Handball:Wellenreiter auf Teppichen

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Nicht zu viel Lob: Trainer Martin Wild (li.) mit Yannick Engelmann. (Foto: Matthias Ferdinand Döring)

Der Drittliga-Tabellenführer Fürstenfeldbruck siegt weiter.

Von Thomas Jensen, Fürstenfeldbruck

Es gibt Phasen, da läuft einfach nichts. Da ist man ohnehin schon hinten, und dann prallt der Ball nach einem gehaltenen Siebenmeter dem gegnerischen Schützen auch noch so zielstrebig zurück in die Hände, dass er mühelos doch noch zum Torerfolg kommt.

Sonderlich lang hielt diese Phase für die Handballer des TuS Fürstenfeldbruck am Samstag jedoch nicht an. Auf die durch das Pech beim Abpraller herbeigeführte 6:2-Führung der Gäste aus Plochingen antworteten die Panther mit einem 11:3-Lauf. Die Führung gaben sie nun nicht mehr ab, überstanden Unterzahlsituationen souverän und hatten den Plochinger Angriff, immerhin den bislang besten der Liga, weitestgehend im Griff. Bis am Ende ein 33:29-Erfolg auf der Anzeigetafel stand.

Es ist das aktuelle Selbstverständnis seiner Mannschaft, das Trainer Martin Wild als Schlüssel für diese Leistung ausmachte. Das Selbstverständnis, das durch vier Siege in Serie und den ersten Tabellenplatz inzwischen zu einem gesunden Selbstvertrauen geworden ist.

"Und dann habe ich mir gedacht, komm, dann werfe ich halt einfach weiter", sagt Engelmann

Am besten zu beobachten ist diese mentale Verfassung aktuell bei Yannick Engelmann. Schon in den vorangegangenen Spielen war er verlässlicher Torlieferant, gegen den TV Plochingen wurde er mit neun Treffern nun Topscorer seiner Mannschaft. Sechs seiner Tore gelangen ihm zwischen Minute 42 und 52. Beinahe wie in einer Zeitschleife knallte das Brucker Eigengewächs den Ball aus dem Rückraum in das Plochinger Gehäuse. Sein Trainer ordnete diese Leistung nüchtern ein: "Der Yannick scheißt sich da nichts, das ist seine Art, Handball zu spielen. Wenn er einen Lauf hat, ist er schwer zu stoppen." Gleichzeitig bemühte sich Wild, die Nummer 21 nicht zu sehr aus dem Kollektiv zu heben und fügte augenzwinkernd hinzu, dass das nun genug sei und die anderen auch wieder ein bisschen dran seien.

Auch der sparsam Gelobte selbst ging weniger auf seine Einzelleistung ein und präsentierte seinen Hauptgrund für die starke Leistung: "Wir schwimmen gerade so ein bisschen auf einer Welle, die Stimmung ist dadurch sehr locker. Wir haben keine Angst mehr vor Gegnern und gehen jeden Gegner so an, dass wir eine Chance haben zu gewinnen, egal wer da kommt."

Die Stimmung in Fürstenfeldbruck, sie ist selbstbewusst, locker und angesichts der Tabellensituation auch euphorisch. Zumindest bei den Zuschauern. Das sprachen auch beide Trainer an. Für den Coach der Plochinger, Michael Schwöbel, war der Druck, der von der Halle kam, verantwortlich für Fehler auf dem Spielfeld. Für Martin Wild war es ohnehin das Faszinierendste des ganzen Abends, dass an einem Spieltag, an dem ein Aufsteiger zu Gast ist, und der auch noch während der Wiesn stattfindet, in der Wittelsbacher Halle Stimmung herrscht wie bei einem Aufstiegsspiel.

Für das Brucker Publikum ist der Aufstieg schon ein Thema, und auch die Mannschaft hatte sich vor der Saison extrem ambitionierte Ziele gesetzt, die allerdings in der Kabine blieben, wie sich Wild ausdrückte. Er selbst schien es beinahe zu bereuen, das Wort in den Mund genommen zu haben, und bemühte sich anschließend, die Euphoriebremse zu ziehen: "Um auf dem Teppich zu bleiben: Wir haben gegen einen Aufsteiger gespielt und 33:29 gewonnen - und nicht 33:17. Man kann mir das auch als Floskel auslegen, aber in der Liga gibt es keine leichten Spiele, da musst du dir jeden Punkt erarbeiten."

Arbeit kommt auf die Panther schon kommendes Wochenende zu, wenn sie bei der zweiten Mannschaft der Rhein-Neckar Löwen gastieren. Zwar handelt es sich dann nicht um das absolute Spitzenspiel, das die ganze Halle nach Abpfiff schon beschwor, da die Löwen gegen Salamander Kornwestheim nur Unentschieden spielten und nun in der Tabelle den dritten und nicht den zweiten Platz belegen, doch nach Yannick Engelmann ist es ja "egal, wer da kommt". Der Bedeutung des Spiels sind sich Engelmann und seine Mannschaftskameraden auf jeden Fall bewusst: "Das ist ein Spitzenspiel, da geht's um einiges. Da muss man alles geben. Und selbst wenn man verliert, war das immer noch ein klasse Saisonstart."

Wenn man allerdings gewinnt und Engelmann nach dem Spiel wieder zufrieden grinsend sagt: "Wenn's läuft, dann läuft's halt, und dann habe ich mir gedacht, komm, dann werfe ich halt einfach weiter", dann wird es Trainer Wild schon bald schwerer haben, die Aufstiegsthematik kleinzureden.

© SZ vom 07.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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