Linksaußen:Kuriose Bruderschaften

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Elf Brüder müsst ihr sein! - Ein Amateurfußballverein klettert von der neunten bis in die sechste Liga ohne seinen Spielern Geld zu bezahlen. Der Schlüssel ist Zusammenhalt.

Kolumne Von Andreas Liebmann

Die Gebrüder Hoeneß. Oder Rummenigge. Die Benders natürlich. Die Zverevs. Die Klitschkos. Wo immer Brüder gemeinsam ihrem Sport nachgehen, Seite an Seite, am besten in einer Mannschaft, da ist die Welt noch in Ordnung. Wenn sie später sogar gemeinsam auf einer Trainerbank sitzen wie Niko und Robert Kovac - umso besser.

Manchmal geht das über traute Zweisamkeit auch hinaus, wie bei den Mayers aus Deisenhofen, die alle aus der eigenen Jugend kamen, die früher gerne mal zu viert auf dem Rasen standen (und sich obendrein der plumpen Abkürzung ihrer Vornamen in Spielstenogrammen durch den simplen Trick entzogen, dass sie alle vier "M. Mayer" heißen). Die De Pratos waren gelegentlich sogar zu fünft unterwegs. Das kann auch im Fasching mal ganz praktisch sein, wenn sich alle blau anmalen und weiße Mützen aufsetzen - auf dem Rasen jedenfalls macht es Spaß.

Von den De Pratos gibt es aktuell (nachdem sie sich zuletzt über diverse Klubs verteilt hatten) gewisse Wiedervereinigungstendenzen zu berichten. Thomas De Prato wird im Sommer zum Kreisligisten 1906 Haidhausen wechseln, wo Florian und Stefan bereits auf ihn warten. Seine Unterschrift soll bei einem gemeinsamen Restaurantbesuch auf einer weißen Serviette festgehalten worden sein, ganz so wie seinerzeit bei Messis erstem Kontrakt mit dem FC Barcelona.

Es ist ein lustiger Zufall, dass vor einigen Tagen auch Ferdinand Tille seinen Vertrag bei Herrschings Volleyballern verlängert hat, denn von ihm gibt es ein Foto, das zeigt, wie er seine Unterschrift in einem Restaurant auf einem Bierdeckel leistet (die Servietten hatten wohl die De Pratos mitgenommen). Es ist unwahrscheinlich, dass alle Vertragsinhalte auf den Bierdeckel passten, schließlich geht es um ein Erstliga-Arbeitspapier, trotzdem gibt es eine Parallele zur Familie De Prato: Die Brüder Tille spielen ja auch zu dritt Volleyball, wenn auch nur zwei von ihnen in Herrsching. Der dritte ist ein Libero wie Ferdinand, weshalb das schwierig wäre (die De Pratos hätten es vermutlich auch nie alle in ein Team geschafft, wenn sie Torhüter gelernt hätten).

Nun aber zur Satiresendung quer, und damit zu den Gebrüdern Schnitzlbaumer und Specker. Die stehen jeweils zu dritt in Diensten des SV Bad Heilbrunn, und ihre Art, dort alljährlich Verträge zu signieren, ist derart kurios, dass sie damit nun sogar ins Fernsehen kamen. Denn sie unterschreiben ... - na? Auf Lederhosen? Mit selbstlöschender Tinte? Mit Krötenblut? Nein, es ist noch viel verrückter: Sie unterschreiben: gar nichts. Keiner im Team des Trainers Walter Lang macht das. Denn - und das ist jetzt wirklich kein Tippfehler: Niemand dort bekommt Geld!

Das ist nicht nur deshalb ganz und gar erstaunlich, weil Moderator Christoph Süß die Bad Heilbrunner versehentlich als "Viertligisten" anmoderierte, während sie tatsächlich gerade von der Kreisklasse in die Landesliga durchmarschiert sind, also von der neunten in die sechste. Denn auch dort stellen die Bad Heilbrunner eine derart unerhörte Seltenheit dar, dass ein Fernsehbeitrag allemal gerechtfertigt ist. Das macht diese Geschichte einerseits schön, andererseits traurig.

Als Beispiel für Normalität im Amateurfußball muss in dem Beitrag etwa die DJK Vilzing herhalten: Ein Dorf mit 500 Leuten - da wäre es doch "ein Wunder", wenn alle von da stammten, argumentiert der Sportchef. Schwein gehabt, die Redaktion hätte ebenso gut den FC Pipinsried als Beispiel wählen können. Und der SV Türkgücü-Ataspor rekrutiere gar "ehemalige türkische Nationalspieler" (wer auch immer das sein soll). Man hätte zig Vereine heranziehen können, bei denen sich die Zuschauer die Namen der Spieler nicht mehr merken können. Die Heilbrunner planen dagegen auch nach dem jüngsten Aufstieg keine Zugänge, die ja anderen die Plätze rauben würden; die einzigen beiden Neuen, die mal kamen, kenne man seit der fünften Klasse, sagen sie. Geld mache mehr kaputt, als es helfe. Sie regeln alles durch Zusammenhalt. Quer nennt es "eine Rebellion". Man könnte auch sagen: Elf Brüder müsst ihr sein! Und dazu nicht einmal verwandt ...

© SZ vom 20.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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