Süddeutsche Zeitung

Hockey:Rechnung mit Unbekannten

Die Frauen des Münchner SC müssen um ihre Playoff-Teilnahme bangen

Von Katrin Freiburghaus

Es war nicht einfach, am Sonntag eine Spielerin zu finden, in deren Augenwinkeln keine Träne glitzerte. Die Hockey-Frauen des Münchner Sportclubs saßen in der Allacher Sporthalle und sahen allesamt ziemlich verloren aus. Sie starrten aus unterschiedlichen Perspektiven auf jenes Spielfeld, auf dem sie in der ersten Hallen-Bundesliga soeben dem Rüsselsheimer RK mit 2:3 (2:3) unterlegen waren; als wäre dort irgendeine Erklärung für den Rückschlag im Kampf um die Qualifikation für das Viertelfinale zu finden gewesen.

Dabei hatte das Wochenende am Tag zuvor mit einem 4:4 (2:1) gegen den Meister und unbesiegten Tabellenführer Mannheimer HC (MHC), also mit einem nicht eingeplanten Punktgewinn so vielversprechend begonnen: Selbst das offizielle Liga-Portal hatte nach der hochklassigen Partie von einem "kleinen Vorgeschmack auf die Playoffs" geschwärmt. Wer den MSC gegen Rüsselsheim deshalb mit gestärktem Selbstbewusstsein erwartet hatte, wurde jedoch enttäuscht. "Wir haben nie wirklich Zugriff bekommen und waren in der Birne einfach zu langsam", monierte Trainer André Schriever, "es ist leider ein bisschen typisch für uns, dass wir am Tag nach einem geilen Spiel gegen einen Favoriten immer ein bisschen abfallen."

Das Team um Kapitänin Hannah Krüger lag bereits nach zwei Minuten 0:2 hinten und erspielte sich die gesamte Begegnung über kaum zwingende Torchancen. "Wir sind die ganze Zeit einem Rückstand hinterhergerannt und haben unseren Aufbau zu unkreativ gestaltet", sagte Krüger, "und wir müssen uns ankreiden, dass wir es nicht geschafft haben, die Konsequenz und Leidenschaft auf den Platz zu bringen, die wir gegen den MHC hatten." Lediglich am Ende der ersten Halbzeit schaffte es München, Lücken in der tief stehenden Deckung der Gäste zu finden - und sie vor allem auch zu nutzen. In der 26. Minute bugsierte Elena Willig eine scharfe Hereingabe von Anissa Korth ins Rüsselsheimer Tor, eine halbe Minute später entschied der Schiedsrichter nach erneutem Angriff von Willig auf einen Siebenmeter, den Krüger zum Ausgleich verwandelte.

Nachdem Rüsselsheim unmittelbar vor der Pause eine Ecke zur erneuten Führung nutzte, war das Spiel aber im Grunde vorbei. "Defensiv haben wir in der zweiten Hälfte fast nichts zugelassen", sagte Schriever - sein Kollege auf der Rüsselsheimer Bank durfte dasselbe behaupten. Der MSC rutschte somit auf Tabellenplatz vier ab. Am letzten Doppelspieltag in einer Woche muss nun alles zusammenpassen, damit es noch für das erklärte Saisonziel, Rang zwei in der Süd-Staffel und die Playoffs, reicht. "Wir müssen beide Spiele gewinnen, dann überholen wir den TSV Mannheim, und Rüsselsheim muss erst mal gegen den MHC gewinnen", sagte Krüger. Allerdings klang sie kurz nach dem Spiel noch nicht, als würde sie selbst sonderlich viel auf ihre eigene Rechnung geben. Schriever war zwar ähnlich bedient, betonte aber, weiter "fest davon überzeugt" zu sein, "dass wir ins Viertelfinale kommen".

Die Männer des MSC befinden sich nach acht von zehn Spielen in der für sie ungewohnten Situation, die Qualifikation für die K.o.-Phase selbst in der Hand zu haben. Nach einer erwartbaren 3:7-Niederlage gegen den MHC am Samstag verteidigten sie ihren zweiten Tabellenplatz am Sonntag durch ein 7:4 (2:2) gegen den Tabellenletzten Frankenthal. "Einen Schönheitspreis kriegen wir dafür nicht, weil wir im Kreis massive Schwierigkeiten hatten", sagte Trainer Stefan Kermas, "aber wir haben trotzdem verdient gewonnen."

Bis zum 3:3 war der MSC durch Kapitän Felix Greffenius (4.), Sebastian Kirschbaum (20.) und Michael Hummel (33.) jeweils in Führung gegangen, hatte aber "immer direkt blöde Gegentore gefangen" (Greffenius). In der 35. Minute legte Frankenthal gleich noch den Treffer zum 3:4 aus MSC-Sicht nach. Anders als am Samstag gegen Mannheim hielten die Münchner dem Rückstand aber nervlich stand. "Wir sind in dieser Phase ruhig und bei uns geblieben", sagte Greffenius. Erneut Kirschbaum (52.) und Moritz Rünzi (57.) drehten das Spiel. In der hektischen Schlussphase, die Frankenthal aufgrund dreier gelber Karten in halbierter Mannschaftsstärke beendete, erhöhte Hummel zum Endstand.

Kermas hatte sich vor der Saison einen "Klassenerhalt vor dem letzten Spieltag" gewünscht - mit elf Punkten Abstand auf Frankenthal erfüllte ihm sein Team diesen Wunsch nun vorzeitig - und in großer Deutlichkeit.

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Quelle:
SZ vom 16.01.2017
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