Süddeutsche Zeitung

Leichtathletik:Solide Bronze

Die LG Stadtwerke rutscht in der Rangliste der deutschen Leichtathletik-Vereine auf Rang drei - was auch an den vielen Weggängen liegt.

Von Andreas Liebmann

Es dauerte mal wieder etwas länger. Aus Dezember war Januar geworden, wie im Vorjahr, aber ein bisschen rechnen konnten sie natürlich auch selbst. Deshalb waren die Verantwortlichen von der LG Stadtwerke durchaus zuversichtlich - und entsprechend ungeduldig, wann die Vereinsrangliste, die der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) alljährlich herausbringt, wohl endlich kommen würde. In den vergangenen Jahren war das jedes Mal eine triumphale Erfolgsmeldung für die Münchner Leichtathletik-Gemeinschaft.

Inzwischen ist es soweit - und ein klitzekleines bisschen verrechnet hatten sie sich dann doch. Um eine Winzigkeit. Nach drei zweiten Plätzen in Serie haben die Münchner 2019 Rang drei belegt, hinter dem weiter unangefochtenen TSV Bayer 04 Leverkusen, der mit 260 Punkten weiter über allen thront, und dem Vorjahresfünften TV Wattenscheid, der sie mit 217 Zählern nun klar überholt hat. "Wir sind zufrieden mit diesem dritten Platz", versichert Geschäftsführer Christian Gadenne. Zum vierten Mal nacheinander unter den Top 3 Deutschlands zu stehen, sei "sehr stabil".

Die Punkte stehen jeweils für die Anzahl von Nennungen aller Aktiven eines Vereins in den DLV-Bestenlisten, von den Altersklassen M/W14 bis hinauf zu den Erwachsenen. Diese Statistik bildet also nicht unbedingt absolute Spitzenleistungen der Vereine ab, sondern eher, wie breit gefächert sie ihre Erfolge einfahren. In ihrer ersten inoffiziellen Hochrechnung waren die Münchner noch knapp über 200 Punkten gelegen, doch sei diese Zahl zu Recht um ein paar ausländische Starter reduziert worden. Am Ende blieben 197 Punkte, im Vorjahr waren es 219. "Hauptsächlich auf eine ungewöhnlich starke Häufung von beendeten Karrieren und Weggängen" sei das zurückzuführen, heißt es in einer Mitteilung der LG. Zu Ersteren zählen etwa die Langsprinter Christine Gess und Laurin Walter oder Langstreckenspezialist Clemens Bleistein; zu Letzteren neben Dreispringer David Kirch vor allem die 400-Meter-Gruppe mit Johannes Trefz, Tobias Giehl, Benedikt Wiesend, Arne Leppelsack und Michael Adolf, die vor einem Jahr geschlossen zum TSV Gräfelfing gewechselt ist. "Da waren auf einen Schwung 50 Punkte weg", überschlägt Gadenne, "sonst stünden wir jetzt ganz anders da." Nicht zu vergessen den einjährigen Verletzungsausfall von Hochspringer Tobias Potye. Auch deshalb wertet er den dritten Rang als Erfolg.

Hauchdünn hinter den Münchnern folgt übrigens die LG Eintracht Frankfurt (194), die nächsten bayerischen Vereine LG Regensburg und LAC Fürth folgen auf den Rängen 16 und 31. "Man kann schon auch sehen, dass wir im Nachwuchs etwas zu tun haben", räumt Gadenne kritisch ein, "wir müssen uns stärker bemühen, wieder mehr Kinder und Jugendliche zur Leichtathletik zu bringen", sagt er, auch wenn man diese Herausforderung mit vielen anderen Sportarten gemeinsam habe. Ein besonderer Handlungsbedarf herrsche in München in den U-16-Altersklassen vor.

Seit dem Einstieg der LG Stadtwerke als Sponsor im Jahr 2007 war es im Ranking lange steil bergauf gegangen: Im ersten Jahr der Partnerschaft schob sich die aus elf Klubs bestehende LG mit 60 Zählern auf Rang 36 und damit erstmals überhaupt unter die besten 50 Klubs, 2012 folgte der Einzug in die Top Ten. Auch wenn das vorherige Jahr mit fünf deutschen Meistertiteln noch erfolgreicher war, nennt Gadenne 2019 "sportlich ein sehr ansehnliches Jahr". Bei den deutschen Jugendmeisterschaften gab es mit fünf Titeln, drei Silbermedaillen und viermal Bronze das beste Ergebnis der Vereinsgeschichte. Herausragend lief die 4×100-Meter-Staffel mit Vincente Graiani, Florian Knerlein, Fabian Olbert und Yannick Wolf, die mehrmals den deutschen Jugendrekord (U20) auf schlussendlich 40,33 Sekunden verbesserte. Und gleich sieben nationale Medaillen gab es für die Münchner Mittelstrecklerinnen, davon vier goldene. Christina Hering, Mareen Kalis und Katharina Trost unterstrichen ihre derzeitige nationale Dominanz mit den Plätzen eins bis drei bei den deutschen Meisterschaften, auch die 3×800-Meter-Staffel der Frauen blieb fest in Münchner Hand. Hering, die obendrein bei der Universiade Silber holte, gelangen mit der Staffel und solo Jahresbestleistungen, weitere kamen vom Dreispringer Paul Walschburger (U23) und vom Sprinter Knerlein (U18, 200 Meter).

Die Athleten haben diese Erfolge längst abgehakt und neue Ziele. Beispiel Katharina Trost: Die 800-Meter-Spezialistin geht äußerst ambitioniert in die Hallensaison, will Anfang Februar vor den deutschen Meisterschaften noch an Meetings in Dortmund und Glasgow teilnehmen. Dort will sie ebenfalls Punkte sammeln - allerdings für die Weltrangliste. Denn darüber kann man sich für die Olympischen Spiele in Tokio qualifizieren.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4759630
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 17.01.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.