Linksaußen:Aus der Höhle auf die Wiesn

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Wenn Rugby-Spieler auf Zeltordner treffen, dann könnte es dieses Jahr zünftig werden: Beim "Oktoberfest 7s" treffen echte Kerle aufeinander.

Von Ralf Tögel

Als ob die Wiesn Werbung nötig hätte. Die traditionelle Frage ist doch Jahr für Jahr, wann die ersten Zelte wegen Überfüllung dicht gemacht und nicht, ob diese überhaupt voll werden. Gefühlte drei Minuten nach dem Anstich stehen furchteinflößende, wild drein blickende Männer am Eingang, um selbigen zu versperren. Apropos voll: Ein bisschen Bier wird ja auch getrunken, aus aller Welt reisen die Menschen an, um dem größten Volksfest und dem besten Bier des Erdballs zu frönen. Und in diesem Jahr wird dieses Völkchen noch ein bisschen bunter, denn es wird Besuch aus der Republik Fidschi geben. Bundesliga-Fans hierzulande verbinden das September-Gastspiel der Ihren ja gerne mit einem Oktoberfest-Besuch, heuer etwa werden die Farben Rot und Grün aufploppen. Das Mainzer Karnevalsvolk passt besonders gut auf die Wiesn und die Wolfsburger können ihren Dieselfrust ertränken. Und weil nach neuestem Kenntnisstand Fidschi nicht in der Bundesliga spielt, muss die Abordnung aus dem Südpazifik einen anderen Grund haben.

Rugby-Legende Chabal trägt den Kampfnamen "Anästhesist"

Hat sie. Erstmals wird in diesem Jahr das Oktoberfest 7s ausgetragen, ein sensationell gut besetztes Rugby-Turnier im Olympiastadion. Und die teilnehmenden Mannschaften werden zur Farbenpracht einiges beitragen: Fans aus Südafrika (kräftiges Grün), Argentinien (Himmelblau-Weiß), England und Fidschi (Weiß), Frankreich (Marineblau) und Australien (Gelb-Grün) werden Olympiastadion und Theresienwiese bereichern.

Das Rugbyturnier hat noch ein bisschen Werbung nötig. Zu diesem Zwecke weilten kürzlich zwei deutsche Nationalspieler in die Landeshauptstadt. Da fällt einem doch sofort dieser zwei Meter große Höhlenmensch ein, langes Zauselhaar, Vollbart, furcheinflößender Blick: Der Franzose Sebastien Chabal, der sich 2007 bei der WM im eigenen Land zur Legende gerammt hat und einen kleinen Rugby-Boom auslöste. Berühmte Spieler bekommen Spitznamen, der von Chabal war "Anästhesist" - warum wohl?

Egal, der Boom ist zwischenzeitlich abgeflaut, Chabal sitzt längst wieder in seiner Höhle (ein Scherz, hoffentlich liest er das nicht), wurde aber bei Olympia in Rio erfolgreich reanimiert. Die schlanke Rugby-Variante mit sieben anstatt 14 Spielern kommt gut an, schnell, rasant, viel Action und viele Punkte - und überall scheppert's. Passt ideal zur Wiesn, sagen auch Sebastian Fromm und Leon Hees. Passend mit Lederhose und Deutschland-Trikot ausstaffiert, schwärmten die Rugby-Nationalspieler vom Turnier - und davon, wie gut Wiesn und Rugby korrespondieren.

Denn nicht nur Fans, auch die Spieler würden schon mal gern in die dritte Halbzeit gehen. Nicht während des Turniers (gilt nur für die Spieler), der Sport erfordere ein hohes Maß an Disziplin, sagen die Akteure. Eine Maß gibt es erst nach getaner Arbeit. Die Aussicht auf das Treffen der Rugby-Riesen mit den Ordner-Hünen klingt interessant. Aber sie werden schon ein Plätzchen im Zelt finden, Rugbyspieler sind natürlich keine unzivilisierten Höhlenmenschen. Teamkapitän Fromm studiert Biochemie, Abiturnote eins, Kollege Hees studiert Maschinenbau. Kampfnamen? Fehlanzeige.

© SZ vom 07.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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