleich ein wichtiger Ansporn: "Da wollen wir hin."

Auch im Spiel um den dritten Platz bewiesen die Deutschen, dass sie mittlerweile durchaus mithalten können. 12:12 stand es zur Pause gegen Weltmeister Neuseeland, ehe die All Blacks, die pikanterweise in weißen Trikots (mit dunkler Schulterpartie) spielten, da Gastgeber Deutschland in Schwarz antrat, einen unwiderstehlichen Endspurt anzogen. Mit einem 22:12-Erfolg erreichten sie Platz drei. Das Endspiel gewann Südafrika mit der letzten Aktion gegen Olympiasieger Fidschi, Kapitän Siviwe Soyizwapi legte den Ball zum entscheidenden 12:10 in die gegnerische Endzone. Letztmals standen sich Deutschland und Südafrika im Übrigen vor zehn Jahren bei einem Turnier in London gegenüber. Das Wolfpack, wie sich die Deutschen nennen, verlor 0:70. Auch der aktuelle Interimstrainer von Grumbkow musste das Debakel damals auf dem Feld miterleben.

Diese Zeiten scheinen endgültig der Vergangenheit anzugehören, wie Ben Ellermann sagt. Der 21-Jährige steht wie kein Zweiter für den Aufschwung der Auswahl, vor zwei Jahren gehörte er noch zum erweiterten Kader, nun setzt er auf dem Feld gegen die besten Spieler der Welt Akzente. "Nur auf diesem Weltklasseniveau kann man die notwendigen und wichtigen Erfahrungen sammeln", sagt der Hamburger, "es war das erste Mal auf heimischem Boden, dass wir gegen solche Weltklasseteams gespielt haben." Und es sei "recht gut ausgegangen" - die nächste gastfreundliche Untertreibung, die Stimmung auf den Rängen hätte besser nicht sein können. Es sei enorm wichtig, solche Turniere der ersten sportlichen Güte zu veranstalten, um die rasante Vollkontaktsportart auch hierzulande weiter zu pushen. In Ländern wie Südafrika, Australien, Fidschi oder Neuseeland genießt Rugby allemal einen Status, der mit Fußball hierzulande zu vergleichen ist.

Und die Aussichten sind intakt, dass das Oktoberfest 7s eine Fortsetzung in der Landeshauptstadt finden wird: "Ich gehe davon aus, dass es im nächsten Jahr weitergeht", sagte Michael Weber, der Geschäftsführer der Oktoberfest 7s GmbH. Zwar blieb die Zuschauerzahl mit insgesamt 27 500 an den beiden Wochenendtagen unter den anvisierten 32 000 ein Stück weit zurück, aber es kamen immerhin 5000 Menschen mehr als vor zwei Jahren. Und Weber erinnert, dass es sich um ein langfristiges Projekt handele, bei dem private Gesellschafter im Hintergrund stünden. Alles ehemalige Spieler, denen "dieser tolle Sport am Herzen liegt".

© SZ vom 23.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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