Handball:Silberstreif über dem Brachland

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Die Münchner Olympiahalle ist bei der Handball-WM 2019 Vorrunden-Schauplatz.

Von Ralf Tögel, München

Für den handballinteressierten Menschen ist Südbayern nicht der ideale Standort. Zumindest was den höherklassigen Sport betrifft. Denn neben dem Männer-Drittligisten TuS Fürstenfeldbruck und den Zweitliga-Frauen des HCD Gröbenzell gibt es weit und breit - nichts. Um zweit- oder gar erstklassigen Männer-Handball zu sehen, muss man 170 Kilometer einfach auf sich nehmen und ins Fränkische reisen, wo der HC Erlangen in der Nürnberger Arena die bayerischen Farben in der Beletage hochhält, Rimpar und Coburg sind immerhin in der zweiten Bundesliga notiert. Und in München? Unterhaching, Ismaning und Anzing spielen in der Bayernliga, der vierten Spielklasse, außer in Testspielen oder Trainingslagern, zu denen immer mal wieder diverse Bundesligisten zu Gast sind, haben Handballprofis in der Region Seltenheitswert. Auch der Supercup, den die bayerische Landeshauptstadt viele Jahre beherbergte, ist eine verblassende Erinnerung. Dieser Vergleich des Meisters mit dem Pokalsieger vor Beginn jeder Saison fand letztmals 2012 in der Münchner Olympiahalle statt. Aber es zeichnet sich ein Silberstreif am Handball-Horizont ab. Denn im Januar 2019 wird München ein Austragungsort der Handball-Weltmeisterschaft sein.

Mit 12 000 Plätzen ist Münchens Olympiahalle der kleinste der sechs Veranstaltungsorte

Deutschland und Dänemark sind Gastgeber der 26. Welttitelkämpfe. Zwar wird die deutsche Nationalmannschaft ihre Vorrunde in Berlin und die Hauptrunde, so sie sich qualifiziert, in Köln spielen, Spitzenhandball ist aber auch in München garantiert. Vom 11. bis zum 17. Januar wird in der 12 000 Zuschauer fassenden Olympiahalle eine der vier Vorrundengruppen ausgetragen, in der entweder Weltmeister Frankreich oder Europameister Spanien spielen wird. Dazu könnte in Kroatien ein weiterer internationaler Hochkaräter kommen, mindestens zwei absolute Topteams sind den bayerischen Fans also sicher.

An diesem Donnerstag, 1. März, beginnt nun der Verkauf von Tagestickets. Bisher waren lediglich sogenannte "Venue Packages" zu erhalten, also das Gesamtpaket aller Spiele in der Münchner Olympiahalle. 70 solcher Pakete seien schon verkauft, sagt Tobias Kohler, Pressechef der Olympiapark GmbH (OMG), die zwischen 349 und 999 Euro kosten. An allen vier Spielorten in Deutschland seien bereits 27 000 Tickets verkauft worden, sagt Mark Schober, der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Handballbundes (DHB). Neben den Vorrunden-Spielorten München und Berlin - die Mercedes-Benz Arena bietet 14 800 Zuschauern Platz - finden in Köln dann eine weitere Hauptrunde und der President's Cup statt, wie die WM-Platzierungsspiele genannt werden. Die Kölner Lanxess Arena ist mit einer Kapazität von 19 250 Menschen die größte Halle des gesamten Turniers. In Hamburg schließlich werden die Halbfinals über die Bühne gehen, Spielort ist die 13 300 Zuschauer fassende Barclaycard Arena. Co-Veranstalter Dänemark stellt die Royal Arena in Kopenhagen, die 13 500 Zuschauern Platz bietet, sowie die Jyske Bank Boxen zu Herning. Dort finden das große und kleine Finale statt und 15 000 Zuschauer Platz, im Mai wird die riesige Arena bereits Schauplatz der Eishockey-Weltmeisterschaft sein. München bietet mit 12 000 Plätzen die kleinste Halle, das verdeutlicht gleichzeitig die Dimensionen der gesamten Veranstaltung, die in einem neuen Modus ausgetragen wird.

2017 zogen die jeweils vier besten Mannschaften aus vier Sechsergruppen direkt ins Achtelfinale ein, im kommenden Januar werden zwar auch vier Vorrundengruppen mit je sechs Mannschaften gebildet, doch dann kommen nur die jeweils besten drei Teams weiter. Diese bilden zwei Hauptrundengruppen mit je sechs Mannschaften, der Erste und Zweite jeder Gruppe steht im Halbfinale.

Nach demselben Modus wurde die EM in Kroatien gespielt, doch in Kroatien waren die Hallen nur sehr selten voll. Selbst in der Arena Varazdin mit 5200 Plätzen, in der Deutschlands Hauptrundengruppe spielte, waren immer zahlreiche Plätze frei. Besonders augenfällig war das Desinteresse in der Halle zu Zagreb, in der 15 000 Fans fassenden Arena verloren sich zuweilen gerade einmal 3500 Zuschauer. Offiziell waren die Hallen zwar ausverkauft, große Kartenkontingente an Sponsoren und Verbände sowie die zu hohen Preise für die Bevölkerung waren die Gründe für die unschönen Bilder. Bei der WM in Deutschland soll das anders sein. Tageskarten für Spieltage der Vor- und Hauptrunde seien bereits ab 15 Euro erhältlich, verspricht Schober, es werde zudem Familientickets und Gruppenangebote für Vereine, Schulen und gemeinnützige Institutionen geben, sagt der DHB-Vorstandsvorsitzende.

Schon im Juni kommt die deutsche Nationalmannschaft zu einem Test gegen Norwegen

Auch in München hat man sich bezüglich voller Hallen natürlich Gedanken gemacht. "Wir werden Vereine aktiv angehen und sind bereits in Kontakt mit dem Bayerischen Handball-Verband", erklärt OMG-Pressechef Kohler. Noch steht nicht fest, welche Mannschaften genau wo spielen werden, denn die WM-Playoffs werden Anfang Juni ausgetragen. Danach erfolgt die Auslosung, und dann, so Kohler, werde es eine dritte Verkaufsphase geben, "in der auch Tickets für einzelne Spiele" angeboten werden. In München haben sich jedenfalls bereits Delegationen des Weltverbandes IHF und des DHB die Spielstätte angesehen, was eine große, allgemeine Zufriedenheit hinterlassen habe, berichtet Kohler. Nicht zuletzt hat die OMG reichlich Erfahrung mit der Ausrichtung von derlei Großveranstaltungen.

Die Hoffnung auf eine volle Münchner Halle wird natürlich auch durch die Tatsache befeuert, dass in der Landeshauptstadt sowie der Region ein Verlangen nach hochklassigem Handball vermutet werden darf. "Ich glaube schon, dass die Fans hier einen gewissen Hunger nach Spitzenteams haben", glaubt auch Kohler. Einen ersten Vorgeschmack wird es am 6. Juni geben, wenn der WM-Zweite Norwegen zu einem Testspiel in der Olympiahalle gastiert. Der Gegner, die deutsche Nationalmannschaft, war schon lange nicht mehr in München zu bewundern.

© SZ vom 01.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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