Nach dem Drittliga-Derby:"Vielleicht müssen wir mal zum Psychiater"

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Gefrustet: Unterhachings Stürmer Stephan Hain. (Foto: Sven Leifer/imago)

Die SpVgg Unterhaching hadert mit ihrer inzwischen obligatorischen Krise nach der Winterpause.

Von Christoph Leischwitz, München

Es tue schon etwas mehr weh als sonst, "im alten Wohnzimmer" zu verlieren, Manfred Schwabl war schließlich auch mal Spieler des TSV 1860 München und kennt das Grünwalder Stadion nur allzu gut. Was den Präsidenten der SpVgg Unterhaching spürbar mehr bewegte als die 0:1-Derbyniederlage am Dienstagabend, das war das chronische, tiefer liegende Problem. "Keine Ahnung, vielleicht müssen wir alle mal zum Psychiater", sagte er. Wenn man wüsste, woran es liegt, dann würde man es ja abstellen.

Die Diagnose eines Psychiaters könnte lauten: postwinterliche Leistungsstörung. "Seit fünf Jahren haben wir das", schimpfte Schwabl, Ausreden wie verletzte Spieler lasse er jetzt nicht mehr gelten, und heuer habe man in der Winterpause zudem beste Trainingsbedingungen gehabt. Wobei man relativieren muss: In der Saison 2015/16 verlief der Start aus der Winterpause sehr gut, ein Remis und drei Siege.

Besorgniserregend ist, dass diesmal die Leistungsstörung offenbar nahtlos in eine Frühjahrsmüdigkeit übergeht, sie hält nach sechs Niederlagen in sieben Spielen länger an als sonst. Dabei kassiert die SpVgg kaum mehr Tore als davor. Problem ist eindeutig die schwächelnde Offensive.

Torjäger Stephan Hain hat seit Ende November nicht mehr getroffen

Am Dienstag war Stephan Hain immer noch Führender der Drittliga-Torjägerliste, und das, obwohl er seit Ende November, beim 5:0 gegen Kaiserslautern, nicht mehr getroffen hat. Einerseits hat der 30-Jährige zuletzt auch gute Chancen liegenlassen und war mehrmals im Eins-gegen-eins mit gegnerischen Torhütern gescheitert. Andererseits erhält Hain deutlich weniger verwertbare Bälle als früher. "Wir haben sie kommen lassen, aber die Box sehr gut verteidigt über 90 Minuten", analysierte Sechzigs Trainer Daniel Bierofka. "Box" ist Neudeutsch für Sechzehnmeterraum. Hachings Trainer Claus Schromm verstand ihn gut und nickte dazu. Die besten Hachinger Chancen gegen Sechzig hatten Orestis Kiomourtzoglou mit einem Weitschuss (11.) und Sascha Bigalke mit einem direkten Freistoß auf die Latte (67.). Phasenweise zeigten sie gute Kombinationen, was aber im Vergleich zur Hinrunde noch fehlte: das permanente Einschnüren des Gegners und das Erzwingen von Fehlern.

Seine Spieler, erzählte Schromm nach der erneut knappen Niederlage, "hocken gerade in der Kabine und wissen nicht genau, warum es so ist wie es ist". Der Trainer moderiert die nun schon monatelange Negativserie recht gelassen, doch der Frust scheint schon in den Knochen zu stecken. Dass Alexander Winkler im ersten Spiel nach seiner zweiten Gelbsperre innerhalb von zwei Minuten Gelb und Gelbrot sah, das habe schon damit zu tun, sagt Schromm, dass es momentan nicht laufe.

Der Trainer versucht, überraschende Impulse zu setzen, die zurzeit aber meist misslingen. "Keine Ahnung, warum ich runter musste", sagte zum Beispiel Antreiber Bigalke über seine Auswechslung (85.). Bei seiner Auswechselung stand er so weit weg, dass die Hachinger allein deswegen viel Zeit verloren. Auch hatte Schromm zuletzt ungewöhnliche Startelf-Entscheidungen getroffen. Beim 0:1 gegen Meppen etwa war Außenverteidiger Markus Schwabl als Innenverteidiger aufgelaufen.

Den Mittwoch verbrachten wohl alle auf der Couch - zu Hause, nicht beim Psychiater, die Spieler hatten frei. Die nächste Chance zur Selbstheilung wartet am Samstag im Heimspiel gegen Sonnenhof Großaspach.

© SZ vom 14.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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