Linksaußen:Dreiste Virtuosen

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Im Suchen von Ausreden nach Niederlagen können die Münchner Amateurfußballtrainer noch viel lernen

Von Stefan Galler

Der Blumentopf auf dem Balkon ist dem Lederball zum Opfer gefallen, das sündhaft teure Longboard derart ramponiert, als wäre einer den Grand Canyon damit hinuntergebrettert, die Mathe-Klausur ging total in die Binsen - wenn Kinder Mist bauen, begeben sie sich auf die Suche nach Ausreden. Und diese sind selten plausibel, sondern meist ziemlich hanebüchen. Am einfachsten: Man schiebt das Missgeschick auf einen anderen. Also: Der Blumentopf ist natürlich nur deshalb hin, weil der Freund eines Nachbarsjungen ein militanter Keramik-Hasser ist. Oder: Das Skateboard schaut aus wie vom Schrottplatz, weil man wegen eines rücksichtslosen Autofahrers nur mit Mühe einen Crash vermeiden konnte. Und die Mathe-Prüfung? Da wurden ganz andere Sachen abgefragt, als der Lehrer vorher angekündigt hatte. Logo.

Auch im Sport hat man ein leichteres Leben, wenn man sich nach Niederlagen als Virtuose auf der Klaviatur der Ausreden erweist. Gerade die Fußballer wissen ganz genau, wie man sich windet und wendet, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht - und keiner ist dabei dreister als Chelsea-Coach José Mourinho, der in seiner Zeit bei Real Madrid beispielsweise die fehlenden Balljungen für eine Supercup-Niederlage beim FC Barcelona verantwortlich machte. Der Daily Mirror hat zuletzt sogar einen "Mourinho-Ausreden-Generator" kreiert.

Da sind die heimischen Fußballmacher geradezu Waisenknaben: Pipinsrieds Präsident Konrad Höß etwa sucht die Schuld häufig beim Trainer, was dann nicht selten in eine vorzeitige Trennung mündet; während sein aktueller Übungsleiter Ömer Kanca, möglicherweise in Vorahnung der Dinge, die ihm bevorstehen könnten, das jüngste Ausscheiden aus dem Toto-Pokal gegen Bezirksligist Haidhausen mit dem ungewohnten Kunstrasen, dem Ball und dem diffusen Flutlicht in Verbindung brachte. Pullachs Coach Frank Schmöller geht nach Niederlagen meistens ziemlich brachial auf seine eigene Elf los, dagegen schießen Heimstettens Macher im Misserfolgsfall oftmals ohne Deckung auf den vermeintlich Unparteiischen.

Ein bisschen mehr Innovation wäre den Herren angeraten. Vielleicht sollten sie sich ein Beispiel am ukrainischen Kicker Wladyslaw Waschtschuk nehmen. Der Verteidiger begründete die 0:4-Pleite seines Nationalteams bei der WM 2006 gegen Spanien folgendermaßen: "Die Frösche haben nachts so laut gequakt, dass wir kaum schlafen konnten."

© SZ vom 24.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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