Linksaußen:Rummel im Dschungel

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Johnny Weißmüller als Tarzan war der letzte Sportler, der im Urwald eine gute Figur machte. Das beweist auch die 13. Staffel von "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!".

Von Sebastian Winter

Das Affentheater ist vorbei, hoch lebe der Dschungelkönig. König? Königin! Seit Samstagabend steht fest: Evelyn "The Brain" Burdecki ist die Siegerin von Ich bin ein Star - Holt mich hier raus, vulgo: Dschungelcamp. Das TV-Sternchen fiel bislang in erster Linie durch ihre erfolglose Teilnahme beim Bachelor auf, jenem Format, bei dem rund 20 Frauen um einen muskelbepackten Casanova buhlen und sich dabei möglichst oft anzicken. Außerdem hatte Burdecki angeblich einen kleinen Flirt mit Leonardo di Caprio. Was für eine Fallhöhe!

Eines muss man der neuen Dschungelqueen aber lassen: Tapfer verspeiste sie bei ihrer letzten Prüfung im Finale das köstliche Menü aus Lammhirn, Kamelpenis und einem Dschungel-Bier aus pürierten Kakerlaken, Mehlwürmern und Grillen. Selbst ein lebendiger Skorpion landete in ihrem Magen, was dem Tierquäler-Sender RTL einen Shitstorm einbrachte. Aber was macht man nicht alles für die Quote und 100 000 Euro, die Burdecki nun im gar nicht so abgelegenen Dschungel an der Gold Coast, 120 Kilometer südlich von Brisbane, gewonnen hat.

Herrschings König bevorzugt Gummischlangen und Rote-Bete-Saft

Zwei Dinge lassen sich aus der 13. Staffel folgern: Gut fünf Millionen TV-Zuschauer im Schnitt sind fünf Millionen zu viel. Und Burdecki ist mal wieder der Beweis dafür, dass (Ex-)Profisportler im Dschungelcamp jedes Mal aufs Neue scheitern. In der aktuellen Staffel war ja erstmals eine Sportlerin dabei - die Bob-Olympiasiegerin Sandra Kiriasis. Aber auch sie verlor, wie alle neun Sportskanonen in den zwölf vorherigen Staffeln.

Eike Immel hatte vergeblich versucht, das Preisgeld für seine dringend nötige Hüftoperation einzuheimsen, Thomas Häßler irrlichterte lustlos durch die Sendung. Ailton sagte dauernd, er sei "mental eine bomb", lümmelte aber fast nur in der Hängematte und hatte bald zu viel Heimweh. Jimmy Hartwig wurde immerhin Vierter, kündigte nach der Show aber wegen der Schlangenteichprüfung an, zum Psychologen zu müssen. Und Ansgar Brinkmann war eh alles zu blöd. Kaum anders als den Fußballern erging es Hochspringer Carlo Thränhardt und Eiskunstläufer Norbert Schramm. Nur Schwimm-Weltmeister Thomas Rupprath und Fußball-Proll Thorsten Legat ("Junge, mach' Kasalla!") schafften es in ihrer zweiten Karriere aufs Treppchen, aber was ist schon Bronze im Camp?

Der Dschungel (oder das, was RTL den Millionen als solchen verkaufen will - es gibt Hubschrauberlandeplätze, eine riesige Regenschutz-Plane, künstlich angelegte Wasserfälle und fünf Kilometer entfernt eine Schule) ist auch nicht mehr das, was er mal war: Früher kämpften dort wenigstens noch wahre Helden ums Überleben, wie Rüdiger Nehberg oder Major "Dutch" Schaefer (alias Arnie Schwarzenegger), der es 1987 mit dem kakerlakenhaften Predator zu tun bekam. Auch unvergessen: 1974, Ali gegen Frazier, "Rumble in the Jungle", 4 Uhr nachts im damaligen Zaire.

Ach, warum nehmen sich die Dschungel-Sportler nicht einfach ein Beispiel an Herrschings Volleyballern. Die spielen neuerdings die Urwald-Soap nach und lassen ihren König, Hallensprecher und DJ Alex Tropschug Schlangen vertilgen, Bisoneier runterwürgen und Tierblut trinken. Alles ganz harmlos, in Form von Gummischlangen, Hühnereiern und Rote-Bete-Saft. Tropschug weiß als Mitglied des örtlichen Bauerntheaters, dass mit einer guten Show oft mehr gewonnen ist als mit verzweifeltem Ehrgeiz.

© SZ vom 28.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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