Linksaußen:Erfrischungen in der Wüste

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Der Klimawandel schlägt auch im Sport immer mehr durch. Etwa beim Eishockey.

Kolumne von Andreas Liebmann

Neulich am Starnberger See. Ein viel zu laues Lüftchen wehte die Gesprächsfetzen zweier Männer ans Ufer, die bis zum Bauch im Wasser standen. Es ging, natürlich: um Frost. Darum, dass dieser See früher im Winter oft zur Gänze zugefroren war, was ähnlich auch für den Chiemsee gelte und jeweils schon lange nicht mehr der Fall gewesen sei. Offenbar kühlte das Wasser von unten derart unzureichend, dass sich die beiden von ihrem kalten Gesprächsthema oberhalb Abkühlung erhofften.

Wer einen Höß-Gedächtnis-Rasen will, sollte wohl auf Plastik setzen

Sie hätten auch über Eishockey reden können. Der EHC München trainiert bereits wieder auf Eis. Allein das Schreiben dieser Zeilen erfrischt. Doch dem Thema Hitze ist nicht so leicht zu entkommen. Denn was machen, sofern sich die Temperaturen in Zukunft so weiterentwickeln, Vereine wie der EHC Klostersee mit seinem halb offenen oder gar der TuS Geretsried mit seinem ganz offenen Eisstadion? Trainingsstart kurz vor Weihnachten? Wo wäre der EC Bad Tölz heute, hätte der benachbarte SC Reichersbeuern Kindern einst nicht auf einem Freiplatz den Eishockeysport nähergebracht? Hätten die Kleinen nicht auf jedem zugefrorenen Weiher im Oberland Schlittschuhe geschnürt?

Kürzlich hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland gefordert, wegen der Dürre müsse Angela Merkel ihren Sommerurlaub abbrechen und sofort heimkehren - offenbar in der Annahme, das bloße Erscheinen der Kanzlerin würden die Umgebungstemperaturen sinken lassen und ihr Gesichtsausdruck könne Regenschauer auslösen. Inzwischen ist klar: Es hat nicht geholfen. Der Klimawandel wird sich nicht so leicht stoppen lassen. Und er wird sich auch auf den Sport auswirken. Eigentlich ist es seltsam, dass sich die Eishockey-Variante auf Inlinern und Beton eher rückläufig entwickelt; dass nicht längst Skifahren auf Quarzsand Trend ist, wo doch absehbar ist, dass das mit dem Schnee nicht mehr funktioniert - und dass all die neuen Beschneiungsseen in den Bergen eher zum Löschen von Waldbränden hilfreich sind.

Auch der Fußball muss sich Gedanken machen. Etwa, ob Weltmeisterschaften künftig auch außerhalb Katars eher Richtung Winter gehören. Ob, wer einen Konrad-Höß-Gedächtnis-Rasen will, nicht besser auf Plastik setzt. Wo Gemeinden oder Vereine ihre Plätze nicht permanent fluten, sind aktuell Wüstenlandstriche zu finden. All die neuen Kunstrasenflächen, die in München zum Teil die berüchtigte rote Erde ersetzen, könnten künftig vor allem im Sommer hilfreich sein - wenn man keinem mehr zumuten will, auf verdorrten Braune-Erde-Plätzen zu spielen.

Übrigens wird Wasser in der Leichtathletik bald viel dringender gebraucht. Damit nicht nur ein paar Hindernisläufer in den Genuss einer Erfrischung kommen, böte es sich ja geradezu an, Wassergräben demnächst nicht nur durch jubelnde Speerwurf-Sieger zu zweckentfremden, sondern sie etwa auch hinter jeder Hürde zu errichten. Warum nicht auch Hochspringer in Pools landen lassen? Oder Langstreckenläufe im knietiefen Wasser eines Seeufers austragen? Nur nicht am Starnberger See - da stehen schon welche...

© SZ vom 13.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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