Süddeutsche Zeitung

Leichtathletik:Türchen öffne dich

Die LG München hält an ihrer vorweihnachtlichen Tradition fest und verstärkt ihre Läufertrainingsgruppe mit zwei Langsprintern.

Von Andreas Liebmann

Es ist schon fast eine lieb gewonnene Tradition. Alle Jahre wieder, wenn draußen der erste Schnee fällt, wenn drinnen Kinder mit leuchtenden Augen die ersten Türchen ihrer Adventskalender öffnen, wenn die Amateurfußballer ihre geschundenen Knochen endlich gemütlich hochlegen können und auch garantiert niemand an so abwegige Dinge denkt wie etwa die Leichtathletik - da öffnet die LG Stadtwerke München ihre ersten Türchen. In regelmäßigen Abständen verschickt sie dann Meldungen über Zu- und gegebenenfalls Weggänge. Weil nun mal mit dem Jahreswechsel der entscheidende Termin ansteht, und weil es viele junge Athleten vor allem studienbedingt nach München zieht, weshalb sie sich vom Herbst an hier nach Trainingsgruppen umsehen. So ist es auch diesmal. Die neuesten Namen sind Michael Adolf, 21, von der DJK Ingolstadt, und Arne Leppelsack, 18, vom MTV Pfaffenhofen.

Maschinenbau-Student Adolf war in diesem Jahr Dritter bei der U23-DM über 400 Meter Hürden

"Es sind spürbar mehr als vor einem Jahr", stellt Christian Gadenne fest, der Geschäftsführer der Münchner Leichtathletik-Gemeinschaft. Die Hochspringerin Laura Gröll, 19, DM-Dritte dieses Jahres, und die Weitspringerin Jacqueline Sterk, ebenfalls 19, waren die Ersten. Dann gab es den lange erhofften Vollzug bei Lucas Mihota, U-18-Europameister des Jahres 2016 im Hochsprung. Der 18-Jährige trainierte schon lange hier, mit Verspätung hat er nun auch seinen Heimatverein Sportbund DJK Rosenheim verlassen. "Das war keine leichte Entscheidung", ließ er wissen - und so geht es vielen, wenn sie sich der großen LG anschließen. Weshalb es fast Standard ist, dass sich die Neuen in den Wechselmeldungen bei den Trainern und Förderern ihrer bisherigen Klubs bedanken, etwa Gröll nach 14 Jahren im Trikot der LG Eckental.

Auch Michael Adolf und Arne Leppelsack halten das so. Der 21-jährige Maschinenbau-Student Adolf war in diesem Jahr Dritter bei den deutschen U-23-Meisterschaften über 400 Meter Hürden, vor gut zwei Jahren war er deutscher Jugendmeister und Halbfinalist bei der U-20-Europameisterschaft im schwedischen Eskilstuna. Nach einer längeren Verletzungspause 2016 hat er seine Hürden-Bestzeit in diesem Sommer auf 50,69 Sekunden verbessert. Er dankt seinen Trainern bei der DJK Ingolstadt, "durch gute Nachwuchsarbeit, viel Geduld und einen besonders familiären Zusammenhalt haben sie mich dahin gebracht, wo ich heute stehe", betont er. Doch nun schließt sich der Bundeskaderathlet der Trainingsgruppe von Korbinian Mayr und Peter Rabenseifner an, mit der er eine Menge vorhat. Wie auch Leppelsack, der seine Trainerinnen in Pfaffenhofen schweren Herzens verlässt. Er ist bayerischer 400-Meter-Meister der Altersklasse U20 und hat seine Bestzeit im ablaufenden Jahr um fast eine Sekunde auf 48,79 Sekunden verbessert.

Manche Personalien fallen auch aus Zufall in den Winter - wie bei Rückkehrer Clemens Bleistein

Beide sind nun Teil einer Art Vorzeigeriege der Münchner. Sowohl bei den Frauen mit Christina Hering, Mareen Kalis, Christine Gess und Katharina Trost, die über 400 bis 1500 Meter unterwegs sind, als auch bei den Männern, speziell über 400 Meter, ist die LG in Langsprint und Mitteldistanz besonders erfolgreich. Das ist schon seit Jahren so - und es hat sich auch nicht geändert, als vor zwei Jahren (ebenfalls in der Vorweihnachtszeit) die 400-Meter-Spezialisten David Gollnow und Kamghe Gaba die LG verließen. Der zweimalige deutsche 400-Meter-Meister Johannes Trefz führt die Gruppe nun an, neben Tobias Giehl, der 2016 die Olympianorm über 400 m Hürden nur um acht Hundertstelsekunden verpasst hatte und die abgelaufene Saison wegen eines Hüftschadens aussetzen musste - beide kamen übrigens 2013 in der Vorweihnachtszeit von der LG Würm Athletik. Dazu Laurin Walter und Benedikt Wiesend. In dieser Besetzung waren die Münchner zuletzt 2016 mit der 4×400-Meter-Staffel deutscher Meister.

Ein, zwei weitere Türchen wird die LG Stadtwerke in den kommenden Tagen vermutlich noch öffnen. Von Weggängen ist Gadenne nichts bekannt. Manchmal ist es allerdings auch reiner Zufall, dass Personalien in die Vorweihnachtszeit fallen. Etwa die Rückkehr von Clemens Bleistein. Der 1500- bis 5000-Meter-Spezialist war zwar nie offiziell weg, hatte seine Laufbahn allerdings berufsbedingt wegen eines Praktischen Jahrs als Mediziner unterbrochen. "Er hat das Training wieder angezogen", berichtet Gadenne, der es bedauert, dass Bleistein in seiner Disziplin eher ein Einzelkämpfer ist. Denn gerade auf der Langstrecke könnte die LG eigentlich prima Anschluss an die rege Münchner Laufszene finden - die sich im Übrigen auch dann noch regt, wenn draußen der erste Schnee fällt und die Kerzen am Adventskranz brennen.

Bleistein jedenfalls hatte schon im Oktober in 30:37 Minuten das Zehn-Kilometer-Rennen beim München Marathon gewonnen. Und am vergangenen Wochenende, in 30:26 Minuten und damit zwei Sekunden über dem Streckenrekord den Münchner Nikolauslauf. Wie schon 2013. Und 2014. Alle Jahre wieder.

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SZ vom 07.12.2017
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