Süddeutsche Zeitung

Linksaußen:Der Drang zur Geldverbrennung

Was haben Hasan Ismaik, Klaus-Michael Kühne und Ralf Pape gemeinsam? Sie haben viel Geld in Sportvereine gepumpt - mit wenig Erfolg.

Von Andreas Liebmann

Marc-Uwe Kling - für alle, die ihn nicht kennen: ein in Berlin lebender Kleinkünstler, der mit einer Trilogie über ein kommunistisches Känguru bekannt wurde -, hat ein Gesellschaftsspiel herausgebracht. Es basiert auf der Idee, Zitate falsch zuzuordnen, um ihnen dadurch einen neuen, komischen Sinn zu geben. Man bekommt also Kärtchen mit Sprüchen bekannter Personen in die Hand und versucht, deren Urheber auf kreative Art auszutauschen. Etwa so: "Das Boot ist voll." (Noah, Sohn des Lamech). - Oder: "Der angerufene Teilnehmer antwortet nicht." (Gott) - Oder auch, leichteres Thema: "Wenn man ein 0:2 kassiert, dann ist ein 1:1 nicht mehr möglich." (Satz des Pythagoras) - Verstanden?

Wer Lust hat, darf nun zu Schere und Papier greifen und das Ganze mit folgenden drei Sätzen mal durchprobieren:

1. "Der Verein macht es mir nicht leicht zurzeit. Er quält und schmerzt mich."

2. "Es macht einfach keinen Sinn, weiter Geld zu verbrennen."

3. "Für mich ist dieser Verein eine Geldvernichtungsmaschine."

Und hier die Urheber: Klaus-Michael Kühne (Milliardär und Mäzen beim Hamburger SV); Ralf Pape (Spediteur und einstiger Geldgeber der Füchse Duisburg); Hasan Ismaik (Investor des TSV 1860 München). Vielleicht noch zur Erläuterung: Pape hat zwischen 2005 und 2009 mehrere Millionen in die Duisburger investiert, die in der DEL trotzdem immer Letzte waren. Wer mag, kann auch seine folgenden Zitate verwenden: "Die Jungs hatten bei uns das Schlaraffenland. Autos, Wohnungen und und und. Doch Holiday on Ice ist jetzt vorbei." Oder, Thema Teambus: "Die steigen da gut gelaunt ein, spielen Karten und lachen. Das ertrage ich nicht." Und nun frohes Basteln.

...

Wer inzwischen fleißig war, wird gemerkt haben: Hier funktioniert alles mit allem. Das mag dann nicht mehr komisch sein, dafür tröstlich, zumindest für die drei genannten Herren: Sie sind nicht allein. Nicht mal in ihrer Hartnäckigkeit. Pape ist kürzlich erneut den Füchsen zu Hilfe geeilt, Kühne bleibt dem HSV erhalten, ob der will oder nicht. Und Ismaik sowieso, ganz egal, wie einfallsreich ihn die Löwen auch zu verschrecken versuchen.

Es ist schon ein witziger Zufall, dass Ismaik ausgerechnet in jener Woche sein Geldvernichtungsmaschineninterview gibt, in der in dieser seltsamen bajuwarischen Metropole, erstens: die SpVgg Unterhaching ihren Börsengang ankündigt; und zweitens: Türkgücü München seine erste Mannschaft zur Kapitalgesellschaft umwandelt und dem Unternehmen des Vorsitzenden Hasan Kivran zuschlägt. Haching, zur Einordnung, hat die vergangene Drittligasaison mit einem Mini-Etat vor den Löwen abgeschlossen, trotz der 70 Millionen, die Ismaik schon zuschoss. Nun strebt die SpVgg in Liga zwei, wo sich der HSV gerade häuslich einrichtet - trotz Kühnes etwa 100 Millionen Euro.

Auch Türkgücüs Geldgeber sind für Regionalliga-Verhältnisse alles andere als geizig, aber sie bekommen dafür bislang wenigstens angemessene Ergebnisse. Spätestens wenn sie die Löwen eingeholt haben, wäre man versucht, Ismaik ein Praktikum bei Kivran zu empfehlen. Oder gar ein Engagement, als Junior-Investor.

Ach ja, zum Schluss vielleicht zwei Zitat-Ideen: "Schön, die Phönizier haben das Geld erfunden. Aber warum so wenig?" (TSV 1860). Und: "Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein." (Hasan Kivran)

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Quelle:
SZ vom 01.07.2019
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