Leichtathletik:Kuhglocken im Olympiapark

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Der Alm-Crosslauf soll die Münchner Szene bereichern

Von Michael Fischer, München

Dass die Stadt München trotz ihrer Urbanität eine Alm besitzt, ist bekannt. Wer am Sonntagmittag aber durch den Olympiapark schlenderte, der durfte sich auch akustisch an einen Ausflug in die Berge erinnert fühlen. Schon aus der Ferne war das Bimmeln von Kuhglocken zu hören, das hektische Treiben inmitten der feuchten Wiesen glich einem Almabtrieb. Mittendrin: Wolfgang Stengel, 67, bekannt als jahrelanger Organisator des Pfingstmeetings der Leichtathleten im Dantestadion. Weitbekannt ist indes auch, dass der ehemalige Sprinter mittlerweile nicht mehr Teil der LG Stadtwerke ist. Vor gut eineinhalb verließ er die Sportgemeinschaft. "Das ist aber Vergangenheit, ich will darüber nicht mehr sprechen", sagt Stengel gleich zu Beginn des Gesprächs.

Über sein neues Projekt dagegen spricht er gerne, die Leichtathletik liegt ihm schließlich immer noch am Herzen, "nur zugehörig werde ich mich niemandem mehr fühlen." Aus seiner Stimme spricht Enttäuschung über die Vergangenheit, die aber auch Vergangenheit sein soll, wie er immer wieder betont. Die Zukunft liegt vor ihm und seinem 2007 gegründeten "Förderverein Leichtathletik und Events". Akzente hätten sie in der Vergangenheit gesetzt, sagt Stengel, beispielsweise mit dem Stadion-Cross und dem bereits erwähnten Pfingstmeeting. Der Verein ist ein Zusammenschluss aus ehemaligen Leichtathleten, Trainern und privaten Gönnern, die nach dem Ausscheiden Stengels aus der LG "eine Pause machten und jetzt wieder aktiv werden". Das Team habe lange überlegt, mit welchem Konzept es die Laufszene nachhaltig bereichern könnte.

Rund um die Olympia-Alm fanden sie einen Ort, "der uns einfach gefallen hat". Einen Ort, der einmalig sei in Deutschland, und an dem man noch "den Geist von 1972 atmen" könne. Während Stengel begeistert von seinem neuem Projekt spricht, laufen im Hintergrund unzählige Kinder durch das glänzend grüne Gras, 1100 Meter mussten die Nachwuchsläufer bewältigen - einmal durch den Parcours, der mit Strohballen auch einige kleinere Hindernisse bereit hielt. Spezielle Kinderläufe sind bei Laufveranstaltungen gang und gäbe, die Veranstalter haben aber auch die Läufe über die volle Distanz (6600 Meter) aufgeteilt - in die Topläufe, die Vereinsathleten vorbehalten waren, und einen "Jedermann-Cross". Das habe rein sportliche Gründe, sagt Stengel: "Es ist für beide Seiten nicht angenehm, wenn die Topläufer Slalom durch die langsameren Starter laufen müssen."

Verfolgung unterm Glockenturm, äh, Fernsehturm: Richard Ringer und der Eritreer Yossief Tekle (v.r.) lieferten sich ein spannendes Duell. (Foto: K. Lohr/oh)

Für einige ambitionierte Sportler sollte die Veranstaltung auch als Vorbereitung auf die EM im Dezember in Bulgarien dienen, weshalb der Termin ganz bewusst ausgewählt wurde. Für Sportler wie Richard Ringer aus Friedrichshafen beispielsweise, der 2013 und 2014 deutscher Crossmeister und EM-Vierter über 5000 Meter wurde. Der 25-Jährige kam nach 20:40 Minuten als Erster ins Ziel, gefolgt von Yossief Tekle aus Eritrea (20:47). Bei den Frauen gewann die Slowenin Marusa Mismas in 24:29 Minuten, die Münchnerin Julia Weniger wurde Vierte (26:37). Die Vierte im Bunde der Athleten der LG Stadtwerke war sie auch, der Verein hatte für viele seiner Läufer am gleichen Tag eine Laktatprobe angesetzt. Stengel wollte das nicht kommentieren, es spricht aber nicht für ein harmonisches Verhältnis beider Parteien.

Keiner der insgesamt mehr als 300 Läufer habe eine Antrittsprämie bekommen, betont Stengel, "das könnten wir uns auch gar nicht leisten". Die Preisgelder von 200 bis 500 Euro für die Bestplatzierten stellten Sponsoren. Profis seien sie keine, sagt er, "aber ich denke, der Auftakt kann sich sehen lassen". Den Läufern habe es sehr gut gefallen, viele wollen in ihren Kreisen Werbung betreiben. Stengel und sein Team wollen sich derweil zusammensetzen und analysieren. Denn der Termin für das kommende Jahr steht bereits: Am 15. November 2015 soll es weitergehen. Wolfgang Stengel wird dann wieder inmitten der Athleten stehen - und mit einer Kuhglocke in der Hand den "Startschuss" geben.

© SZ vom 18.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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