Handball:Nervös im Umbruch

Lesezeit: 3 min

Das 19:19 im Drittliga-Derby gegen Dachau bestätigt Gröbenzells Probleme: Es fehlen Cleverness, Konstanz und eine gute Chancenverwertung.

Von Nico Horn, Gröbenzell

Vielleicht setzt sich Hendrik Pleines demnächst einfach ins Café Valentin. In der netten Bar am Gröbenzeller S-Bahnhof wäre es so gut wie ausgeschlossen, dass er etwas von den Spielen des örtlichen Handballclub Damen mitbekommt - und vielleicht wäre das am gesündesten.

Pleines ist seit dieser Saison nicht mehr Trainer des Drittligisten HCD Gröbenzell, sondern "nur" noch Sportlicher Leiter; und als solcher ist er dazu verdammt, die Spiele auf der Tribüne zu verfolgen, was Pleines fürchterlich nervös macht. Beim Derby gegen den ASV Dachau lief er hinter den Sitzplätzen von links nach rechts und von rechts nach links. An handgezählten acht Stellen sei er schon gewesen, sagte Pleines am Ende der ersten Halbzeit. Bald brauchte er auch die Füße zum Zählen.

Hände und Füße reichten auch für die jeweiligen Tore der beiden Teams. 19:19 (12:11) ging das abwehrdominierte Spiel aus, an dessen Ende zunächst keiner so genau wusste, ob man sich jetzt freuen oder ärgern sollte. Nach einigen Sekunden fiel den Dachauerinnen allerdings auf, dass sie als Aufsteigerinnen gerade einen Auswärtspunkt beim Vorjahres-Dritten geholt hatten. Also rannten sie doch eine nach der anderen jubelnd aufs Feld. "Das ist ein gewonnener Punkt", sagte ASV-Trainer Thomas Lukauer, "aber auch ein verdienter".

Zupackend: Dachaus Verena Kölzer (links) hindert Christine Königsmann am Torabschluss. (Foto: Matthias F. Döring)

Aktuell ist die Welt in der dritten Liga eine verkehrte. Der gerade aufgestiegene ASV Dachau liegt nach vier Spielen auf Platz fünf, Gröbenzell ist dagegen Zehnter, also Drittletzter. "Wir hatten uns das natürlich anders vorgestellt", sagte HCD-Trainer Konstantin Schlosser. Handballerisch sei bei seiner Mannschaft aber alles in Ordnung, wie Schlosser gleich klarstellte: "Wir sind nur nicht clever genug."

Das sah man gleich in der Anfangsphase. Der HCD hatte mehrere Chancen, um davonzuziehen, vergab aber mal wieder ein paar Siebenmeter und andere gute Möglichkeiten. Die Chancenverwertung ist aktuell eines von zwei Problemen. Nummer zwei ist die fehlende Konstanz. "Wir haben gute Angriffe", sagte Schlosser, "aber wir haben zu wenige davon."

Lena Klingler, die im Sommer von Bietigheim nach Gröbenzell gewechselt war, hatte zum Beispiel einige gute Offensivaktionen. Klingler hatte wegen einer Verletzung noch nicht für den HCD gespielt. Mit vier Toren zeigte sie gleich, wie wichtig sie für das Offensivspiel sein kann. In der zweiten Halbzeit wurden die Angriffe aber immer ausrechenbarer, weil sie meist mit Aktionen von Klingler endeten. Das sah dann so aus: Klingler wirft, Klingler wird geblockt. Dass Dachaus neuer Trainer Lukauer lange die Juniorinnen beim HCD trainiert hatte, machte die Sache auch sicher nicht weniger ausrechenbar.

Nur fiel dem ASV auch nicht allzu viel ein. Lukauer sagte: "Es ist ein bisschen schade, dass wir es nicht schaffen, so richtig gut gegen defensive Deckungen zu spielen." Genau diese Abwehrvariante hatte Schlosser gewählt. So war das Spiel nach 50 Minuten ausgeglichen (17:17). Dann zog Gröbenzell auf zwei Tore weg, erzielte die letzten acht Minuten aber kein weiteres, sodass der sehr guten Cornelia Karg (4 Tore) noch der Ausgleich für Dachau gelang.

Damit hat der ASV schon fünf Punkte. "Es ist sehr, sehr wichtig, dass man weiß, man kann gewinnen", sagte Lukauer. Nicht sehr wichtig seien die Punktgewinne zu Saisonbeginn also, sondern sehr, sehr wichtig. Lukauer betonte das. "Wenn man immer arbeitet, aber nicht punktet, bekommt man irgendwann ein mentales Problem." Man muss sich nur an die vergangene Saison erinnern: Da hatte die HSG Würm-Mitte auch ganz gut mitgespielt, aber halt fast nie gewonnen. Der ASV würde das gerne vermeiden - und den Abstieg auch. Momentan sieht es ganz gut aus.

Konstantin Schlosser hatte andere Gefühle als Lukauer. "Ich bin sehr traurig, dass wir nicht dafür belohnt werden, wie wir kämpfen", sagte er. Der HCD ist noch auf der Suche, was nach diesem Sommer des Umbruchs niemanden wundert. Der Trainerwechsel von Pleines zu Schlosser, dem bisherigen Co, ist noch das geringste Problem - abgesehen davon, dass sich Pleines nun auf der Tribüne abreagieren muss (oder im Café). Komplizierter ist der neu aufgestellte Kader, nachdem einige Spielerinnen in höhere Ligen gewechselt sind. "Das ist viel Verantwortung, die man neu verteilen muss", sagte Schlosser, "das muss die Mannschaft klären." Bisher mache man das ganz ordentlich, nur eben nicht auf dem Niveau, das man vom HCD eigentlich gewohnt ist.

© SZ vom 14.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: