Süddeutsche Zeitung

Martin Demichelis:Nächster Alumnus auf dem Campus

Der Argentinier steht vor seinem Debüt als Jugendtrainer bei seinem ehemaligen Klub.

Von Christoph Leischwitz

Martin Demichelis hat einmal für die U23 des FC Bayern gespielt, im April 2004. Für ziemlich genau eine Stunde lief er über den Rasen des Grünwalder Stadions, beim Stand von 0:1 gegen die Stuttgarter Kickers wurde der Verteidiger gegen einen Stürmer namens Ralph Hasenhüttl ausgetauscht, die kleinen Bayern verloren 0:2. Damals war der Argentinier 23 Jahre alt und nach einer Fußverletzung gerade wieder fit geworden. Es war eine Zeit unter dem Trainer Hermann Gerland und dem Cheftrainer Ottmar Hitzfeld, in der es durchaus üblich war für einen Profi, zwei Ligen weiter unten Spielpraxis zu sammeln. Jetzt ist Demichelis, 38, zurück. Diesmal als Trainer der U19, die am Sonntag (13 Uhr, Campus) gegen den FC Augsburg ihr erstes Ligaspiel bestreitet.

Durchlässigkeit ist immer noch gegeben, allerdings kaum für aktive Stammspieler - der letzte, de r für die U23 auflief, war Holger Badstuber im November 2016, und das auch nur auf eigenen Wunsch. Dafür arbeiten nun im Nachwuchs sehr viele ehemalige Profis: Miroslav Klose, Walter Junghans, Tom Starke, ebenso frühere Amateure-Spieler wie Stefan Buck. Demichelis, so sagte es Sportdirektor Hasan Salihamidzic Ende Juni, "war sofort bereit, diese wichtige Aufgabe zu übernehmen", er freue sich, "zu seinem Herzensklub zurückzukehren". Auf seine Alumni kann sich der Rekordmeister eben verlassen.

Der ehemalige Nationalspieler bildet eine Doppelspitze mit Danny Schwarz

Es musste schnell gehen damals. Es ist mittlerweile ein offenes Geheimnis, dass sich Salihamidzic in einem wochenlangen Hin und Her mit Klose nicht durchsetzen konnte - der Sportdirektor hatte den Weltmeister von 2014 als U19-Coach vorgesehen, Klose aber wollte unbedingt U17-Trainer bleiben. Offenbar so sehr, dass Klose kurz davor war, ganz aufzuhören bei den Bayern. In diesem Fall schien vorübergehend ein Plan B zu fehlen. Quasi erst mit Trainingsstart der U19 wurde die Personallösung bekannt gegeben.

Demichelis hat seine aktive Karriere beim FC Malaga beendet, danach wurde er dort für kurze Zeit Co-Trainer. Am Campus arbeitet er jetzt in einer Doppelspitze mit Danny Schwarz. "Es war für mich eine der Grundvoraussetzungen, dass ich den Trainerjob mit jemandem mache, der sich bereits bestens in der Bayern-Jugend auskennt", sagt er über die Zusammenarbeit. Er sieht sich selbst offensichtlich als Novizen, denn er sei sehr stolz, ausgerechnet in München seine "ersten Schritte als Trainer machen zu können".

Demichelis' und Schwarz' Hauptaufgabe ist klar umrissen. Titel zu holen wäre zwar ein angenehmes Nebenprodukt, aber nicht zwingend nötig. Vor allem geht es darum, Spieler fit zu machen für den Profikader. Gleich mehrere U19-Spielberechtigte haben schon beachtlich viel Einsatzzeit in der U23 bekommen, die am Wochenende spielfrei hat, Joshua Zirkzee und Oliver Batista Meier zum Beispiel. Weil nun in Meritan Shabani ein Stammspieler der vergangenen Saison zur U23 der Wolverhampton Wanderers wechselt, ist beim Drittligisten im offensiven Mittelfeld sogar noch eine Lücke entstanden. Trotzdem ist es möglich, dass Demichelis und Schwarz den einen oder anderen Spieler zurückbekommen, der zu wenig Einsätze hat. Gleichzeitig dürften Spieler wie Torben Rhein, Lasse Günther oder David Herold (alle 16 Jahre alt) in der U19 gesetzt sein, ebenso der 17-jährige Malik Tillman.

Der Plan am Campus lautet: Rund ein Drittel eines jeweiligen Nachwuchs-Kaders soll aus jüngeren Spielern bestehen, von denen sich dann idealerweise drei bis vier bei den Älteren durchsetzen. Für solche Spieler ist es womöglich von Vorteil, Vorbilder wie Demichelis an der Seitenlinie stehen zu haben, die gleichermaßen motivieren und antreiben, aber auch Selbstvertrauen vermitteln können. Schwarz wiederum kennt als ehemaliger U16-Trainer viele der aktuellen Spieler sehr gut. In der vergangenen Saison wurde die U19 nur Vierter der Süd-/Südweststaffel. Auch, weil einige der Besten schon in der U23 spielten und Batista Meier verletzt war. Ob die Mannschaft diesmal erfolgreicher sein wird, hängt stark davon ab, wie die Trainer-Doppelspitze die Jüngeren integriert. Und ob die Talente diesmal erfolgreicher in die Fußstapfen der Älteren treten können.

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Quelle:
SZ vom 10.08.2019
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