München Marathon:Zeit für Bleibendes

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Beim Lauf an diesem Sonntag sind keine Rekordjagden zu erwarten. Den meisten der etwa 22 000 Teilnehmer geht es um den Spaß. Und einigen um Geld - das sie für wohltätige Zwecke sammeln.

Von Thomas Jensen, München

Neil Armstrong, Reinhold Messner oder Felix Baumgartner. Sie alle haben etwas vollbracht, was niemandem zuvor gelungen war; was man vielleicht sogar lange für unmöglich hielt. Sie haben Grenzen verschoben. Auch Eliud Kipchoge will ein solcher großer Pionier werden. Der Weltrekordhalter aus Kenia will an diesem Wochenende einen Marathon unter der magischen Marke von zwei Stunden laufen, als erster Mensch. Er selbst vergleicht das mit einer Mondlandung. Leichtathletik-Freunde aus aller Welt werden am Wochenende also sehr gespannt auf den Marathon blicken - allerdings nicht auf den an diesem Sonntag in München. Ihre Blicke richten sich nach Wien, wo am Samstag Kipchoge läuft.

Im Vergleich dazu nimmt sich der München Marathon (Start 10 Uhr) fast wie ein gemütlicher Spaziergang für die etwa 22 000 erwarteten Teilnehmer aus. Auch sie haben 42 Kilometer und 195 Meter zu bewältigen, doch die wenigsten streben nach sportlicher Unsterblichkeit. Viele werden im Gegenteil eher ums Durchkommen kämpfen. Denn auch wenn die bayerischen Meisterschaften integriert sind, entwickelt sich der München Marathon doch mehr zu einem Breitensport-Event.

Olympische Gedanken: Für die Mehrzahl der Läufer beim München Marathon ist Dabeisein vielleicht nicht alles, aber schon eine Menge. Und nicht der Weg, sondern das Ziel ist das Ziel - also das Erreichen des Olympiastadions nach mehr als 42 Kilometern. (Foto: Claus Schunk)

Das lässt sich auch an einem auffälligen Trend erkennen. Die Marathonstaffel ist in diesem Jahr besonders gefragt, sie verzeichnet nach Angaben des Veranstalters gegenüber allen anderen Läufen (Marathon, Halbmarathon, barrierefreier Zehn-Kilometer-Lauf, Trachtenlauf) den größten Teilnehmerzuwachs im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt 3200 Läuferinnen und Läufer gehen in dieser Disziplin an den Start und teilen sich die Marathondistanz in vierköpfigen Teams auf. Entsprechend breitensportlich liest sich auch die Starterliste. "D' Goaßmaßn" sind gemeldet, das "Team Weißwurst" oder "Die Seitenstecher". Ebenfalls eher nicht auf Rekordjagd machen sich 24 Teams, die unter dem Namen "Gemeinsam Gutes Bewegen" antreten. Bei dieser Läufergruppe geht es vielmehr um Geld. Geld, das seit 2010, dem Jahr, in dem ihr Projekt anlief, an humanitäre Einrichtungen gespendet wird. Initiatorin Birgit Daubner-Unterburger erinnert sich an die Anfangszeit der Kampagne zurück: "Ich bin 2006 das erste Mal einen Marathon gelaufen und wusste danach: Nie wieder! Außer für Charity."

Aus dieser unter Qualen geborenen Eingebung wurde im Oktober 2010 Realität, als sie und ihre Mitstreiter erstmals in München liefen, um Gutes zu tun. 100 Läufer, hauptsächlich aus ihrem Kollegen- und Freundeskreis, hatten damals für ihre Teilnahme Geld bei Sponsoren eingesammelt. So kamen bei der Premiere 10 836 Euro zusammen, die in den Ausbau eines Kinderheims in Indien flossen. Seitdem treten die Läufer von "Gemeinsam Gutes Bewegen" fast jedes Jahr in München an und bemühen sich jeweils abwechselnd um Projekte in der Region oder in anderen Erdteilen, die es sich zu unterstützen lohnt.

So profitierten bisher etwa ein Haus für intensivpflegebedürftige Kinder in München, eine Tagesbetreuung für Demenzpatienten in Schongau oder eine Schule im kenianischen Kibera von der Einsatzbereitschaft der Gruppe. In diesem Jahr werden die Erlöse dem Verein "Zansaitos e.V" zugute kommen, der von zwei Münchnerinnen gegründet wurde und dessen Ziel es ist, das Volk der Massai in Tansania zu unterstützen. Aktuell kümmert er sich um den Bau einer Krankenstation und den Ausbau einer Schule. Als Ziel für diese beiden Projekte sind 18 500 Euro angesetzt.

Auch Daubner-Unterberger und Co. gehen durchaus mit Ehrgeiz an den Start: "Bei uns geht es schon nach Leistung", sagt sie. "Aber unsere Leistung ist halt keine Zeit, sondern das sind Spenden." Ihre Startgebühr zahlen die Läufer übrigens selbst: "Manche meinen zu Beginn, das Mitlaufen allein ist schon Charity. Der wichtigste Job ist es allerdings, Sponsoren für seine Kilometer zu akquirieren." Es ist eine andere Art, Grenzen zu überwinden und etwas Bleibendes zu schaffen. Und ganz egal, ob man dafür nun, zwei, vier oder sieben Stunden unterwegs ist.

© SZ vom 12.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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