Linksaußen:Der Trend geht zum Zweitberuf

Lesezeit: 2 min

Was tun, wenn das Karriereende gekommen ist? Die einen werden TV-Experten, andere wechseln einfach die Disziplin.

Von Johannes Schnitzler

Und nun? Das ist die Frage, die sich brettlbreit am Ende eines jeden Arbeitslebens (m/w/d) vor dem Eintritt in den sogenannten Ruhestand aufbaut. Auf Weltreise gehen? Tulpen züchten? Die Enkel verziehen? Oder noch mal etwas ganz Neues anfangen? Hat ja nicht jeder eine Briefkasteninsel, auf die er sich zum Zählen seiner Schwarzgeld-Millionen zurückziehen kann.

Auch Profisportler, die meistens mit Mitte Dreißig die einschneidende Zäsur in ihrem beruflichen Curriculum Vitae erreichen, stehen vor dieser existenziellen Frage: Was tun, selbst wenn man (zumindest die glücklichen unter ihnen) finanziell ausgesorgt hat, aber noch so viel unerfüllte Lebenszeit vor einem liegt?

2019 ist bislang das Jahr der großen Rücktritte. Erst Felix Neureuther, 35, dann sein Dauerkonkurrent Marcel Hirscher, 30, zuletzt Neureuthers kickender Kumpel Bastian Schweinsteiger, 35. Gut, Michael, 42, und Ewald Matejka, 67, fallen altersmäßig etwas aus dieser Gruppe, bleiben ihrem SV Heimstetten aber als Vereinswirt und Faktotum irgendwie erhalten, auch wenn sie bald nicht mehr Abteilungsleiter und Präsident sein werden. Auffällig ist die Häufung der selbst gewählten Demissionen aber schon.

Winkler: Comeback mit 48 in der Champions League

Bestseller-Kinderbuchautor Neureuther ("Auf die Piste, fertig, los") muss sich wegen Altersarmut keine Sorgen machen. Der Sunnyboy der Nation wird Experte bei der ARD für Fußball, sein Buddy Bastian co-kommentiert künftig alpine Skirennen. Oder war es anders herum? Egal, am besten stellen die Kollegen vom Ersten den Felix und den Basti gleich gemeinsam vors Mikro, den Rest erledigen die beiden schon. Fehlt nur noch Poldi. Einer muss ja ernst bleiben. Und wenn man sich das Gehalt für die ModeratorInnen einspart, ist die Gage für die Promis fast schon wieder drin. Nur: Was macht man dann mit den ganzen ModeratorInnen? Nicht jeder ist so vielseitig verwendbar wie zum Beispiel Petr Cech.

Der Welttorhüter von 2005 und bis 2016 Stammkeeper der tschechischen Nationalmannschaft war jener Schlussmann, der bei einem bösen Zusammenprall mit einem Gegenspieler einen Schädelbruch erlitt und deshalb seit 2006 mit einem eigens für ihn angefertigten Helm spielte. Der Helm machte ihn - neben seinen Leistungen als Sportler - weltberühmt. Cech war übrigens Fußballtorwart. Nach der vergangenen Saison und vier Meistertiteln beendete er seine Profikarriere in der englischen Premier League - und wechselte, mit 37, zum Eishockey. Auch eine Helmsportart.

"Nach 20 Jahren im Profifußball wird es eine wundervolle Erfahrung für mich sein, das Spiel zu spielen, das ich als Kind so geliebt habe", sagte Cech. Bei seiner Premiere vor zehn Tagen für die viertklassigen Guildford Phoenix hielt er im Penaltyschießen zwei Versuche, Guildford gewann 3:2, und Cech wurde zum "Man of the Match" gewählt. Dem Vernehmen nach soll der EHC Red Bull München bereits an einer Verpflichtung Interesse signalisiert haben. Dort gab vergangene Woche Christian Winkler als Ersatztorwart sein Comeback in der Champions League. Winkler ist Sportgeschäftsführer der Münchner. Und 48.

Cech wird dem Vernehmen nach vorerst aber in Guildford bleiben. Aus einer geheimen, nur der SZ zugänglichen EHC-Quelle heißt es: "Wir werden Petr behutsam an seine Aufgabe heranführen und langsam aufbauen. Wir wollen ihn nicht verheizen. Er hat noch so viel Zeit vor sich." Wenigstens einer, der weiß, was ihn im Ruhestand erwartet.

© SZ vom 21.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: