Linksaußen:Grüße von Muki

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Bei Basketballübertragungen im Bezahlfernsehen werden die Protagonisten neuerdings verwanzt. Fehlt nur noch ein Übersetzer.

Kolumne von Ralf Tögel

Gerade in diesen Zeiten des Retortensports wird man schmerzlich daran erinnert, wie wichtig Emotionen im Wettkampf sind. Solange sie keine Formen annehmen, wie jene Racheaktion von Zlatan Ibrahimovic, der sich vier Jahre nach einem üblen Foul von Marco Materazzi mit einem Kung-Fu-Tritt rächte, was für den italienischen Verteidiger im Krankenhaus endete. Ganz zu schweigen von Roy Keanes Revanchefoul an Alf Inge Haaland, Papa von Dortmund-Stürmer Erling, das die Karriere des Norwegers beendete. Will man nun der zuschauerlosen Zeit in den Hallen und Stadien etwas Positives abgewinnen, dann vielleicht, dass der Fan vor der Glotze am verbalen Geschehen besser teilhaben kann, man versteht jetzt ganz gut, was Spieler oder Trainer so von sich geben. Was dem Pay-TV-Anbieter Magentasport nicht genug war, der übeträgt unter anderem die Basketball-Bundesliga und hat nun zum zweiten Mal zwei Protagonisten verkabelt. Waren es beim ersten Versuch die Kapitäne, so wurden jetzt im Test der Bayern gegen Bamberg die Trainer verwanzt.

Bayern und Bamberg, ewige Rivalen, dazu noch die Konstellation, dass Münchens neuer Coach Andrea Trinchieri weiland in Bamberg vom Hof gejagt wurde, der Italiener ist zudem als reichlich heißblütig bekannt. Das versprach gute Unterhaltung, die aber früh ein Ende fand. Mitte des zweiten Viertels nämlich bekam Trinchieri sein zweites technisches Foul und musste aus der Halle, sprich vom Kabel. Man hatte es trotz der Liveübetragung gar nicht so recht mitbekommen, ein lauter Schrei nach einem strittigen Foul, gut, aber dafür aus der Halle fliegen? Kein Wutanfall, keine Beleidigung, nichts - stattdessen eine ruhige Diskussion mit dem Referee und der FCB-Coach verließ verständnislos lächelnd die Halle.

Zuvor hatten Trinchieri und der Referee auf serbisch oder kroatisch diskutiert (der Italiener hat eine kroatische Mutter), so genau war das für den Laien nicht zu entschlüsseln. Der Name des Schiedsrichter im Übrigen ist Armin Mutapcic. Mutapcic? War da nicht was? Richtig, es ist der Sohn von Emir "Muki" Mutapcic, dem beliebten Co-Trainer, der wegen Trinchieris Verpflichtung nach sieben Jahren beim FCB gehen musste. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Eigentlich war ja dank des Mikrofons am Trainerkragen alles gut zu hören, die Sprache war das Problem. So bleiben Fragen: Hat Mutapcic junior einen Gruß vom Herrn Papa ausgerichtet? Hat Trinchieri Verdacht geschöpft, dass es schnöde Rache war? Hat er gleich angekündigt, den Unparteiischen fortan abzulehnen, was beim FCB schon mal vorkommen kann?

Komischerweise schienen nur die Bamberger erschrocken zu sein, denn nach bis dahin ausgeglichenem Spielverlauf waren die Gäste plötzlich chancenlos. Was lernt man daraus? Vielleicht sollte Bambergs Trainer auch mal vorzeitig in die Kabine gehen. Und der übertragende Sender beim dritten Versuch über einen Simultanübersetzer nachdenken.

© SZ vom 28.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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