Judo:Gute Aussichten in der Wüstenstadt

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"Von einer Medaille kann man nie ausgehen", weiß Theresa Stoll (links). Optimistisch ist sie trotzdem. (Foto: Claus Schunk)

Drei Großhaderner Judoka starten bei U21-Weltmeisterschaften

Von Alexander Mühlbach, München

Eigentlich, sagt Theresa Stoll, hatte sie ein super Jahr. Zwei Europacup-Turniere der unter 21-Jährigen gewann sie, war Dritte mit der Nationalmannschaft bei den U21-Europameisterschaften und steht auf Platz sechs der Jugend-Weltrangliste. Und eigentlich, sagt die Judoka des TSV Großhadern, ist das Ziel jetzt eine weitere Medaille in der Gewichtsklasse unter 57 Kilogramm. Bei den an diesem Wochenende beginnenden U21-Weltmeisterschaften in Abu Dhabi, der aufstrebenden Wüstenstadt in den Vereinigten Arabischen Emiraten. "Nur kann man von einer Medaille nie ausgehen", weiß Stoll. "Das ist das Problem an einer Judo-Weltmeisterschaft."

Die Medizinstudentin spricht damit die Ungewissheit an, die wohl jedem Judoka vor großen Veranstaltungen den Schlaf raubt. Bis zur Auslosung der Gegner einen Tag vor Wettkampfbeginn ist nie klar, wie schwer der Weg ins Finale wird. Zwar gibt es, ähnlich wie im Tennis, eine Setzliste, die garantieren soll, dass die besten Judoka erst in den Endrunden aufeinander treffen. Nur funktioniert die Liste in der Praxis nicht ganz so gut. "Die Japaner und Kanadier machen beispielsweise keine Qualifikationswettkämpfe, sammeln deswegen keine Weltranglistenpunkte und werden als nicht stark eingestuft", erklärt Stoll. "Weswegen man schon zu Beginn einen starken Gegner zugelost bekommen kann." Und schon in den ersten Runden rausfliegen könnte, weil im Judo der K.-o.-Modus gilt.

Ihr Vereinskollege David Karle, der ebenfalls bei der WM dabei ist, kann ein Lied davon singen. Bei der U21-EM Mitte September traf der 66-Kilo-Mann gleich in der zweiten Runde auf einen starken Russen - und musste vorzeitig zurück ins Hotel. Der U21-Bundestrainer der Männer, Richard Trautmann, sagte danach: "Das heißt nicht, dass er schlecht war. So ist das halt einfach im Judo." Stoll nennt eine solche Situation einfach nur "Pech".

Doch so unabwägbar die WM auch ist, so akribisch hat sich Stoll auch mit der Nationalmannschaft auf den Jahreshöhepunkt vorbereitet. Das ganze Jahr über wurden die Athletinnen gefilmt und analysiert. Mehrmals ging es ins Trainingslager, zuletzt nach Spanien und eine Woche ins Bundesleistungszentrum nach Kienbaum, ehe ein letzter Testwettkampf in Belgrad folgte. "Dort konnten die zehn Athletinnen noch mal ohne Druck und Stress zeigen, wo sie stehen", sagt der U21-Bundestrainer der Frauen, Claudiu Pusa. Wenn der Zufall so vieles entscheidet, will Pusa nicht riskieren, dass auch die Form noch Glückssache ist. "Ich erwarte, dass meine Mannschaft bei der WM alles gibt", sagt er.

Theresa Stolls Schwester Amelie hat wohl schon vor Wettkampfbeginn ihren größten Kampf abgeliefert. Die Elfte der U21-Weltrangliste in der Klasse unter 57 Kilogramm hatte sich im Sommer an der Schulter verletzt, musste operiert werden und drei Monate lang aussetzen. Lange war unklar, ob sie überhaupt am Donnerstagmorgen mit nach Abu Dhabi fliegt. "Vielleicht kann sie ja trotzdem für eine Überraschung sorgen", meint Theresa Stoll.

Und David Karle, der Judoka mit dem EM-Pech? "Einen Platz unter den ersten Sieben traue ich ihm zu", sagt Trainer Trautmann. Für mehr wird es wohl nicht reichen. Denn auch Karle war verletzt. Ein halbes Jahr musste er wegen einer Knieverletzung mit dem Training pausieren. "Aber er ist mental gut drauf", versichert Trautmann. Ein bis zwei Medaillen erhofft er sich von diesem Turnier. Eigentlich, sagt er. "Es hängt eben alles von der Auslosung ab."

© SZ vom 23.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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